AI For Mobility (AFM)

Dieses Projekt wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, ein Serienfahrzeug so zu modifizieren und auszustatten, dass es als Testplattform für neuartige Regelungsfunktionen genutzt werden kann. Um einen automatisierten Betrieb zu ermöglichen, wurde ein Drive-by-Wire-Kit in das Fahrzeug eingebaut. Dieses ermöglicht es, definierte und reproduzierbare Manöver zu fahren und so die implementierten KI-basierten Regelungsalgorithmen systematisch zu analysieren. Darüber hinaus nutzt der AFM die Vorteile eines semi-aktiven Fahrwerks, was es zu einer geeigneten Testplattform für Vertikaldynamikanwendungen macht. Ein weiteres Forschungsgebiet ist die Interpretation der Umgebung des Fahrzeugs für die Regelung der Fahrzeugdynamik. Mit Hilfe verschiedener Umgebungssensoren und fortschrittlicher maschineller Lernmethoden (KI basiert) wird die Fahrzeugumgebung in Echtzeit verarbeitet und aufgezeichnet. Diese Informationen werden wiederum in die Algorithmen zur Fahrwerksregelung und zur Schätzung des Systemzustands integriert.

Das Fahrzeug ist mit einer Vielzahl an Sensoren ausgestattet, um die Zustände des Fahrzeugs und internen Größen sowie Umgebungsgrößen wie z.B. den Straßenzustand und das Umgebungsszenario zu erfassen. Die Fahrzeugsensoren werden synchron auf einem Rapid Control Prototyping System aufgezeichnet. Für bestimmte Forschungsprojekte werden die gesammelten Daten auf ein Cloud-System geladen, das zentralisierte und fahrzeugübergreifende Regelungsmethoden ermöglicht. Die umfangreiche Messausstattung verwandelt das Fahrzeug in einen leistungsstarken Datensammler, der die Entwicklung neuartiger Methoden zur Zustandsschätzung ermöglicht. Für eine  simulative Analyse mit einem digitalen Zwilling ist ein originalgetreues Fahrzeugmodell erforderlich. Zu diesem Zweck wurde ein Multi-Domain-Multi-Body-System (MBS) Fahrzeugmodell in Modelica implementiert.

Komponenten im AFM

Der AFM ist mit folgenden Sensoren, sowie leistungsstarken CPU und GPU Systemen ausgestattet:

AI For Mobility (AFM)
  • Vollständiges Drive-By-Wire-Kit (DBW)
  • Das Drive-by-Wire (DBW) Kit ermöglicht die Regelung von Lenkung, Antrieb und Bremsen in Echtzeit und ermöglicht so ein automatisches Fahren des Fahrzeugs. Das System ist nahtlos in die Fahrzeugelektronik und das Kommunikationsnetzwerk integriert und ermöglicht die Steuerung aller Serienaktuatoren.

