MERLIN

CNES/Illustration D. Ducros

Die deutsch-französische Klimamission

Der deutsch-französische Kleinsatellit MERLIN (Methane Remote Sensing LIDAR Mission) ist eine Klimamission, die das Treibhausgas Methan in der Erdatmosphäre beobachten soll. Mit Hilfe eines LIDAR-Instruments (Light Detecting and Ranging) wird MERLIN ab dem Jahr 2028 aus einer Höhe von rund 500 Kilometern das Treibhausgas in der Erdatmosphäre aufspüren und überwachen.

Ziel der dreijährigen Mission ist unter anderem die Erstellung einer globalen Weltkarte der Methankonzentrationen. Außerdem soll die Mission Aufschluss darüber geben, in welchen Regionen der Erde Methan in die Atmosphäre eingebracht wird (Methanquellen) und in welchen Gebieten es ihr wieder entzogen wird (Methansenken).

Warum Methan-Messungen?

Methan (CH4) ist nach Kohlendioxid (CO2) der zweitgrößte Beitrag zur anthropogenen, also von Menschen verursachten, Klimaerwärmung. Das von den Vereinten Nationen eingesetzte Wissenschaftlergremium Intergovernmental Panel for Climate Change (IPCC) bescheinigte Methan ein 25-fach höheres Potenzial zur globalen Erwärmung als CO2. Der weltweite Methangehalt stieg seit Beginn der Industrialisierung aufgrund anthropogener Emissionen auf die doppelte atmosphärische Konzentration an – der Gehalt von Kohlendioxid „ediglich um 30 Prozent.

Besonders die Daten aus der jüngsten Vergangenheit sind beunruhigend: 2007 und 2008 stieg die atmosphärische Methankonzentration wieder deutlich an, nachdem sie mehr als zehn Jahre in etwa konstant war. Seit 2015 hat sich der Anstieg pro Jahr nochmals deutlich verstärkt. Zwar gibt es verschiedene Theorien, was diesen Anstieg verursachen könnte, aber die tatsächlichen Ursachen für dieses Phänomen sind noch unbekannt. Hier soll die Mission Licht ins Dunkel bringen.

Treibhausgas Methan

Das Treibhausgas Methan entsteht in der Regel bei Fäulnisprozessen, also der Zersetzung von biologischem Material durch Mikroorganismen in einer Sauerstoff-freien Umgebung. Dies geschieht zum Beispiel im Bodenschlamm von Gewässern. Die wichtigsten natürlichen Quellen sind Feuchtgebiete, vor allem in den Tropen und den nördlichen Breiten. Die wesentlichen anthropogenen, also vom Menschen verursachten Methan-Quellen sind Erdöl- und Erdgas-Förderung, Bergbau und Mülldeponien, sowie Reisanbau und Viehhaltung.

In Zukunft könnte die Methangaskonzentration sogar noch sehr viel stärker ansteigen: Sollten im Zuge der Erderwärmung die Dauerfrostböden Russlands und Kanadas auftauen, entstehen Schmelztümpel, in denen durch Fäulnisprozesse Methan gebildet wird, das in die Atmosphäre entweicht und die Klimasituation weiter verschlimmert. Erwärmen sich durch den Klimawandel die Ozeane, so werden auch dort enorme Mengen an Methan freigesetzt, die bislang in gefrorenem Zustand als so genannte Gas-Hydrate in den Sedimentschichten der Weltmeere ruhen. Diese beiden Prozesse stellen eine große Unsicherheit in den Modellen für die zukünftige Entwicklung des Weltklimas dar.

