Missionsvorbereitung in der Erdbeobachtung

Um die zukünftige nationale Erdbeobachtung strategisch aufzustellen, werden in der deutschen Raumfahrtagentur im DLR verschiedene innovative Missionskonzepte eingehender auf ihre Machbarkeit hin untersucht. Die zu untersuchenden Missionen haben verschiedene Schwerpunkte in ihrem Umfang, der Systemauslegung und den Erdbeobachtungsdaten, die durch die Satelliten erzeugt werden sollen. Insbesondere wird zwischen institutionellen Missionen und Kleinmissionen unterschieden. Erstere stellen höchste Anforderungen an Datenqualität, technologische Exzellenz und damit auch Systemqualifikation, wobei sich Letztere auf eine schnellere Umsetzung entlang von NewSpace-Missionsphilosophien und damit schnellere Datenbedarfsdeckung fokussieren.

Die Missionsvorbereitung hat das Ziel, mögliche Satellitenmissionskonzepte auf ihre Machbarkeit hinsichtlich Kosten, Technologiereife, Bedarfsdeckung der Datennutzer und Umsetzbarkeit hin zu überprüfen. Im Falle von positiven Ergebnissen könnten Missionskonzepte für Folgephasen empfohlen werden.

Logo HyperEarth
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OHB System AG

Mit der Mission HyperEarth präsentiert die OHB System AG eine hyperspektrale Satellitenkonstellation, die durch ihre hohe zeitliche und räumliche Auflösung sowie exzellente Datenqualität bestehende Lücken in der Erdbeobachtung schließen und gezielt auf konkrete Anforderungen von Nutzerinnen und Nutzern reagieren soll. Die Mission HyperEarth verfolgt vorrangig das Ziel, Behörden sowie Forschungs- und Bildungseinrichtungen in Deutschland besser mit hyperspektralen Erdbeobachtungsdaten versorgen zu können. Diese Daten würden eine fundierte Grundlage für faktenbasierte Entscheidungen in den Bereichen Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz bilden. Die von HyperEarth gelieferten Informationen sollen ein breites Spektrum gesellschaftlich relevanter Anwendungen – von nachhaltiger Landwirtschaft und Ernährungssicherheit über die Beobachtung des Klimawandels und der Ökosysteme bis hin zur urbanen Entwicklung, dem Management von Naturgefahren und der zivilen Sicherheit eröffnen.

Logo VeggieH
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Airbus Defence and Space GmbH, GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung

VeggieH (High-Resolution 4D Vegetation-LIDAR) soll drei wissenschaftliche Fragestellungen beantworten:

  • Wie ist der Kohlenstoffspeicher in Wäldern global verteilt und wie verändert sich diese Verteilung?
  • Welche Auswirkungen haben Klimawandel und anthropogene Einflüsse auf Vegetationsstruktur, -wachstum und Störungsereignisse?
  • Welches Ausmaß und welche Folgen haben kritische Veränderungen der Landoberfläche für Mensch, Umwelt und Klima?

Zur Beantwortung dieser Fragen soll VeggieH Lasermessungen und multispektrale Bildgebung kombinieren, um sowohl strukturelle als auch biogeochemische Eigenschaften von Vegetation und Landoberfläche mit hoher räumlicher Auflösung und kontinuierlicher zeitlicher Abdeckung zu erfassen.

Diese Daten würden eine verbesserte Quantifizierung des in der Vegetation oberirdisch gespeicherten Kohlenstoffs sowie eine systematische Analyse der strukturellen und biogeochemischen Auswirkungen von Vegetationsstörungen und -regeneration ermöglichen. Darüber hinaus würden sie zum Verständnis weiterer kritischer Veränderungen an der Landoberfläche beitragen, etwa klimabedingter Deformationen (z. B. Permafrostdegradation, Subsidenz) und extremer Ereignisse wie Brände, Erdbeben sowie Erdrutsche.

Ausgehend von der Erfahrung mit laufenden Entwicklungen für MERLIN und früheren Laserentwicklungen untersucht Airbus zusammen mit der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), dem Helmholtz-Zentrum für Geoforschung (GFZ) und dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) die Machbarkeit der VeggieH Mission. Von Hoerner & Sulger (vH&S) steuert im Unterauftrag des ILT ihre spezifische Erfahrung für Laserelektronik bei.

