7. Mai 2025 | Weniger CO2 und Ruß

Der erste seiner Art: Schadstoffarmer Schiffsgenerator erfolgreich erprobt

  • Das DLR hat mit Hochschulen und der Industrie den ersten schiffstauglichen Generator aus Hochtemperatur-Brennstoffzellen und Batterien aufgebaut und an Land erprobt.
  • Das hybride System liefert Strom und Wärme. Die Brennstoffzellen funktionieren mit Wasserstoff, Erdgas, Methanol oder synthetischen Treibstoffen.
  • Der Generator stößt bereits beim Betrieb mit Erdgas rund 30 Prozent weniger CO2 und 95 Prozent weniger Ruß aus, als Schiffsdiesel oder Gasmotoren.
  • Schwerpunkte: Energie, Verkehr, Wasserstoff, klimaverträgliche Schifffahrt

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat zusammen mit Industrie und Forschung einen emissionsarmen Generator für Passagierschiffe aufgebaut und erprobt. Es ist das erste schiffstaugliche System auf Basis von Hochtemperatur-Brennstoffzellen und Batterien.

Besonders an den Brennstoffzellen ist, dass sie für viele Treibstoffe geeignet sind. Dazu zählen Erdgas, Methanol oder Wasserstoff sowie CO2-neutrale Power-to-Liquid-Treibstoffe, also mit erneuerbaren Energien hergestellte synthetische Treibstoffe. Bereits beim Einsatz von Erdgas als Treibstoff stößt der hybride Generator im Vergleich zu Schiffsdiesel- und Gasmotoren ein Drittel weniger CO2 und 95 Prozent weniger Ruß aus.

Solche Generatoren eignen sich nicht nur für Passagier- und Frachtschiffe, sondern auch für stationäre Industriebereiche.

Niedrigere Grenzwerte für Emissionen in der Schifffahrt

Bis 2030 sollen die Emissionen von Kohlendioxid in der Schifffahrt gegenüber dem Jahr 2008 um 40 Prozent, bis 2050 um 70 Prozent sinken. Davon sind Passagierschiffe besonders betroffen. Anders als Frachtschiffe verbringen sie wegen der vielen Zwischenstopps oft mehr als die Hälfte ihrer Zeit in Häfen. Während dieses Hotelbetriebs laufen die Motoren weiter, wodurch zusätzlich Abgase entstehen.

Am DLR in Stuttgart haben die Beteiligten des EU-Projekts NAUTILUS (Nautisches integriertes Hybrid-Energiesystem für Langstrecken-Kreuzfahrtschiffe) den ersten schiffstauglichen Generator aus Hochtemperatur-Brennstoffzellen und Batterien entwickelt und an Land getestet. Schiffstauglich, weil alle Bauteile stabil genug für den Einsatz auf See ausgelegt sind und selbst bei starkem Wellengang sowie in Schräglage zuverlässig funktionieren.

Das sogenannte hybride Generatorsystem erzeugt Strom und Wärme. Die elektrische Leistung der Testanlage beträgt 80 Kilowatt. „Je nach Größe und Energiebedarf eines Schiffs sind Generatoren bis in den Megawatt-Bereich realisierbar“, betont Dr. Syed Asif Ansar vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik.

30 Prozent weniger CO2 und 95 Prozent weniger Ruß

Das DLR und die Projektmitwirkenden haben den Ausstoß von CO2 und Ruß des NAUTILUS-Generators beim Einsatz verschiedener Treibstoffe gemessen. Bereits beim Betrieb mit Erdgas und Methanol stößt der Generator rund 30 Prozent weniger Kohlendioxid und 95 Prozent weniger Ruß aus, als herkömmliche Schiffsaggregate mit Diesel- oder Gasmotoren.

Die Hochtemperatur-Brennstoffzellen erreichen einen besonders hohen elektrischen Wirkungsgrad von 60 Prozent, das heißt rund zwei Drittel der im Treibstoff enthaltenen Energie werden in Strom umgewandelt. Im Vergleich zu herkömmlichen Brennstoffzellen, die eine Betriebstemperatur von rund 80 Grad Celsius und einen niedrigeren Wirkungsgrad von etwa 50 Prozent haben, liegt die Arbeitstemperatur von Hochtemperatur-Brennstoffzellen bei 650 bis 800 Grad Celsius. Dies beschleunigt die elektrochemische Reaktion von Treibstoff und Sauerstoff in den Zellen und ermöglicht den direkten Einsatz flüssiger Treibstoffe.

