ARTIFACTS – Identifikation gravitationsbedingter Artefakte ballistokardiographischer Signale im Vergleich Schwerelosigkeit und bei normaler Gravitation
Ballistokardiographie (BCG) und Seismokardiographie (SCG) nutzen Sensoren, um kleinste Beschleunigungen der Körperoberfläche zu erfassen, die durch den Herzschlag und den Blutfluss entstehen. Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf die Herzfunktion ziehen. Ein grundlegendes Problem dieser Verfahren besteht jedoch darin, dass unerwünschte Bewegungen der Sensoren das Signal verfälschen und die Interpretation erschweren. Die Schwerkraft beeinflusst die Sensoren, indem sie diese durch den Herzschlag kippen und drehen lässt, was zu Beschleunigungsartefakten führt. Diese können fehlerhafte Messwerte verursachen. In Schwerelosigkeit (Mikrogravitation) sollte dieses Problem nicht auftreten – diese Annahme bildet die Grundlage der Parabelflugstudie.
Die Untersuchung verfolgt mehrere zentrale Ziele. Zunächst soll erforscht werden, wie Störsignale im Ballistokardiogramm (BCG) und Seismokardiogramm (SCG) entstehen und sich auf die Messungen auswirken. Basierend auf diesen Erkenntnissen sollen Modelle entwickelt werden, die das „reine“ Signal ohne störende Einflüsse beschreiben. Zudem ist die Entwicklung von Methoden zur rechnerischen Korrektur dieser Störsignale ein weiteres Ziel. Langfristig soll dieses Wissen dazu beitragen, die automatische Analyse von BCG-Signalen zu verbessern – insbesondere im Hinblick auf zukünftige Weltraummissionen, bei denen eine zuverlässige Gesundheitsüberwachung der Astronauten essenziell ist.
An der Studie nehmen vier gesunde Personen – drei Männer und eine Frau – teil. Während mehrerer Parabelflüge im Juni 2025, werden Sensorbeschleunigungen, die durch die Herzkreislauffunktion entstehen, mit Sensoren erfasst. Die Sensoren zeichnen sowohl die durch das Herz erzeugten translatorischen Bewegungen als begleitende rotatorische Sensoreigenbeschleunigungen auf. Ziel der Analyse ist es, beide Arten von Bewegungen im Signal zu unterscheiden.
Die Untersuchung erfolgt mit 6-DOF-Sensoren, die sowohl Beschleunigungen als auch Winkelgeschwindigkeiten messen. Diese Sensoren werden an drei spezifischen Körperstellen angebracht: am Brustbein (Sternum), an der Herzspitze und am unteren Rücken. Ergänzend wird ein EKG eingesetzt, um die Messungen mit den elektrischen Signalen des Herzens abzugleichen und eine präzisere Analyse zu ermöglichen. Zur Gewinnung von Vergleichswerten werden zusätzlich Referenzsensoren auf dem Boden des Flugzeugs platziert. Sie dienen als stabile Messpunkte, um Veränderungen durch Körperbewegungen besser zu identifizieren.
Diese Forschung trägt dazu bei, Störfaktoren in kardiologischen Messmethoden besser zu verstehen und eine genauere sowie weniger invasive Möglichkeit zur Überwachung der Herzfunktion zu entwickeln. Besonders für Weltraummissionen könnte dies von großem Nutzen sein, da herkömmliche kardiologische Untersuchungsmethoden in Schwerelosigkeit nur eingeschränkt anwendbar sind.