Untersuchungen zur Rolle von cAMP bei der Wahrnehmung von Licht- und Schwerkraft bei dem Einzeller Euglena gracilis

Euglena gracilis ist ein einzelliger Süßwasserflagellat, welcher eine zunehmend wichtige Rolle in der Biotechnologie spielt. Die sich rasch vermehrenden Zellen liefern biotechnologisch und medizinisch bedeutsame Substanzen mit breitem Anwendungsspektrum. Inzwischen gibt es sogar eine japanische Firma (euglena Co., Ltd.), welche Euglena gracilis in Massen produziert und wertvolle Euglena-Produkte anbietet. Die Grundlagenforschung zum Orientierungsverhalten der Zellen bezüglich Licht und Schwerkraft ist daher auch von Bedeutung, um die Massenproduktion dieser Alge zu optimieren.

Euglena gracilis zeigt mehrere bedeutende Bewegungsreaktionen: Im Dunklen schwimmen die Zellen mit Hilfe einer Schleppgeißel gerichtet nach oben (negative Gravitaxis). Sie schwimmen auf schwache Lichtquellen zu (positive Phototaxis) und von starken Lichtquellen weg (negative Phototaxis). Außerdem zeigen die Zellen bei plötzlicher Veränderung der Lichtintensität ein Taumelverhalten (photophobische Reaktion). Allen Bewegungsreaktionen liegen physiologische Signalperzeptions- und Signaltransduktionsmechanismen zugrunde. An beiden Signalwegen ist der sekundäre Botenstoff cAMP (zyklisches AMP) beteiligt. Bei der Vorwärtsbewegung werden durch gleichzeitige Rotation des Zellkörpers Signale moduliert, welche Informationen bezüglich Lichtrichtung und Erdschwerkraft (Beschleunigungskräfte) vermitteln. Die Zelle rotieren bei der Vorwärtsbewegung um die eigene Längsachse, wodurch periodisch cAMP enzymatisch auf- und wieder abgebaut wird. Bei der Gravitaxis wird diese cAMP-Oszillation wahrscheinlich zunächst durch asymmetrisch in der Zellmembran verankerte Ionenkanäle ausgelöst, welche eine Signalkaskade auslösen in deren Verlauf unter anderem auch die cAMP-Konzentration verändert wird. Bei der Phototaxis wird vermutet, dass der Photorezeptor am Vorderende der Zellen periodisch durch den sogenannten Augenfleck beschattet wird, wodurch sich die absorbierte Strahlung verringert. Der Photorezeptor erzeugt bei Blaulichtbestrahlung cAMP aus ATP. Als Antagonisten bauen Phosphodiesterasen cAMP wieder ab. Es wird also cAMP erzeugt, wenn der Photorezeptor dem Licht zugewandt ist und cAMP abgebaut, wenn er beschattet wird. Da sich die Zellen einmal in der Sekunde um die eigene Achse drehen, müssen diese Prozesse sehr schnell ablaufen. Als nötiger Zeitraum für eine Signaländerung, sowohl für den Anstieg der cAMP-Konzentration im Licht, als auch dem Abbau von cAMP beim Übergang von hell zu dunkel, wurde ein Zeitbereich zwischen 100 – 200 Millisekunden ermittelt, also ausreichend, um innerhalb einer Zelldrehung ein gerichtetes Signal zu erzeugen. Da sich die Signalwege der Licht- bzw. Schwerkraftwahrnehmung überschneiden, soll in den Flugexperimenten unter anderem eine mögliche Interaktion derselben untersucht werden. Die Perzeption des Lichts und die darauffolgenden Signaltransduktionskaskaden lassen sich während der µg-Phasen getrennt von der der Beschleunigung untersuchen (nur in Mikrogravitation, lassen sich gravitationsabhängige Prozesse ausschalten). Der Signalweg der Gravitaxis kann so gesondert in Dunkelheit und µg untersucht werden.

Dazu werden in Dunkelheit inkubierte Zellen nach genau definierten Beleuchtungszeiten bzw. Zellen, welche beleuchtet werden, nach definierten Dunkelphasen fixiert. Anschließend wird der cAMP-Gehalt bestimmt, um die Zeitkonstanten der cAMP-Synthese bzw. des cAMP-Abbaus zu bestimmen. Die Auswertung der cAMP-Konzentration der Proben erfolgt im Labor mittels ELISA-Tests. Bereits in früheren Parabelflugkampagnen konnten Unterschiede zwischen beschleunigten Zellen und Zellen unter µg beobachtet werden. Besonders ausgeprägt war der Unterschied zwischen beleuchteten und nicht beleuchteten Zellen. Die bereits erzielten Ergebnisse sollen durch diese Kampagne weiter abgesichert und erweitert werden. Wir erhoffen uns weitere Daten zur Kinetik der einzelnen Signalwege (Licht bzw. Schwerkraft) und deren gegenseitigen Beeinflussung, wenn Licht und Schwerkraft gemeinsam auf die Zellen wirken.