Mit den aktuellen Klimamodellen kann nur sehr schwer und mit großer Unsicherheit berechnet werden, wie viel Methan tatsächlich in die Erdatmosphäre freigesetzt wird. Beim Auftauen von Permafrostböden beispielsweise hängt das von den Bedingungen der verschiedenen Methanbildungsprozesse ab. Bilden sich etwa Wassertümpel, so wird am Grund dieser Tümpel vor allem Methan erzeugt. Beim Auftauen des Permafrostbodens entsteht dagegen mehr Kohlenstoffdioxid. Abhilfe für diese Wissenslücke können hier ausreichend genaue Informationen zur globalen Verteilung von Methan in der unteren Erdatmosphäre schaffen, wie sie nach aktuellem Wissensstand nur von den MERLIN-Daten erwartet werden.

Um Klimaveränderungen zuverlässig vorhersagen und effektiven Klimaschutz betreiben zu können ist es dringend notwendig, den Methanzyklus besser zu verstehen. Die hochpräzise globale Vermessung und Kartierung des Methangehaltes in der Erdatmosphäre kann nur vom Weltraum aus erfolgen, da hierfür die Erde kontinuierlich und großräumig beobachtet werden muss. Besonders die Schlüsselregionen wie tropische Feuchtgebiete, Regenwälder und Permafrost-Regionen sind ohne Satelliten nur schwer zugänglich. Die Polregionen sind für herkömmliche Beobachtungen aufgrund von Bedingungen wie einem niedrigen Sonnenstand oder der Polarnacht aus dem Weltraum schwer zu erfassen. Hier kann MERLIN einen entscheidenden Beitrag zum besseren Verständnis des Methanzyklus leisten.

LIDAR funktioniert bei Tag und Nacht

Bisher wurde die globale Methankonzentration beispielsweise vom europäischen Umweltsatelliten ENVISAT mit dem Instrument SCIAMACHY, vom japanischen Satelliten GOSAT und vom Instrument TROPOMI an Bord des europäischen Umweltsatelliten Sentinel-5P beobachtet. Alle drei arbeiten mit sogenannten passiven Instrumenten. Das heißt, sie nutzen das vom Erdboden zurückgestreute Sonnenlicht, um den Spurengasgehalt (beispielsweise CH4) in der Atmosphäre zu messen. Sie sind somit auf Tageslicht angewiesen und liefern nur bei klarem Himmel optimale Messwerte.

Mit MERLIN kommt hingegen ein aktives LIDAR-Instrument zum Einsatz. Es verfügt über eine eigene „Beleuchtung“ (den Laser) und kann somit auch bei Nacht oder selbst durch dünne Zirruswolken hindurch messen. Zur Messung der Konzentration eines bestimmten Spurengases werden Lichtpulse in zwei nah beieinander liegenden Wellenlängen ausgesandt. Die eine Wellenlänge wird von dem gesuchten Spurengas absorbiert (Lambda-on), die andere nicht (Lambda-off). Aus der Differenz der beiden vom Erdboden zurück gestreuten Signale kann die Methankonzentration sehr genau bestimmt werden.

Die Messwerte, die der Satellit aufzeichnet, können von Wissenschaftlern mit Hilfe von Daten über Windgeschwindigkeiten und -richtungen in globale Methanflusskarten umgerechnet werden. Diese Methode der so genannten inversen Modellierung führt zu Darstellungen, aus denen die tatsächlichen regionalen Methanflüsse abgeleitet und verglichen werden können.

Technologie-Entwicklung aus Deutschland

Die Technologien für das LIDAR-Instrument, das auf MERLIN installiert wird, liefern deutsche Industrieunternehmen und Forschungsinstitute. In verschiedenen von der Deutschen Raumfahrtagentur und von der ESA geförderten Projekten wurde unter anderem von den Firmen Airbus Defence and Space (Ottobrunn), OHB (München), Cassidian Optronics (Oberkochem) und Jena Optronik (Jena), sowie dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (Aachen) Technologien für zukünftige LIDAR-Instrumente entwickelt und getestet.

