19. Dezember 2025

Modellierung geregelter dynamischer Lasten an Transportflugzeugen mit hochgestreckten Flügeln

Modellierung geregelter dynamischer Lasten an Transportflugzeugen mit hochgestreckten Flügeln
Abbildung 1: DLR-F25 Flugzeugkonfiguration [1]

Zur Steigerung der aerodynamischen Effizienz der zukünftigen Generation Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge wird die Streckung, also das Verhältnis von Spannweite zu Flügelfläche kontinuierlich erhöht. Der Flügel wird insgesamt schlanker. Aus aeroelastischer Sicht bedeutet dies, dass die Flügel flexibler werden und die strukturelle Belastung am Übergang zwischen Flügel und Rumpf durch den größeren Hebelarm steigt. Neben den strukturdynamischen Eigenschaften spielt auch die aerodynamische Auslegung eines solchen Flügels eine wichtige Rolle bei der Modellierung dynamischer Lasten im Flug. Um diese Lasten im Zusammenspiel mit einem Flugregler detailliert und zeiteffizient vorherzusagen, muss eine adäquate Modelltiefe innerhalb der aeroelastischen Simulation gewählt werden.

Bisherige Verfahren zur Berechnung von dynamischen Lasten beschränken sich auf die Nutzung linearisierter Modelle, wie etwa aerodynamische Panel-Methoden oder linearisierte CFD-Verfahren (computational fluid dynamics). Diese bieten einige Vorteile, da sie schnell und flexibel eingesetzt werden können. Die Annahme der Linearität lässt sich jedoch nicht für alle Flugbereiche rechtfertigen, wodurch Unsicherheiten entstehen und die Struktur des Flugzeugs in der Dimensionierung möglicherweise nicht optimal ausgenutzt wird. Anhand der in Abbildung 1 gezeigten DLR-F25 Transportflugzeugkonfiguration sollen im EU-Projekt UP-Wing die Auswirkungen der Berücksichtigung von Nichtlinearitäten und aktiver Böenlastabminderung auf den Strukturentwurf untersucht werden. Im Bezug auf die Modellierung müssen dabei zunächst zwei Fragen beantwortet werden: Welche Arten von Nichtlinearitäten sollen simuliert werden? Und wie kann die aufwendige CFD-Simulation zur Anwendung in der Strukturoptimierung beschleunigt werden?

Welche Arten von Nichtlinearitäten gibt es in der Lastanalyse?

Im Bezug auf dynamische Böenlasten an Flugzeugen liegt der Fokus vor allem auf zwei verschiedenen Arten der amplitudenabhängigen aerodynamischen Nichtlinearität [2]. Die erste der beiden Arten ist die stoßinduzierte Strömungsablösung. Diese entsteht bei hohen Anstellwinkeln während eines Böendurchfluges. Dabei kann die Strömung durch den großen Druckanstieg der Kontur des Profils nicht mehr folgen, wodurch es zu einer Rückströmung hinter dem Verdichtungsstoß kommt und dieser auf dem Flügel nach vorne wandert, siehe Abbildung 2 unten. Durch Berücksichtigung dieser Art von Nichtlinearität lassen sich gerade im für den Reiseflug relevanten Bereich die Lasten an der Flügelwurzel signifikant reduzieren.

Abbildung 2: Lokale Druckverteilung am Flügelprofil
Oben: Mit Verdichtungsstoß ohne Böe; Unten: Während einer Böe, mit Ablösung der Strömung. Gestrichelte Linie: Ergebnisse einer linearen flugdynamischen Simulation; Durchgezogene Linie: Ergebnisse einer nichtlinearen Simulation.

Die zweite Art der Nichtlinearität findet man knapp unterhalb der kritischen Machzahl - also der Fluggeschwindigkeit, bei welcher die Strömung auf der Oberseite des Flügels lokal die Überschallgeschwindigkeit erreicht. Durch die zusätzliche Windgeschwindigkeit wird die Strömung bei einer Böe auf der Profiloberseite weiter beschleunigt, sodass diese Überschall erreicht und sich ein Verdichtungsstoß bildet. Dies führt zu einer nichtlinearen Überhöhung des Auftriebs, wie in Abbildung 3 gezeigt.

Abbildung 3: Lokale Druckverteilung am Flügelprofil
Oben: Ohne Verdichtungsstoß und ohne Böe; Unten: Während einer Böe mit entstehendem Verdichtungsstoß. Gestrichelte Linie: Lineare Simulation; Durchgezogene Linie: Nichtlinear Simulation.