Zudem lässt sich die hohe Temperatur der Abwärme gezielt zum Heizen oder zur Erzeugung von Warmwasser nutzen. „Wir haben an unserer Testanlage gezeigt, wie sich die in den Brennstoffzellen entstehende Abwärme in das Energiesystem zurückführen lässt. Durch die gezielte Wärmenutzung erreichen wir einen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 80 Prozent“, erläutert Dr. Ansar. „Damit ist der NAUTILUS-Generator rund doppelt so effizient wie ein Diesel- oder Gasmotor.“

Brennstoffzellen funktionieren mit Wasserstoff, Erdgas und Methanol

Außer mit Wasserstoff funktionieren die Festoxid-Brennstoffzellen des NAUTILUS-Generators auch mit Erdgas und Methanol, die zunächst chemisch in Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgewandelt werden.

Das ermöglicht einen schrittweisen Umbau von Schiffen für den künftigen Betrieb mit CO2-neutralen, synthetischen Treibstoffen oder mit Wasserstoff. „Während eines Teilumbaus nutzen Brennstoffzellen und noch vorhandene Gasmotoren Erdgas oder Methanol gleichzeitig als Treibstoff. Dadurch lassen sich Teile der Infrastruktur an Bord weiterverwenden. Das spart Kosten und ist oft einfacher umsetzbar“, erklärt Dr. Ansar.

Ein weiterer Vorteil der Technologie ist, dass die Komponenten des Generatorsystems, anders als bei einem zentralen Schiffsdiesel, an Bord räumlich verteilt aufgebaut sein können. So lässt sich das Versorgungssystem optimal an die Gegebenheiten eines Schiffs anpassen.

Schiffsmanöver, Lastwechsel und Hotelbetrieb

„An der NAUTILUS-Testanlage haben wir verschiedene Szenarien des Energiebedarfs von Schiffen erprobt. Dazu zählen Überseefahrten, Schiffsmanöver beim Anlegen sowie bei Kreuzfahrtschiffen der Hotelbetrieb im Hafen“, sagt Dr. Ansar.

Das Herausfordernde ist, die Leistungen der Brennstoffzellen und Batterien optimal an den Stromverbrauch des Schiffs anzupassen. Dazu hat das NAUTILUS-Team untersucht, was passiert, wenn sich der Strombedarf innerhalb von Sekunden ändert, beispielsweise beim Beschleunigen oder bei einem Wendemanöver. „Die Batterien gleichen kurzfristig den starken Stromanstieg aus, so dass die Brennstoffzellen beim Hochfahren ihrer Leistung stets im idealen Betriebszustand bleiben“, so Dr. Ansar. „Das DLR-Institut für Technische Thermodynamik hat mit dem Projektteam dafür ein spezielles Energiemanagement entwickelt. Dabei haben wir darauf geachtet, dass das Zusammenspiel von Brennstoffzellen und Batterien stets den höchsten Wirkungsgrad erreicht.“

Mit einem „digitalen Zwilling“ des Generatorsystems und des Energiemanagements simuliert das NAUTILUS-Team vollintegrierte Energiesysteme von Schiffen. Die DLR-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler erarbeiten technische Vorschläge für Anlagen mit Leistungen von 5 bis 60 Megawatt. Dies entspricht dem Bedarf von Passagierschiffen mit 1.000 bis 5.000 Passagieren. Das Rechenmodell kann auch bereits vorhandene oder im Betrieb befindliche Systeme bewerten und effizienter gestalten.

Nächster Schritt: Probefahrt auf See

Nach den erfolgreichen Testläufen des NAUTILUS-Demonstrators an Land im DLR-Institut für Technische Thermodynamik und anschließend im DLR-Institut für Maritime Energiesysteme wollen die beiden Institute das hybride Generatorsystem auf See testen.

Weiterführende Links

Projekt-Website NAUTILUS 

DLR-Nachricht: Brennstoffzellen senken Schiffsemissionen

Über das Projekt NAUTILUS

Im Forschungsprojekt NAUTILUS (Nautical Integrated Hybrid Energy System for Long-haul Cruise Ships) forschen Institute, Werften, Reedereien, Kreuzfahrtunternehmen und Schifffahrtsbehörden gemeinsam an einer nachhaltigen Energieversorgung für Passagierschiffe. Emissionsarme, mit Flüssiggas betriebene Generatorsysteme sollen Dieselmotoren ersetzen und vor allem bei Passagierschiffen auf Langstrecken den Ausstoß von Treibhausgasen, Ruß und anderen Schadstoffen senken.

Die Europäische Union fördert das im Jahr 2020 begonnene Projekt im Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 mit insgesamt 7,9 Millionen Euro über 54 Monate (Fördervereinbarung Nr. 861647).

Kontakt

Dr. Syed Asif Ansar

Abteilungsleiter Energiesystemintegration
Institut für Technische Thermodynamik
Energiesystemintegration
Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart
Germany