Auf deutscher Seite liegt die wissenschaftliche Verantwortung für das Instrument bei der LIDAR-Abteilung des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre (IPA) in Oberpfaffenhofen. Sie entwickelt und betreibt bereits flugzeuggestützte LIDAR-Systeme, mit denen beispielsweise Windstärke, Wasserdampf-, Methan- oder Kohlenstoffdioxidgehalt der Atmosphäre gemessen werden. Das vom IPA entwickelte, und auf dem gleichen Messprinzip wie MERLIN basierende, Methan- und Kohlendioxid-LIDAR CHARM-F wird seit einigen Jahren bereits erfolgreich auf dem DLR-Forschungsflugzeug HALO eingesetzt, so dass diese Messmethode für die MERLIN-Mission vorab erprobt werden kann.

Zudem spürt bereits seit mehreren Jahren ein vom DLR entwickeltes LIDAR-Messinstrument, CHARM (CH4 Airborne Remote Monitoring), von einem Hubschrauber aus Methanlecks an Erdgaspipelines auf. Um Methan weltweit auf die Spur zu kommen, soll die Messgenauigkeit dieses LIDARs verbessert werden und auf MERLIN zum Einsatz kommen.

MERLIN: ein deutsch-französischer Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels

Die Mission ist das erste gemeinsame Projekt von Deutschland und Frankreich im Bereich Erdbeobachtung seit dem Jahr 1994. Sie wurde von beiden Nationen im Rahmen der deutsch-französischen Ministerratskonferenz im Februar 2010 beschlossen. Mit diesem Schritt haben sich die beiden größten Raumfahrtnationen Europas entschieden, durch ihre Raumfahrtagenturen CNES und DLR einen sichtbaren Beitrag zum besseren Verständnis der Ursachen des Klimawandels zu leisten.

Frankreich ist mit dem Gesamtsystem und dem Satellitenbus - einer sogenannten MYRIADE Evolutions-Plattform – sowie dem Betrieb des Satelliten und mit der Startrakete betraut. Deutschland entwickelt das Methan-LIDAR-Instrument an Bord des Satelliten. Beide Nationen kümmern sich gemeinsam um das Nutzlastbodensegment und die wissenschaftliche Auswertung der Methandaten.

In den Jahren 2010 bis 2015 wurde gemeinsam von CNES und Deutscher Raumfahrtagentur im DLR eine wissenschaftliche Konzept- und eine technische Machbarkeitsstudie erstellt sowie das vorläufige technische Design für das Satellitensystem erarbeitet. Die finale Designphase wurde im Jahr 2020 erfolgreich abgeschlossen. Im Jahr 2028 soll der Satellit in den Weltraum starten. Seitdem befindet sich das Projekt in der Bauphase. Hauptauftragnehmer ist weiterhin die Airbus Defense and Space GmbH in Ottobrunn, unterstützt durch mehrere Unterauftragnehmer, insbesondere das Fraunhofer Institut für Lasertechnik Aachen,das für das Laser-Subsystem verantwortlich ist.

  
Start
2028
Orbithöhe
ca. 500 km
Orbittyp
niedriger polarer sonnensynchroner Orbit
LTAN
6 h (alternativ 18 h)
Satellitenmasse
ca. 430 kg
Satellitengröße
ca. 1000 x 1000 x 1400 mm
Instrument
Methan LIDAR (aus Deutschland)
Messprinzip
Integrated Path Differential Absorption (IPDA) LIDAR
Instrumentenmasse
ca. 150 kg
Instrumentengröße
ca. 820 x 830 x 1010 mm
Satellitenbus
MYRIADE Evolution (aus Frankreich)
Energieverbrauch LIDAR
ca. 150 W
Laserwellenlängen
1645.552 nm (lamdba-on)/1645.846 nm (lambda-off)
Pulsenergie Laser
9 mJ
Pulsrate Laser
20 Hz (Doppelpuls)
Missionsdauer
3 Jahre

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Kontakt

Dr. Matthias Alpers

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Erdbeobachtung
Königswinterer Str. 522-524, 53227 Bonn