Forschungsprojekt GENESE

Entwicklung eines Open-Source-Nachfragetools zur Abbildung der Wirkungen gesellschaftlichen Wandels in Energiesystem- und Strommarktmodellen

Credit:

BMWK

Der Umbau der Energiesysteme wird in den kommenden Jahrzehnten zu Entwicklungen führen, die heute noch nicht vorherzusehen sind. Um dennoch eine wissenschaftlich fundierte Basis für strategische Entscheidungen anbieten zu können, ist es eine wichtige Aufgabe der Energiesystemanalyse, Szenarien zu modellieren, die sowohl der Komplexität des Energiesystems als auch den Unsicherheiten im Hinblick auf künftige Entwicklungen Rechnung tragen. Zur Modellierung der Last wurden dafür bislang häufig Standardlastkurven verwendet, die auf historischen Lastdaten basieren. Für Gegenwartsanalysen und kurzfristige Szenarioanalysen hat sich dieses Vorgehen als zielführend erwiesen. Bei langfristigen Szenarioanalysen entsteht dadurch jedoch die Gefahr fehlerhafter Ergebnisse, da das Vorgehen impliziert, dass die Form der heutigen Lastkurve in Zukunft konstant bleibt. Nicht abgebildet werden folglich strukturelle Wirkungen durch die Implementierung neuer Technologien (zum Beispiel E-Mobilität, Stromspeicher, Digitalisierung) und durch gesellschaftlichen Wandel (zum Beispiel mobiles Arbeiten, veränderte Öffnungszeiten, Fahrverbote). Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel des Forschungsprojektes GENESE (gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz), passgenaue Lastkurven für spezifische Kombinationen aus technologischer und gesellschaftlicher Entwicklung hinsichtlich Niveau (Stromnachfrage) und Profil (zeitliche Auflösung) zu generieren. Dazu soll ein quelloffenes Nachfragetool entwickelt werden, welches eine Schnittstelle zwischen Energiesystemmodellen und Strommarktmodellen darstellt.

Forschungsprojekt GENESE

 

Laufzeit

Oktober 2022 bis September 2025

Förderung durch

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Projektbeteiligte

  • Universität Stuttgart, Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung
  • Institut für Vernetzte Energiesysteme
  • Forschungszentrum Jülich, Institut für Energie- und Klimaforschung – Systemforschung und Technologische Entwicklung

Zur Erstellung von Szenarien steht grundsätzlich eine Vielzahl unterschiedlicher Simulations- und Optimierungsmodelle mit unterschiedlicher zeitlicher Auflösung zur Verfügung. Ein vollständiges Bild des Energiesystems ist dabei häufig nur durch Modellkopplung zu erreichen. Dafür werden zum einen Modelle genutzt, bei denen das energiewirtschaftliche Gesamtbild im Vordergrund steht, die jedoch meist eine geringe zeitliche Auflösung aufweisen (zum Beispiel Energiesystemmodelle). Sie werden mit Modellen mit feineren Zeitschritten gekoppelt, die sich auf Subsysteme fokussieren (zum Beispiel Strommarkt- oder Netzmodelle). Die datenseitige Kopplung der unterschiedlichen Modelltypen wurde bisher häufig über die Verwendung von Standardlastkurven vorgenommen. Entsprechend wurde das Lastprofil lediglich im Niveau angepasst.

An diesem Punkt setzt das Projekt GENESE an, indem es eine systematische Analyse der Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf die Stromnachfrage vornimmt. Bei der Konzeption realistischer Stromnachfrageniveaus und damit zusammenhängender Lastprofile für mittel- und langfristige Zukunftsanalysen stößt dies auf gleich mehrere Herausforderungen. So müssen zunächst jene relevanten gesellschaftlichen Veränderungen identifiziert werden, die sich auf Nachfrageniveau und zeitliches Profil auswirken werden. Da viele Aspekte des gesellschaftlichen Wandels hohen Unsicherheiten unterliegen, werden anstelle von Prognosen zu den Wandlungsprozessen Szenarien für die entsprechenden Wandlungsprozesse erforderlich („Treiberkonstellationen“). Weiterhin muss antizipiert werden, welche zeitlichen und quantitativen Profilwirkungen die gesellschaftlichen Prozesse entfalten werden.

Das Institut für Vernetzte Energiesysteme übernimmt im Projekt GENESE die Aufgabe, ein analytisches Nachfragetool zu entwickeln, dass die Kombination technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen mit ihren spezifischen Nachfragen nach Energiedienstleistungen abbildet. Zudem soll es eine Schnittstelle zwischen Energiesystemmodellen (ESM) und Strommarktmodellen (SMM) darstellen. Die exemplarische Anwendung des Nachfragetools soll darüber hinaus eine Indikation liefern, inwieweit sich der gesellschaftliche Wandel auf Fragen rund um den Technologie-Mix, die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit der Energiewende auswirkt.

Die Verwendbarkeit des Nachfragetools wird im Vorhaben exemplarisch erprobt und dieses anschließend open source veröffentlicht. Es soll generisch einsatzfähig sein, weshalb es explizit nicht ausschließlich für die im Projekt genutzten Modelle konzipiert wird. Durch die freie Verfügbarkeit des Nachfragetools sollen auch andere Nutzer von ESM oder SMM in die Lage versetzt werden, die Projektergebnisse direkt in ihre Modellierung einzubinden.

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