HANSA

Retrospektive Analyse historischer AIS-Daten für die Navigationssicherheit auf empfohlenen Routen

Hansa
Ein vom HANSA-System generiertes Beispielnetz für verschiedene Schiffsbreiten in der Deutschen Bucht

Motivation

Gerade in Zeiten eines ständig wachsenden und sich wandelnden Verkehrsaufkommens auf See ist es ein vorrangiges Ziel der Schifffahrtsbranche, den sicheren und effizienten Betrieb sowie die Navigation von Schiffen zu gewährleisten. Eine der wichtigsten Vorschriften für Schiffe ist die im Voraus geplante Route von Liegeplatz zu Liegeplatz, die vom nautischen Offizier erstellt und vor dem Auslaufen des Schiffes durch den Kapitän genehmigt werden muss. Bei der Routenplanung gibt es bisher verschiedene Fehlerkontrollfunktionen, die sowohl dem Schiffs- als auch dem Landpersonal zur Verfügung stehen. So werden Warnungen zu unsicheren Wassertiefen oder unzureichenden Abständen zwischen Schiff und Uferlinie angezeigt. Diese Funktionen basieren jedoch ausschließlich auf statischen Informationen – historische Erfahrungen und bewährte Praktiken finden bislang keine Berücksichtigung. Es ist daher wünschenswert, diese Lücke in naher Zukunft zu schließen.

Ziele

Auf der Grundlage von Big-Data-Analysen stellt HANSA den beteiligten Akteuren empfohlene Routenkorridore zur Verfügung – ein Konzept, das sowohl das Schiffs- als auch das Landpersonal bei der Routenplanung und -überwachung unterstützt. Ein empfohlener Korridor beschreibt das Gebiet, in dem ähnliche Schiffe unter vergleichbaren Bedingungen sicher durch dieselben Gewässer gefahren sind. Ähnliche Schiffe umfassen dabei die Eigenschaften eines Schiffs, wie etwa seine Abmessungen und seinen Typ, während sich ähnliche Bedingungen auf meteorologische und hydrographische Daten wie Wind, Gezeiten und Wasserströmungen beziehen. Die Kernidee von HANSA ist es, diese empfohlenen Korridore aus historischen Schiffsverkehrsdaten zu entwickeln, in die die verfügbaren meteorologischen und hydrographischen Informationen eingebettet sind.

Den Seeleuten an Bord steht damit eine zusätzliche Methode zur Gegenprüfung zur Verfügung, um die korrekte und sichere Routenplanung zu bestätigen. Sie profitieren außerdem von der nautischen Erfahrung anderer Seeleute. Die angezeigten empfohlenen Korridore unterstützen sie dabei, zu entscheiden, ob sie ihre manuell vorgeplanten Routen ausführen oder Änderungen für eine optimierte Route vornehmen wollen. Es ist hierbei ausdrücklich zu betonen, dass HANSA ein unterstützendes Werkzeug für die Schiffsbesatzung ist, die Entscheidung über die ausgeführte Route jedoch stets bei ihnen verbleibt.

Die Betreiber von Vessel Traffic Service (VTS) und Coastal Surveillance System (CSS) an Land können die Verkehrssituation in ihrem Zuständigkeitsbereich besser überwachen, einschätzen und bewerten – und dementsprechend reagieren. In diesem Zusammenhang bietet HANSA einen ersten Schritt zur autonomen Erkennung von Anomalien bei der Überwachung des Schiffsverkehrs. Solche Anomalien werden beispielsweise angezeigt, wenn Schiffe einen empfohlenen Korridor verlassen oder wenn sie sich langsamer als die meisten anderen Schiffe innerhalb dieses Korridors bewegen.

Neben seiner Funktion als Unterstützung für die Routenplanung stellt das HANSA-Projekt einen wichtigen Schritt in Richtung einer intuitiven Erkennung potenzieller Gefahrensituationen dar. Dadurch können Zwischenfälle mit schwerwiegenden Folgen frühzeitig entschärft, die Sicherheit der Schifffahrt auf See insgesamt verbessert und das Risiko für Besatzung, Schiffe, Ladung und Umwelt reduziert werden. Im Zusammenhang mit den laufenden Forschungsprojekten zur Reduzierung der Besatzung und zu autonomen Schiffen gewinnt das HANSA-Projekt zusätzlich an Bedeutung.

Die Integration, Implementierung und Demonstration der empfohlenen Routenkorridore erfolgte im Rahmen der von OFFIS betriebenen e-Maritime Integrated Reference Platform (eMIR), in der bordseitigen Planungsstation NAVTOR, die von zahlreichen Schiffen für die Passageplanung genutzt wird, sowie in der hauseigenen Simulationssoftware inVNE (Virtual Navigation Environment) der in-innovative-navigation GmbH.

Projekt HANSA - Retrospektive Analyse historischer AIS-Daten für die Navigationssicherheit auf empfohlenen Routen

  • Projektzeitraum: 01.06.2018 - 31.05.2020
  • Gefördert durch das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie; MarTERA