Experiment zu Strömungen in Halbleiterschmelzen (SoCaCo)
In vielen Gebieten der modernen Technologie werden kristalline Materialien hoher Qualität benötigt. Einige Beispiele für den Einsatz solcher Kristalle sind u.a. in Bauelementen für die erneuerbaren Energien wie Solarzellen oder Thermoelektrika, Strahlungsdetektoren, Mikrochips, Leuchtdioden und Laser. Viele dieser technisch wichtigen Halbleiterkristalle, wie auch Silizium oder Germanium, werden normalerweise aus der Schmelze gezüchtet. Bei diesen Züchtungsverfahren ist oftmals eine freie Schmelzoberfläche vorhanden. Frühere Experimente auf der Erde und unter Schwerelosigkeit haben gezeigt, dass die Temperaturabhängigkeit der Oberflächenspannung einen schwerkraftunabhängigen Massentransport antreibt, die so genannte thermische Marangonikonvektion. Diese Konvektion beeinflusst das Kristallwachstum, die Verteilung von Fremdstoffen und damit auch die Kristallqualität erheblich.
Für bestimmte Anwendungen werden aber nicht nur Halbleiter bestehend aus einem einzelnen Element, sondern Mischkristalle zweier oder mehrerer Elemente benötigt, so etwa aus dem System Germanium-Silizium. Hier existiert neben der o.g. thermischen Marangonikonvektion noch eine zusätzliche Konvektionsart, die durch lokale Konzentrationsunterschiede der Einzelkomponenten in der Schmelze angetrieben wird und einen ähnlich erheblichen Einfluss auf das Kristallwachstum hat wie die thermisch getriebene Marangonikonvektion. Diese Konzentrationsunterschiede werden dadurch verursacht, dass sich der Kristall in der festen Phase in einem anderen Verhältnis der Komponenten zusammensetzt als die flüssige Phase, d.h. ein Element wird bevorzugt eingebaut, das andere reichert sich in der flüssigen Phase an. Dieses Phänomen nennt man Segregation. Die so genannte solutale Marangonikonvektion wurde bislang kaum untersucht.
Für die quantitativen Untersuchungen der solutalen Marangonikonvektion wurde das System Germanium-Silizium gewählt, da diese hier besonders stark ausgeprägt ist. Das liegt daran, dass die Oberflächenspannung von Silizium gut 30 Prozent höher ist als die von Germanium. In dem hier gewählten Experimentaufbau verläuft die Strömungsrichtung entgegengesetzt zur thermischen Marangonikonvektion. Das Zusammenspiel beider Konvektionsarten beeinflusst das Kristallwachstum stark, wie etwa die Form der Grenze zwischen dem festen und dem flüssigen Anteil.
In dem Parabelflugexperiment soll diese solutale Marangonikonvektion unbeeinflusst von schwerkraftgetriebenen Auftriebskonvektion untersucht werden. Hierzu werden Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung in einer dünnen Schicht wiederholt schnell kristallisiert. Gleichzeitig wird die dabei auftretende, fluidale Strömung über Tracerpartikel sichtbar gemacht und mittels einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgezeichnet. Die durch Auswertung der Bilder und Temperaturdaten gewonnenen neuen Daten und Informationen können dann in die Prozessmodellierung und direkt in die Kristallzüchtung einfließen.