Experiment auf dem 44. DLR-Parabelflug im Juni 2025

EuFlag - Parabelflug zur Untersuchung von Gravitaxis-Mutanten - Geißelschlag und Bewegungsanalyse von Euglena gracilis

Wissenschaftliches Ziel

Euglena gracilis ist ein einzelliger Süßwasserflagellat, der physiologische Reaktionen sowohl auf Schwerkraft als auch auf Licht zeigt. Die Zellen zeigen eine präzise Bewegung entlang des Schwerkraftvektors, ein Phänomen, das als Gravitaxis bekannt ist, sowie eine gerichtete Bewegung in Richtung einer Lichtquelle (Phototaxis).

In früheren Parabelflug-Kampagnen zeigten sich deutliche Veränderung im Geißelschlagmuster von Euglena gracilis, die eindeutig auf Veränderungen der Beschleunigung zurückzuführen ist. Die Reaktionen auf Licht und Schwerkraft werden durch Signaltransduktionswege vermittelt, an denen mehrere molekulare Komponenten beteiligt sind. In den letzten Jahren wurden mehrere Proteine, die an der Gravitaxis und Phototaxis beteiligt sind, durch CRISPR/Cas9-vermittelte Mutagenese gezielt verändert.

Phototaxis-Mutanten sind leicht erkennbar, da sie kein phototaktisches Verhalten zeigen. Im Gegensatz dazu sind Gravitaxis-Mutanten schwieriger zu charakterisieren. Nur junge Zellen (<12 Tage) mit einer verlängerten Zellform zeigen im Vergleich zu Wildtyp-Kontrollen ein deutlich erkennbares gravitaktisches Verhalten. Beim Übergang zu einer statischen Kulturphase nehmen die Zellen eine eher tropfenförmige Morphologie an. Diese Veränderung führt zu einem schwerkraftinduzierten Ausrichteeffekt, der zusätzlich zur physiologischen Orientierung entlang des Schwerkraftvektors ein passives Aufwärtsschwimmen bewirkt.

Während der Parabelflugexperimente werden die Schlagmuster der Geißeln unter Mikrogravitation (µg) und in anschließenden Beschleunigungsphasen analysiert, um die Auswirkungen bestimmter Mutationen auf die Geißelbewegung zu bewerten. Die Kampagne soll die eindeutige Identifizierung von Mutanten erleichtern und die Auswirkungen von Mutationen auf das Geißelschlagmuster erhellen.

Technische Beschreibung des Experiments

Ein hochauflösendes Mikroskop (Biozero BZ-8000, Keyence, Japan) und vier kleinere Mikroskope werden verwendet, um Euglena gracilis-Zellen unter verschiedenen Beschleunigungsbedingungen zu beobachten und aufzuzeichnen. Das Biozero BZ-8000 wird über einen Laptop bedient, der auch zur Aufnahme und Speicherung von Videos der Zellen diente.

Die vier kleineren Mikroskope sind mit hochwertigen Analogkameras (WATEX WAT-902B) ausgestattet. Die Videosignale werden mit Framegrabbern digitalisiert und die Bilder werden auf CDs gespeichert.

Nach dem Flug werden die aufgezeichneten Videos mit einer speziell entwickelten Tracking-Software ausgewertet. Darüber hinaus werden die Positionen und Schlagmuster der Geißeln manuell aufgezeichnet.

Anwendung der Forschung

In den letzten Jahren hat Euglena gracilis aufgrund seines beträchtlichen wirtschaftlichen Potenzials zunehmende Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dieser Einzeller produziert eine Reihe wertvoller Biomoleküle, die für Anwendungen im medizinischen Bereich, im Technologiesektor und in der Lebensmittelindustrie von Interesse sind. Obwohl die beschriebenen Experimente nicht direkt auf die angewandte Forschung abzielen, tragen die Entwicklung neuartiger CRISPR/Cas9-Techniken, die Erzeugung und Analyse spezifischer Mutanten und die Untersuchung intrazellulärer Signaltransduktionswege in Euglena gracilis zu einem tieferen Verständnis der Physiologie dieser Art bei. Solche grundlegenden Erkenntnisse können die Entwicklung effizienter Algenkultursysteme unterstützen und neue Ansätze zum Einsatz von Euglena gracilis in der Biotechnologie ermöglichen.