Um diese beiden Arten physikalisch abzubilden, wird eine CFD-Simulation im Zeitbereich benötigt. Da diese numerisch sehr aufwendig und zeitintensiv ist, stellt sich also die zweite Frage:

Wie kann die aufwendige CFD-Simulation zur Anwendung in der Strukturoptimierung beschleunigt werden?

Auch wenn die Leistung moderner Rechenchips in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen hat und das DLR über zwei High Performance Cluster verfügt, sind CFD-Simulationen im Zeitbereich für mehrere Dutzend bis hundert Lastfälle in einem iterativen Strukturoptimierungsprozess immer noch zu zeitaufwendig. Deshalb muss zwischen Rechengenauigkeit und Rechenzeit genau abgewogen werden.

Zur Bestimmung der Lasten eines Flugzeugs muss immer das gesamte Flugzeug betrachtet werden. Das heißt sowohl der Flügel, als auch Rumpf und Leitwerk. Dies ist nötig, um auch die flugmechanischen Eigenschaften korrekt abzubilden, da diese einen erheblichen Einfluss auf die Lasten am Flügel haben. Jedoch muss nicht jede Komponente des Flugzeugs in gleicher Weise genau modelliert werden. Lediglich der Flügel muss mit einer reibungsbehafteten Grenzschicht betrachtet werden, da diese essenziell für die Modellierung der Nichtlinearitäten ist. Die Oberfläche an Rumpf und Leitwerk kann hingegen in erster Näherung reibungsfrei abgebildet werden. Dies führt zu einer reduzierten Komplexität und kann die Simulationszeit massiv reduzieren. Zusammen mit der Ausnutzung von Symmetrien lässt sich der Aufwand einer solchen Simulation in einen akzeptablen Zeitrahmen drücken, ohne relevante Einbußen in der Genauigkeit [3].

Geregelte Lasten an der DLR-F25

Zur Integration von Flugregler, Böenlastabminderungsregler oder auch Aktuatoren von Steuerflächen können sogenannte „Funktional Mock-up Units“ (FMU) genutzt werden. Diese sind kleine, eigenständige Programme, welche es erlauben, die Modellierungsgenauigkeit auf Systemebene zu erhöhen und einen Austausch zwischen verschiedenen Partnern zu ermöglichen. In diesem Fall wurde ein Flug- und Lastabminderungsregler der TU Berlin mit Hilfe einer FMU in die hauseigene Simulationsumgebung UltraFLoads [4] integriert. Dieser Feedbackregler dient der Reduktion der Lasten im Flug. Je nach Effektivität eines solchen Reglers lässt sich die Masse der Flügelstruktur reduzieren, was direkte Auswirkungen auf den Treibstoffverbrauch des Flugzeugs hat. Mit Hilfe der CFD-Simulation lassen sich die Auswirkungen des nichtlinearen Verhaltens auf die Effektivität des Reglers und das resultierende Strukturgewicht untersuchen.

Abbildung 4: Vergleich des lokalen Auftriebsbeiwerts entlang der Spannweite während einer Böe für das geregelte und ungeregelte Flugzeug (linear und nichtlinear)

Abbildung 4 zeigt den Vergleich zwischen linearer und nichtlinearer Simulation, mit (closed Loop) und ohne Regler (open Loop). Diese Ergebnisse zeigen den lokalen Auftriebsbeiwert am Flügel während eines Böendurchfluges. Hier lässt sich ein deutlicher Unterschied zwischen den linearen und den nichtlinearen Ergebnissen sehen, welcher das Resultat der Strömungsablösung ist. Neben diesem nichtlinearen Effekt, ist auch die Auswirkung der vom Regler kommandierten Querruderausschläge vor allem für die linearen Simulationen zu beobachten.

Acknowledgement

The project Ultra Performance Wing (UP Wing, project number: 101101974) is supported by the Clean Aviation Joint Undertaking and its members.

Disclaimer

Co-Funded by the European Union. Views and opinions expressed are however those of the author(s) only and do not necessarily reflect those of the European Union or Clean Aviation Joint Undertaking. Neither the European Union nor the granting authority can be held responsible for them.

Literatur

[1] Deutsches Zentrum für Luft-und Raumfahrt e.V. Digital hangar, DLR-F25, June 2025.

[2] Diliana Friedewald. Gust-induced amplitude effects in transonic flow. Technical report, Technische Universität Braunschweig, 2025.

[4] Johan M. Feldwisch and Martin Bauer. Ultrafloads: A simulation suite and framework for high-fidelity flight loads. Aerospace, 10(3), March 2023

Autor

Kilian Streitenberger, DLR-Institut für Aeroelastik, Abteilung: Lastanalyse und Entwurf

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Wolf-Reiner Krüger

Leitung Lastanalyse und Entwurf
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Aeroelastik
Bunsenstr. 10, 37073 Göttingen