Logo SENSORIS
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IAT, ZARM, DLR-ISI

SENSORIS – abgeleitet aus dem Lateinischen Mensoris („Die Vermesser“) – ist eine Forschungsmission des Institute of Aerospace Technology der Hochschule Bremen (IAT) und dem Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation der Universität Bremen (ZARM), welche vom DLR-Institut für Satellitengeodäsie und Inertialsensorik unterstützt wird. Das Ziel der Mission ist eine tägliche Vermessung des Erdschwerefeldes im NewSpace Ansatz zur schnelleren, günstigeren und flexibleren Datengewinnung für Forschung, Sicherheit und Ressourcenmanagement. Die SENSORIS-Konstellation würde in der ersten Entwicklungsstufe zwölf 3U CubeSats umfassen, welche mit GNSS-Empfängern ausgestattet sind. Die gewonnenen Daten sollen bestehende Geodäsiemissionen wie GRACE-C oder NGGM komplementieren und dadurch das Problem der lückenhaften Hintergrundmodellierung adressieren.

Logo ODEM
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Universität Stuttgart, DLR, SAT.IO GmbH

Atomarer Sauerstoff spielt eine wichtige Rolle für die Photochemie und die Kühlung der oberen Erdatmosphäre. Das Ziel der ODEM-(Oxygen Detection in Earth’s Meso- and Thermosphere) Mission ist die Messung globaler Daten der Höhenverteilung und der Konzentration des atomaren Sauerstoffs in der Meso- und Thermsosphäre (MLT). Eine genaue Kenntnis der globalen Verteilung atomaren Sauerstoffs und seines Höhenprofils sowie der täglichen und jährlichen Schwankungen ist für das Verständnis der Photochemie, des Energiehaushalts und der Dynamik der MLT von zentraler Bedeutung. Das Beobachtungskonzept nutzt die spektral hochaufgelöste Messung der 2.06 THz Emissionslinie von atomarem Sauerstoff im Limb-View Verfahren mit einem Heterodynspektrometer von einem Kleinsatelliten im niedrigen Erdorbit. Die ODEM-Mission würde die erste Mission sein, die diesen Bedarf bedient. Die Universität Stuttgart mit ihrem Institut für Raumfahrtsysteme führt ODEM zusammen mit dem DLR-Institut für Weltraumforschung in Berlin und dem Unternehmen sat.io durch.

Logo MUSE
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constellr GmbH

Die MUSE-Mission (Multispektrale Ultrahochauflösende Satellitenmission zur Umweltkartierung und -überwachung) zielt darauf ab, Klimawandel, Biodiversitätsverlust und städtische Überhitzung präzise zu erfassen. Ausgestattet mit multispektralen Sensoren in den Bereichen VNIR, SWIR und TIR, soll sie hochaufgelöste Bilddaten (≤ 2 m VIS, ≤ 5 m SWIR, ≤ 20 m TIR) in kurzer Wiederholzeit liefern. Mit diesem neuartigen Kanaldesign würden sich Schutzgebiete, urbane Wärmeinseln und Umweltverschmutzungen lückenlos beobachten und Entwicklungen frühzeitig erkennen lassen. Durch die Bereitstellung großflächiger, zeitnaher und belastbarer Daten soll MUSE die Entscheidungsgrundlagen für Klimaanpassung, Biodiversitätsstrategien und nachhaltige Raumplanung stärken. Die Mission soll bestehende Fernerkundungslücken schließen, Deutschlands Datensouveränität und den Ausbau wissenschaftlich-technologischer Kapazitäten fördern. Als skalierbares System ist MUSE zudem auf eine spätere Konstellationserweiterung vorbereitet. Die constellr GmbH und das GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung bündeln ihre komplementären Kompetenzen für dieses Projekt.

Logo Mission Boltzmann
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OroraTech GmbH

Die Mission Boltzmann (benannt nach Ludwig Boltzmann) verfolgt das Ziel, Deutschlands führende Rolle in der thermalen Erdbeobachtung zu stärken und hochauflösende, zeitlich eng getaktete Wärmedaten zur Analyse klimarelevanter Prozesse bereitzustellen. Eine Konstellation aus vier Satelliten soll thermale Messdaten mit bis zu 50 m Auflösung erfassen. Neuartig wäre die Kombination mit synthetischer Apertur-Thermalbildgebung zur tomographischen Beobachtung dynamischer Umweltprozesse.

Dieses innovative Verfahren kombiniert abgestimmte Mehrfachaufnahmen mit mehreren Spektralkanälen und ermöglicht so eine höhere Bodenauflösung für vielfältige Anwendungen – von der Erkennung von Hot-Spots unter dichtem Blätterdach über Waldbrand- und Vegetationsstress-Monitoring bis hin zu Urban-Heat-Analysen, Extremwetter-Tomographie und Szenarien, die relevant für den Zivilschutz sind.

Es ist eine Zusammenarbeit mit folgenden Beteiligten geplant:

  • Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) im DLR
  • Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung / Professur für Erdbeobachtung der Universität der Bundeswehr München
  • Institut für Geographie und Geologie, Earth Observation Research Cluster (EORC) der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
  • Robert Koch-Institut
  • European Forest Institute
  • Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.

Kontakt

Robert Partsch

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Erdbeobachtung
Königswinterer Straße 522-524, 53227 Bonn