Flugmechanik

Die Gruppe Flugmechanik fokussiert sich auf die Eigenschaften, Modellierung und Regelung militärischer Luftfahrzeuge. Dies beinhaltet die Betrachtung des ungeregelten Luftfahrzeuges sowie das dynamische Verhalten ohne Einbeziehung der Pilotin/des Piloten. Diese Betrachtungen werden auch als Flying Qualities bezeichnet. Sobald in die Analyse der Mensch als Pilotin oder Pilot und Element des Regelkreises mit einbezogen wird, spricht man von Handling Qualities. Dabei gehören insbesondere die hoch komplexen Regelungssysteme in Kampfflugzeugen zu den Kompetenzen dieser Gruppe. Abgerundet wird das Aufgabengebiet durch den Aufbau und die Weiterentwicklung flugmechanische Modelle von modernen Kampfflugzeugen sowie durch Expertise im Bereich Luftdatensysteme.
Wehrtechnische Forschung
In der wehrtechnischen Forschung stehen der Gruppe verschiedene Kampfflugzeugmodelle unterschiedlicher Konfigurationen und mit unterschiedlichen Eigenschaften und Detailgraden zur Verfügung. Erweitert durch eigens entwickelte Flugregelungssysteme werden diese Modelle genutzt, um die Basis für die Forschungsschwerpunkte der Gruppe zu bieten.
Der in der Abteilung für militärische Luftfahrzeuge verfügbare Kampfflugzeugsimulator MARS-FIT (Military Air Vehicle Simulator – Fast Integration Testbed) bietet hierbei die perfekte Plattform für diese flugmechanischen Modelle, um anwendungsnahe Forschung durchzuführen. Die existierende Simulatorinfrastruktur bietet die Möglichkeit, Konzepte schnell und ohne größeren Aufwand zu implementieren und zu testen.
Die Abteilung für militärische Luftfahrzeuge hat ihren Sitz auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 61 (WTD 61). Die WTD 61 ist innerhalb der Bundeswehr zuständig für Qualifizierung und fachtechnische Bewertung aller neu entwickelten fliegenden Systeme sowie der Änderungen an Luftfahrzeugsystemen, die bereits in der Nutzung sind. Diese Nähe zur Bundeswehr ermöglicht einen engen Kontakt zu den Testpilotinnen und Testpiloten der Bundeswehr, welche somit auch im Rahmen der wehrtechnischen Forschung für Simulatortests hinzugezogen werden.
Im Rahmen dieser Kooperation mit der Bundeswehr wurde der Simulator und die zugrundeliegenden Simulationsmodelle in mehreren umfangreichen Simulatortestkampagnen validiert, wodurch eine grundsätzliche Übertragbarkeit der Ergebnisse in die Realität ermöglicht wird.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Gruppe Flugmechanik ist das Thema Luft-zu-Luft- Betankung. Hierbei steht neben der detailgetreuen Modellierung des gesamten Manövers vor allem die Unterstützung der Pilotinnen und Piloten bei diesem anspruchsvollen Manöver im Vordergrund. Konkret wird dies durch den Entwurf von Flugreglern als Voll- oder Teilautomatisierungen umgesetzt. Die Konzepte unterstützen den Piloten oder die Pilotin nicht nur durch Übernahme von Teilaufgaben, sondern reduzieren durch angepasste Steuermodi auch die Arbeitsbelastung. Durch Simulatortestkampagnen mit Pilotinnen und Piloten der Bundeswehr wird abschließend nicht nur die Eignung der Regelungskonzepte bewertet, sondern auch deren Umsetzung und Wirkung auf die Pilotinnen und Piloten. Die Einbeziehung realistischer Sensormodelle als Eingangssignale für die umgesetzten Regler verbessert weiterhin die Übertragbarkeit auf reale Luftbetankungsmanöver.
Moderne Kampfflugzeuge bieten basierend auf ihren hochkomplexen Flugregelungssystemen in einem weiten Bereich höchste Agilität und Manövrierbarkeit. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist eine hochpräzise und verlässliche Messung der Luftdaten. Hierzu gehören die Richtung des Anströmungsvektors der Luft, die Messung von statischer und Totaltemperatur sowie die Messung von statischem und Totaldruck. Die Messung dieser Parameter besonders bei hohen Anstellwinkeln und in großen Höhen ist sehr herausfordernd. Außerdem besteht für zukünftige Kampfflugzeuge die Herausforderung, das Luftdatensystem mit einem geringen Radarquerschnitt in Einklang zu bringen. Die Gruppe Flugmechanik beschäftigt sich mit diesen Messsystemen, deren Modellierung und Kalibrierung.
Analyse und Bewertung
Neben den Tätigkeiten in der wehrtechnischen Forschung unterstützt die Fachgruppe die Bundeswehr im Bereich der Zulassung und Qualifikation in verschiedenen aktuellen Luftfahrtprojekten. Dabei geht es um eine Bereitstellung von Expertise für das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) sowie das Luftfahrtamt der Bundeswehr (LufABw) durch eigenwissenschaftliche Studien als unabhängige Expertinnen und Experten. Die Gruppe leistet ihren Beitrag, damit die Streitkräfte mit leistungsfähigem Gerät auf dem neusten technischen Stand ausgestattet sind. Diese Arbeit erstreckt sich über alle Lebenszyklen eines Luftfahrzeugs, vom Aufstellen der Anforderungen über einer Bewertung des Designs bis zum Betrieb und möglichen Weiterentwicklungen. Dabei lässt sich das Wissen aus der Forschung konkret zur Unterstützung der Bundeswehr in die Praxis übertragen.
Weiterhin wird aktiv in internationalen Gremien mitgearbeitet, in denen Fachfragen aus dem Bereich der Flugmechanik beantwortet werden. Die Unterstützung der Bundeswehr erstreckt sich auch auf die Beteiligung bei der Planung, Durchführung und Auswertung von Flugtests, wobei die Erfahrungen aus den im Rahmen der Forschung durchgeführten Simulatortests in die Praxis übertragen werden können.