Technologien für Flugsimulation

Flugsimulationen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und Bewertung neuer Luftfahrzeugsysteme. Das Institut für Flugsystemtechnik nutzt spezialisierte Simulationsverfahren, um Systeme realitätsnah abzubilden, Konzepte zu erproben und technologische Innovationen effizient abzusichern.

Echtzeitsimulation von Flugzeugsystemen

In der Technologiereifmachung neuer Flugzeugsysteme und -komponenten nimmt die dynamische Echtzeitsimulation eine zentrale Rolle ein. Durch diese Simulationen können innovative Systementwürfe bereits in frühen Entwicklungsphasen abgesichert, validiert und die komplexen Interaktionen zwischen den Systemen aufgezeigt werden.

Das Institut für Flugsystemtechnik ist mit leistungsstarken Rechnerplattformen ausgestattet, die in der Lage sind, selbst anspruchsvollste multidisziplinäre Systemsimulationen durchzuführen. Diese Simulationen profitieren von der Möglichkeit, sie parallel auf mehreren Rechenkernen, Prozessoren und FPGAs (Field Programmable Gate Arrays) in harter Echtzeit auszuführen.
Ein breites Spektrum an virtuellen Testmethoden wird dabei abgedeckt, angefangen von model-in-the-loop (MIL) über software-in-the-loop (SIL) bis hin zu hardware-in-the-loop (HIL). Im Fokus stehen insbesondere sicherheitskritische Bordsysteme innerhalb der Bereiche Flugsteuerung, Aktuatorik, Avionik sowie der Simulation von Datenbussen und deren elektrischer oder hydraulischer Energieversorgung.

Dank standardisierter Schnittstellen wird zudem die nahtlose Integration von Modellen aus angrenzenden Domänen, wie etwa der Flugzeugstruktur oder der Aerodynamik, ermöglicht. Dieses ganzheitliche Vorgehen trägt entscheidend dazu bei, die Entwicklung innovativer Flugzeugsysteme effizienter und sicherer zu gestalten.

Hardware-in-the-Loop-Simulation von Aktuatoren

Die Entwicklung und Erprobung von neuartigen Aktuator-zentrierten Regelungskonzepten wie momentenbasierter Flugsteuerung wird durch Hardware-in-the-loop-Simulationen unterstützt. Das umfasst die Kopplung eines realen, beispielsweise auf einem Prüfstand installierten Steuerflächen-Aktuators mit einem flugdynamischen Simulationsmodell. Dabei sendet das interaktiv steuerbare, echtzeitfähige Flugdynamikmodell an den realen Steuerflächenaktuator Positions- oder Momentenkommandos. Mithilfe einer Belastungseinrichtung wird der Aktuator mit der vom Flugdynamikmodell berechneten aerodynamischen Last beaufschlagt. Durch die Rückmeldung der aktuellen Aktuatorposition und -rate an das Flugdynamikmodell wird der Kreis geschlossen, sodass der Aktuator inklusive seiner Regelung als reale Hardware in eine durch das Flugdynamikmodell dargestellte Nachbildung seiner Umgebung eingebettet ist. Somit können beispielsweise neuartige Konzepte der Flug- oder Aktuatorregelung bereits im Bodenversuch erprobt werden und ihr Einfluss auf die Flugzeug-Gesamtdynamik bewertet werden. Auf diese Weise können Flugversuche vorbereitet oder der Umfang erforderlicher Flugversuche reduziert werden.

Bewertung von Passagierkomfort im Bewegungssimulator

Am Institut für Flugsystemtechnik werden die Auswirkungen neuartiger Flugzeugtechnologien auf den Komfort von Passagieren erforscht. Zu diesem Zweck kommen im Air Vehicle Simulator (AVES) die Advanced Future Cabin (AFC) sowie Simulationen des dynamischen Verhaltens innovativer Luftfahrzeugkonzepte zum Einsatz. Ziel ist es, die Effekte dieser Technologien auf das Komfortempfinden von Fluggästen systematisch zu analysieren.

In der Vergangenheit wurden die Auswirkungen einer künstlichen Außensicht durch Bildschirme statt Kabinenfenstern und die Verwendung von Virtual-Reality-Brillen als Entertainmentsystem auf das Wohlbefinden der Passagiere untersucht.

Zukünftige Flugzeugkonfigurationen bringen neue Herausforderung hinsichtlich des Flugkomforts mit sich. Bei erhöhter Flexibilität oder Nurflüglern treten neue Bewegungsmuster und -frequenzspektren auf, wie zum Beispiel kombinierte Roll-, Gier- und Hubbewegungen. Diese werden mit Hilfe der AFC simuliert, um die Entstehung und Entwicklung körperlicher Reaktionen bei Probanden zu messen und besser zu verstehen.

Die AFC sowie die Untersuchungsmethoden werden ständig erweitert, mit dem Ziel, sowohl die Präzision der Messergebnisse als auch deren Aussagekraft kontinuierlich zu verbessern.

Flugerprobung neuer Konfigurationen

Zur Bewertung der Flugleistungen und der Fliegbarkeit innovativer Luftfahrzeugkonfigurationen führt das Institut unbemannte Flugversuche durch, die von einer Bodenstation überwacht und gesteuert werden. Diese Versuche ermöglichen die Erkundung des flugmechanischen Grenzbereichs, ohne Risiken für Personen an Bord einzugehen. Ziel der Erprobungen sind unter anderem extrem kurze Startmanöver sowie steile Anflüge auf engem Raum. Dabei werden neue Konzepte verteilter elektrischer Antriebe für Propeller und Rotor(en) sowie weiterentwickelte Flugsteuerungsfunktionen untersucht.

Ein Prototyp in Form eines elektrisch angetriebenen Tragschraubers mit einer Startmasse von 400 Kilogramm wurde speziell für diesen Zweck ausgerüstet. Zum Einsatz kommen drei Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von 70 Kilowatt sowie ein eigens entwickeltes Flugsteuerungssystem. Eine umfassende Messdatenerfassung dokumentiert alle relevanten Parameter und liefert eine fundierte Grundlage zur Bewertung der Flugleistungen, der Flugdynamik und der Systemsicherheit.