GESTRA

Ein mobiles Weltraumradar aus Deutschland

Das German Experimental Surveillance and Tracking Radar (GESTRA) ist ein Radarsystem zur Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltall, wie etwa Satelliten, Raumfahrzeugen oder Weltraumschrott. So ist es etwa möglich, Raumfahrtsysteme oder die Internationale Raumstation ISS durch rechtzeitige Warnung vor einer Kollision mit Schrotteilchen zu schützen. Schätzungen zufolge umkreisen derzeit bereits mehr als 128 Millionen kleinster Partikel die Erde und stellen bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde eine Gefährdung für aktive Weltraumtechnologien dar.

Das GESTRA-Radar, das die größeren dieser Objekte erfassen kann, arbeitet im Mikrowellenbereich und erkundet den niedrigen Erdorbit in einer Höhe von 300 bis 3000 Kilometern – also dem Bereich, in dem sich die meisten Satelliten und die ISS befinden. Das System soll im Januar 2021 mit voller Leistungsfähigkeit in Betrieb genommen werden.

Antennenanlage von GESTRA
Die Sende- und Empfangsanlagen von GESTRA bestehen aus 256 Einzelantennen, die derart verknüpft werden, dass sich die gewünschte Strahlrichtung in Sekundenbruchteilen einstellt.

Aufbau eines nationalen und europäischen Bahndatenkatalogs

Mit Hilfe der von GESTRA gewonnenen Radardaten soll ein nationaler Bahndatenkatalog erstellt werden. In diesem Verzeichnis werden alle erfassten Weltraumobjekte aufgelistet und deren Daten kontinuierlich aktualisiert.

Im Rahmen des Projektes EUSST (European Space Surveillance and Tracking) soll mit Hilfe der Daten von GESTRA und weiterer Radarsysteme zudem ein europäischer Bahndatenkatalog erstellt werden. Die GESTRA-Daten werden zudem für weitere wissenschaftliche Forschungsprojekte zur Verfügung gestellt.

Eine der Besonderheiten von GESTRA liegt in der Mobilität des Systems. Es besteht aus zwei Einheiten (Sheltern) – dem Sende- sowie dem Empfangs-Shelter. Durch diese Aufteilung kann es relativ einfach per Schwertransport an verschiedene Aufstellorte verbracht werden. Die beiden Einheiten werden dort in einem Abstand von etwa 100 Metern aufgestellt. Derzeit befindet sich die Anlage auf der Schmidtenhöhe bei Koblenz.

Video: Weltraumschrott als Gefahr für die Raumfahrt – mehr Sicherheit durch das Weltraumradar GESTRA
Im erdnahen Weltraum ziehen mehrere tausend Satelliten, Raumfahrzeuge und andere Objekte ihre Bahnen. In diesem Bereich befinden sich aber auch hunderttausende Teile Weltraumschrott: Insgesamt handelt es sich dabei um rund 8.000 Tonnen Material. Der größte Teil davon – etwa 75 Prozent – befindet sich auf niedrigen Orbits zwischen 200 und 2000 Kilometern Höhe, im sogenannten „Low Earth Orbit“ (LEO). Eine Kollision mit Weltrauminfrastruktur stellt damit ein hohes Risiko dar. Auch die Internationale Raumstation ISS, die auf einem Orbit in rund 400 Kilometern Höhe kreist, ist davon betroffen. Um Kollisionen so weit wie möglich zu vermeiden, werden kontinuierlich verlässliche Daten zur Weltraumlage benötigt. Hierzu werden Radarsysteme wie GESTRA benötigt.

256 Einzelantennen ermöglichen eine hohe Flexibilität

Antenne mit 3D-Positionierer
Sende- und Enpfangsantenne können mit Hilfe eines 3D-Positionierers in alle gewünschten Richtungen ausgerichtet werden.

Ein weiterer Vorteil von GESTRA ist die hochflexible und schnelle Ausrichtung des Radarstrahls. Die Sende- und Empfangsanlagen bestehen aus 256 Einzelantennen, die innerhalb einer kreisförmigen ebenen Fläche eingelassen sind.

Die Signale der Einzelstrahler können derart verknüpft werden, dass sich die gewünschte Strahlrichtung in Sekundenbruchteilen einstellt. Beide Antennen können zusätzlich in alle gewünschten Richtungen ausgerichtet werden. Die vom System aufgenommenen Daten werden von einem Radarprozessor gesammelt und analysiert und anschließend zum Weltraumlagezentrum in Uedem übertragen, welches das GESTRA-Radarsystem betreibt.

Entwickelt wurde GESTRA vom Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR). Die Finanzierung erfolgte durch die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Betrieben wird das Radarsystem zukünftig vom ressortgemeinsamen Weltraumlagezentrum in Uedem, welches vom BMWK und vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) finanziert wird. Die Finanzierung des GESTRA-Betriebs erfolgt durch das BMVg.

GESTRA-Lizensierung

Die Fraunhofer-Gesellschaft FhG beabsichtigt die Vergabe der Lizenz zur Verwertung der GESTRA-Technologien für Weltraumüberwachungs- und Bahnverfolgungsradare, inklusive des Einsatzes als Luftraumüberwachungs- und Raketenabwehrradar. Die GESTRA-Technologien weisen aktuell einen TRL-Stand (Technology Readiness Level) von 6 bis 7 auf und sind durch eine Vielzahl von Patenten sowie Urheberrechten und Know-how als Intellectual Property geschützt.

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Kontakt

Dr. Thomas Eversberg

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Weltraumlage
Königswinterer Straße 522-524, 53227 Bonn