Forschungsinfrastruktur

Alleinstellungsmerkmale von Forschungsflugzeugen

Luftfahrzeuge, die als Forschungsplattform genutzt werden, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dabei hat die Wissenschaft gewisse Grundbedürfnisse und Anforderungen an das Luftfahrzeug, je nachdem ob es selbst Gegenstand der Forschung ist oder als Messplattform zur Erforschung seiner Umgebung eingesetzt wird.

Diese Anforderungen können sehr hoch sein und oft nur mit erheblichem Aufwand bei Um- und Ausrüstung des Basisluftfahrzeuges erfüllt werden. Umgekehrt lässt sich festhalten, dass ein nicht oder unzureichend modifiziertes Luftfahrzeug für die Forschung ungeeignet ist. Das gleiche gilt, wenn es zu den Modifikationen keine angemessene Interface-Dokumentation gibt.

Bei den Modifikationen handelt es sich fast ausschließlich um eigens für die jeweilige Forschungsanwendung entwickelte Einzelstückänderungen und -Ausrüstungen.
Beispiele für die Expertise des DLR:

  1. Datenerhebung zum Status und der Charakterisierung des Flugzeuges: Avionikschnittstellen, experimentelle IRS, zusätzliche Dehnmessstreifen und Beschleunigungssensorik an der Struktur, Strömungssonden für Drücke und Anströmwinkel.
  2. Messung von Atmosphärendaten zur Beschreibung der Umgebung und der Umrechnung von Daten der wissenschaftlichen Instrumentierung auf die Außenbedingungen(Genauigkeit ist also kritisch). Außerdem Winddaten für direkte wissenschaftlicheNutzung: Nasenmast mit Präzisionsinstrumentierung (schnell+genau), Temperatursensorik, hochgenaue Lagereferenz-Plattformen
  3. Möglichkeit der Probenentnahme aus der Außenluft (Voraussetzung für In-Situ-Instrumente): Standardisierte Öffnungen mit Einlasssystemen. Diese müssen die Fähigkeit besitzen, entsprechende Trägheits- und Luftkräfte aufzunehmen bis zum Crashfall, bzw. Vogel- und Blitzschlag. Interface Dokumentation für Wissenschaft und Entwicklungsbetrieb (Einleitung von Momenten + Lasten), um solche Modifikationen überhaupt zu entwickeln. Der Aufwand steigt dabei deutlich bei Flugzeugen mit Druckkabine
  4. Schnittstellen für optische Instrumente: Öffnungen mit großen Durchmesser, um hochwertige optische Fenster zu installieren und entsprechende Optiken zu halten.Mehrere Fenster nach oben, unten und zur Seite.
  5. Hardpoints, um Instrumente im Außenbereich anzubringen: zum Beispiel Radarsysteme, Antennen, Radiometer, Spezialsonden. Zum Teil mit der Möglichkeit externer Verkleidungen (Belly-Pod, Radomes für Hochfrequenztechnik). Auch hier ist die Schnittstellendokumentation von hoher Bedeutung.
  6. Unterbringung von Instrumenten in der freien Strömung am Flügel. Hardpoints fürPartikelsonden und -sensorik, die direkt in der Strömung stehen muss, oder für optische Sensoren, die (ungestört) in Flugrichtung schauen müssen.
  7. Vorbereitung für Kabelverlegungen zu/von den Instrumenten hin zu Messanlagen(Daten und Stromversorgung). Dazu zählen Leerrohre, Druckdurchführungen, PowerInterfaces an zum Teil sehr ausgefallenen und schwierig zu realisierenden Stellen.
  8. Erweiterte Befestigungsmöglichkeiten für Messgestelle und Instrumente in der Kabine: Zusätzliche Sitzschienen, spezielle Hardpoints, gegebenenfalls Verstärkungen, um größereLasten aufzunehmen.
  9. Spezielles Mission Power System. Dies möglichst komplett abgetrennt vom Basissystem des Flugzeuges und mit besonderer Überwachung der Spannungsstabilität undggf. Notabschaltung. Zusatzgeneratoren falls erforderlich.
  10. Daten-Up/Downlink für die Verfolgung/Lenkung der Flüge vom Boden aus.

Der Engineering- und Umrüstaufwand für solche Änderungen ist enorm und kann den Preis des Basisluftfahrzeuges um ein mehrfaches übersteigen. Dementsprechend lang sind auch die Vorlaufzeiten und Phasen der Beschaffung eines Luftfahrzeuges mit komplexen Modifikationen. Bei HALO zog sich die Beschaffung beispielsweise über zehn Jahre, wovon alleine drei Jahre auf die Modifizierung des Flugzeuges entfielen.

Diese Modifikationen, welche zum einen Teil durch den Hersteller und zum anderen Teil durch den FX-Entwicklungsbetrieb durchgeführt und zugelassen werden, machen die Luftfahrzeuge zu exklusiven Einzelstücken. Sie erfüllen damit im wissenschaftlichen Wettbewerb häufiger als andere Luftfahrzeuge die Anforderungen. Daher kommen für bestimmte Experimente weltweit oft nur einzelne Luftfahrzeuge in Frage. Die aktuell hohe Auslastung der DLR-Forschungsflotte rührt eindeutig von dem Niveau und der Menge dieser Alleinstellungen her.
Da sich über ein Flugzeugleben die wissenschaftlichen Anforderungen und verfügbaren Technologien ständig weiterentwickeln, werden auch nachträglich immer wieder Modifikationen notwendig (zum Beispiel. Zusatzgeneratoren auf der Falcon, PMS-Verkabelungen an HALO, laufende projektbezogene Änderungen an ATRA). Diese werden beim FX-Entwicklungsbetrieb geplant, entwickelt und bei Bedarf in Zusammenarbeit mit externen Betrieben zugelassen und eingebaut. Damit dies zuverlässig und reibungslos gelingt, ist eine belastbare und universelle Dokumentation des Basisluftfahrzeuges mit allen Schnittstellen und eine enge Zusammenarbeit mit dem Hersteller von essentieller Bedeutung.

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