  • Leistungsstarkes Rapid Control Prototyping (RCP) System
    Das RCP-System ist eine leistungsstarke Plattform, die für den Einsatz im Fahrzeug optimiert ist. Das System bietet zahlreiche Schnittstellen für die Datenübertragung, z.B. mehrere CAN- und Ethernet-Anschlüsse sowie eine Multi-I/O-Karte zur Erzeugung und Messung analoger und digitaler Signale. Alle Regelungsalgorithmen, die zur Steuerung des DBW-Kits verwendet werden, laufen auf diesem System. Außerdem findet hier das zentrale Datenlogging mit Cloud-Anbindung statt.
  • Multi GPU unterstützte KI-Rechenplattform
    Die KI Stereokamera und der hochauflösende Lidar-Sensor sind mit der leistungsstarken KI-Rechenplattform (GPU-basiert) verbunden, um deren Ausgaben zu verarbeiten (Sensorfusion, Fahrspur-/Schild-/Objekterkennung,...) und um die für die Regler relevanten Daten an das RCP-System weiterzugeben.
  • Hochmodernes KI Stereo-Kamerasystem
    Eine hochauflösende KI-gestützte Stereokamera (GMSL-Anschluss) ist auf dem Dachträger montiert, die die Umgebung aufnimmt und RGB- und Tiefenbilder ausgibt. Sie verfügt über eine eingebaute Inertialmesseinheit zur für Bewegungs- und Positionswahrnehmung.
  • Hochauflösender Lidar-Sensor
    Der 360°-Lidarsensoren ist auf dem Dachträger an der Vorderseite des Fahrzeugs montiert, um die Umgebung zu scannen und die Informationen mit anderen Sensoren, z.B. der Kamera oder dem Radar, zu korrelieren.
  • Radar-Sensorsystem
    Bis zu drei Radarsensoren werden in die Front des Fahrzeugs integriert, die die Radarsignaturen an die KI-Rechenplattform weiterleiten, wo eine nahtlose Objekterkennung und -verfolgung durchgeführt wird.
  • Individuelles semiaktives Dämpfer-Regelungssystem
    Die geregelten semiaktiven Dämpfer regulieren die Kräfte, die die Karosserie sowie die Radlasten beeinflussen.
  • Berührungsloser Straßenwettersensor
    Der hochpräzise optische Sensor tastet die Straßenoberfläche kontinuierlich ab und zeichnet verschiedene Parameter wie die Oberflächentemperatur oder die Höhe des Wasserfilms auf.
  • Hochpräzises IMU/GNSS-System
    Eine hochpräzise 6D-Inertialmesseinheit (IMU) ist in der Nähe des Schwerpunkts verbaut, um alle Anteile der Fahrzeugbewegung zu erfassen. Zwei Dachantennen ermöglichen die kombinierte Nutzung des globalen Satellitennavigationssystem (GNSS).
  • Echtzeitmessung von Antriebsmoment und Lenkkraft über Dehnungsmessstreifen
    Ein kalibriertes System von Dehnungsmessstreifen ist an den Antriebswellen und Spurstangen verbaut. So können Antriebsdrehmomente und Spurstangenkräfte während der Fahrmanöver gemessen werden.
  • Optischer Geschwindigkeitssensor
    Der optische Sensor tastet die Straßenoberfläche ab, um die Geschwindigkeit des Fahrzeugs relativ zur Fahrbahn zu messen. Sowohl die Längs- als auch die Quergeschwindigkeit können präzise bestimmt werden. Anhand dieser Messungen wird der Schräglaufwinkel des Fahrzeugs errechnet.
  • Mobiler Internetzugang (5G)
    Für die Änderung von Reglerparametern während der Fahrt und die Fernüberwachung von Testfahrten kann über eine 5G-Verbindung auf das Fahrzeugnetzwerk zugegriffen werden. Es wird auch das Hochladen von Daten in Echtzeit und die Verbindung zu cloudbasierten Anwendungen ermöglicht.
  • Mobile Basisstation für dGPS-Empfang
    Um die Genauigkeit der GPS-Messungen zu erhöhen, liefert eine mobile Differential-GPS-Basisstation (dGPS) Korrekturdaten an die im Fahrzeug befindliche IMU/GNSS-Plattform.
  • Intelligentes Stromversorungssystem (PDS)
    Das PDS verwaltet die Stromversorgung aller zusätzlichen elektrischen Komponenten im Fahrzeug. Aufgrund der großen Anzahl der installierten Sensoren und Aktuatoren muss deren Stromversorgung intelligent gesteuert werden.
AFM-Experimente an einem Vertikaldynamik-Prüfstand für KI-basierte Regelungsalgorithmen

Im Rahmen des AI For Mobility-Projekts wurde ein Hybrid-Serienfahrzeug als Basisplattform gewählt, da es über eine vollständig by-wire Fahrzeugarchitektur verfügt. Da die meisten Prototypfahrzeuge den Nachteil haben, dass sie keine Straßenzulassung haben, können sie nur auf abgesperrten Testgeländen eingesetzt werden. Der AFM verfügt über eine spezielle Straßenzulassung für bestimmte Betriebsarten und hat somit eine größere Bandbreite an möglichen Einsatzfällen für Experimente auch auf im öffentlichen Straßenverkehr.

Weiter Informationen finden Sie unter hier.

Kontakt

Dr. Jonathan Brembeck

Abteilungsleitung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
Institut für Fahrzeugkonzepte
Fahrzeug Systemdynamik und Regelungstechnik
Münchener Straße 20, 82234 Oberpfaffenhofen-Wessling