1. Dezember 2023

PV-Module auf Plastikgewächshäusern in Südspanien

Researcher Anna Kujawa in plastic greenhouse
Solarforscherin Anna Kujawa in einem Foliengewächshaus in Almería.
  • Agrivoltaik bezeichnet die simultane Nutzung von Landflächen sowohl für die Installation von Photovoltaik (PV)-Anlagen als auch für landwirtschaftliche Aktivitäten.
  • Solarforscherin Anna Kujawa untersucht eine neue Möglichkeit zur Erzeugung von Solarstrom und gleichzeitige Beschattung für Plastikgewächshausanbau in Südspanien.
  • PV-Module auf den Dächern der Gewächshäuser könnten nachhaltigen Strom erzeugen und gleichzeitig die Pflanzen unter ihnen vor zu intensiver Sonne schützen.
  • Das Gewächshaus, der PV-Ertrag und die Wachstumsbedingungen werden mit einer Software simuliert und die Ergebnisse anhand der realen Daten aus dem Gewächshaus überprüft.
  • Die Ergebnisse sollen auf unterschiedliche Gewächshaustypen übertragbar sein.

Seit einigen Monaten verbringt die Agrivoltaik-Doktorandin Anna Kujawa einen Teil ihrer Arbeitszeit an einem für die Solarforscherin und Physikerin ungewöhnlichen Arbeitsplatz: in einem Gewächshaus aus Plastikplanen am Stadtrand von Almería in Südspanien. Dort untersucht sie zusammen mit der Firma Anecoop und der Fundacíon UAL-Anecoop, welchen Einfluss die Verschattung durch auf dem Gewächshausdach installierte PV-Module auf das Wachstum von Tomatenpflanzen hat.

Das DLR engagiert sich bereits seit den 80-er Jahren in der Solarforschung auf der Plataforma Solar de Almería des spanischen Forschungszentrums CIEMAT. Seit 2011 ist das DLR hier durch das Institut für Solarforschung vertreten. Die Arbeitsschwerpunkte der DLR Solarforschung auf der PSA sind konzentrierende Solartechnologien, die Qualitätsprüfung von Komponenten und Systemen von Solarkraftwerken, solare Energiemeteorologie sowie Agrivoltaik. Anna Kujawa ist Doktorandin im Team Agrivoltaik der Abteilung Qualifizierung.

Für die Region Almería ist der Gemüseanbau unter Plastikplanen der wichtigste Wirtschaftssektor. Die klimatischen Bedingungen mit viel Sonne sind ideal und es gibt ausreichend landwirtschaftliche Nutzfläche. Der Anbau in Gewächshäusern erlaubt es den landwirtschaftlichen Betrieben, auch mit dem wenigen vorhandenen Grundwasser Pflanzen anzubauen, die viel Wasser benötigen. Sonne gibt es hier mehr als genug, denn der Süden Spaniens ist eine der heißesten und trockensten Gegenden Europas. In großen Teilen des Jahres ist die Sonneneinstrahlung so intensiv, dass die Plastikdächer teilweise mit Kalkfarbe gestrichen werden, um die Pflanzen vor der Sonne und zu hohen Temperaturen innerhalb der Gewächshäuser zu schützen.

Plastikgewächshäuser, soweit das Auge reicht. Die Region um Almería ist eine der wichtigsten Gemüseanbauregionen in Europa.
Credit:

DLR

Die Agrivoltaik-Installation von PV-Modulen auf den Gewächshausdächern gäbe den Betrieben Strom für den Eigenbedarf und eine zusätzliche Einnahmequelle aus dem Verkauf des überschüssigen Stroms, womit sie saisonale Produktions- und Preisschwankungen teilweise ausgleichen könnten.

Ein Schachbrettmuster aus Plastikmodulen für die Verschattung

Um im Gewächshaus eine Verschattung wie die von PV-Modulen zur erzeugen, ließ die Forscherin schwarze, lichtundurchlässige Plastikplanen auf dem Dach auslegen. Das Foliendach ist durch darunterliegende Querstreben aus Metall verstärkt, so dass sie begehbar sind und auch stabil genug wären, um PV-Module leichter Bauart zu tragen. Das Gewächshaus teilte Kujawa in drei Zonen ein, über denen die schwarzen Planen in einem schachbrettartigen Muster liegen, wodurch die Verschattung je Zone variiert. Im Gewächshaus platzierte Sensoren messen, wieviel Licht bei den Pflanzen in den drei Bereichen ankommt.

Software simuliert Pflanzenwachstum und Stromerzeugung

Eine zentrale Arbeit der Dissertation ist eine von Kujawa entwickelte Agrivoltaik-Simulationssoftware mit einer exakten virtuellen Kopie des Gewächshauses. Anhand der Daten aus dem Gewächshaus kann sie nun die Software validieren. Damit ist es ihr auch möglich zu ermitteln, unter welchen Schattenbedingungen sich die Tomatenpflanzen am besten entwickeln und ab welcher Schattenmenge die Pflanzen leiden. Zudem kann sie mit Hilfe der Software berechnen, wie viel Strom die PV-Module erzeugen würden.
Mit ihrer Dissertation möchte Anna Kujawa etwas bewirken: „Seitdem ich an der Software arbeite, habe ich unglaublich viel über den Einfluss von Sonne und Licht auf das Pflanzenwachstum gelernt. Ich finde es total spannend, Wissen aus verschiedenen Disziplinen zu kombinieren, um etwas völlig Neues mit einem ganz konkreten Nutzen für die Landwirtschaft hier vor Ort zu entwickeln."

Anna Kujawa und ihr Kollege Sergio Gonzales Rodriguez im Gewächshaus von Fundación UAL-Anecoop.
Credit:

DLR

Messung von Lichteinfall und Pflanzenwachstum im Gewächshaus

Dass sie das Gewächshaus der Fundación UAL-Anecoop nutzen können, ist ein großer Glücksfall für Kujawa und das Agrivoltaik-Team des Instituts für Solarforschung. Erstmalig können sie die Verschattungseffekte nicht nur simulieren, sondern die realen Werte im Gewächshaus erfassen und die simulierten Effekte in der Praxis überprüfen.

Das Gewächshaus gehört der Fundacíon UAL-Anecoop, einer Forschungskooperation zwischen der Universität von Almeria und der Firma Anecoop. Das Experiment wird in Zusammenarbeit zwischen diesen Forschungseinrichtungen und dem DLR durchgeführt. Während das Team des DLR die Einstrahlung in den drei unterschiedlich beschatteten Zonen misst und simuliert, werden die Tomatenpflanzen von der landwirtschaftlichen Kooperative Anecoop bereit gestellt. Die Agrartechniker*innen von Anecoop untersuchen, wie sich einige der Pflanzen während des Reifeprozesses als auch am Ende der Reifezeit in den Zonen entwickeln.

Nach den Tomaten ziehen wahrscheinlich Wassermelonen ins Gewächshaus ein und Anna Kujawa wird erneut die Lichtmengen messen und den Einfluss von Licht und Schatten auf das Wachstum der Pflanzen simulieren. Das Gewächshaus bleibt also noch für eine ganze Weile ihr Teilzeitarbeitsplatz.

Kontakt

Elke Reuschenbach

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Linder Höhe, 51147 Köln-Porz