LDACS - Kommunikation für die Luftfahrt

Neue Standards für den Flugfunk

LDACS steht für L-band Digital Aeronautical Communications System. Es ist der kommende Standard für den digitalen, terrestrischen Flugfunk und damit eine wichtige Datenverbindungstechnologie innerhalb der zukünftigen Kommunikationsinfrastruktur für die Luftfahrt.

Aktuell wird ein Großteil des Luftverkehrsmanagements
(Air Traffic Management - ATM) über analogen Sprechfunk abgewickelt.
Dies hat folgende Nachteile:

  • Ein Fluglotse kann nur einen relativ kleinen Kontrollsektor bedienen.
  • Die Piloten müssen im Cockpit beim Wechsel jedes Kontrollsektors manuell die neue Sektorfrequenz eingeben.
  • Die analoge Kommunikation ist ineffizient, da man auf Readbacks und Bestätigungen des Erhalts der Nachrichten in beide Richtungen warten muss.
  • Der Analogfunk benötigt viel Bandbreite und ist daher spektral sehr ineffizient. Das führt durch die wachsende Zahl an Flugzeugen zu Kapazitätsengpässen in der Kommunikation.
  • Der Analogfunk verfügt über keinerlei Cyber-Sicherheitsmaßnahmen zur Abwehr von bewusster Störung und Manipulation.

Somit bedarf es einer umfassenden Modernisierung und Digitalisierung des Luftverkehrsmanagements, um auch in Zukunft sicheren, effizienten und umweltfreundlichen Lufttransport trotz steigender Luftverkehrsdichte zu gewährleisten. Diese Modernisierung erfolgt weltweit in groß angelegten Projekten, wie beispielsweise SESAR (Single European Sky ATM Research) in Europa oder NextGen (Next Generation Air Transportation System) in den USA. Damit die neu entwickelten ATM-Konzepte in der zivilen Luftfahrt eingesetzt werden können, ist eine Technologiemodernisierung der zugrundeliegenden Infrastruktur für Kommunikation, Navigation und Überwachung (Communications, Navigation, Surveillance - CNS) erforderlich.

Animation: LDACS - neue Standards für den digitalen Flugfunk (dt. Version)
LDACS steht für L-band Digital Aeronautical Communications System. Es ist der kommende Standard für den digitalen, terrestrischen Flugfunk und damit eine wichtige Datenverbindungstechnologie innerhalb der zukünftigen Kommunikationsinfrastruktur für die Luftfahrt.
Credit:

DLR

Aufbau einer
"Future Communications Infrastructure"

In der Luftfahrtkommunikation ist dazu der Übergang vom analogen Sprechfunk zur digitalen Datenübertragung vorgesehen. Da nicht ein einzelner Datenlink die Kommunikation in allen Flugphasen abdecken kann, ist man in der ICAO übereingekommen, die sog. "Future Communications Infrastructure" (FCI) aufzubauen. Diese besteht aus mehreren unterschiedlichen Datenlinks – einem Flughafendatenlink, einer Satellitenkomponente, einem bodengebundenen Datenlink und einer direkten Bord-Bord-Kommunikation zwischen Flugzeugen. Über einen intelligenten Wechsel zwischen den verschiedenen Datenlinks können alle Flugphasen unterbrechungslos vom Boden erreicht werden. Für die Kommunikation im Flughafenbereich wurde das Aeronautical Mobile Airport Communications System (AeroMACS) bereits standardisiert. Für die Satellitenkomponente stehen mit Inmarsat und Iridium kommerzielle Anbieter für Luftfahrtanwendungen zur Verfügung. Für den bodengebundenen Datenlink gibt es mit VDL Mode 2 seit 1990 bereits einen ersten digitaler Datenlink, der jedoch technologisch stark veraltet ist und eine sehr eingeschränkte Leistungsfähigkeit aufweist. Die Umsetzung moderner ATM-Verfahren (SESAR, NextGen) und die Einführung effektiver Cyber-Sicherheitskonzepte bedingt den Einsatz eines modernen, leistungsfähigen Datenlinks.

LDACS stellt diese Leistungsfähigkeit zur Verfügung und ist damit ein wichtiger Enabler für den leistungsfähigen und effizienten Luftverkehr. Abgesehen von höheren Datenraten, bietet LDACS im Gegensatz zu bisherigen terrestrischen aeronautischen Datenlinks eine moderne Priorisierung von Nachrichten an. So wird sichergestellt, dass unmittelbar auf Notfallsituationen reagiert werden kann. Neben modernen IP-basierten Datenverkehr unterstützt LDACS ein digitales Sprachkonzept mit geringen Latenzen, sodass sich aus Sicht von Piloten und Fluglotsen grundsätzlich wenig an ihren operativen Abläufen ändert. Gleichzeitig wird ein Grundstein für neue Flugführungskonzepte gelegt, die mit bisheriger Technik nicht denkbar waren. Neben der eigentlichen Datenübertragung bietet LDACS über Multilateration die Möglichkeit zur Navigation, indem die Signale von mindestens vier Bodenstationen vom Flugzeug ausgewertet werden und damit der Standort des Flugzeugs bestimmt werden kann. Zusätzlich können die LDACS-Signale vom Flugzeug am Boden für die Überwachung des Luftraums genutzt werden. Damit ist LDACS das weltweit erste echte integrierte CNS-System.

Partner und Standardisierung

Gemeinsam mit Eurocontrol, der Frequentis AG und der Universität Salzburg war das DLR Initiator des zukünftigen Flugfunks LDACS und hat von Beginn an maßgeblich zu Design und Entwicklung beigetragen. Mehrere Projekte im Rahmen von SESAR und dem Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo) wurden zur Weiterentwicklung des Technologiereifegrades von LDACS gemeinsam mit Partnern beantragt und erfolgreich abgeschlossen. In 2016 wurde gemeinsam mit Partnern die Standardisierung von LDACS im Rahmen der ICAO initiiert. Die dazu eingerichtete LDACS-Standardisierungsgruppe „Project Team Terrestrial Data Link“ wird vom DLR geleitet.

Mehr Informationen auf www.LDACS.com

Unser Beitrag

Das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation ist führend in Europa auf dem Gebiet der CNS-Technologien für das Luftverkehrsmanagement.

In der Luftfahrtkommunikation führt das DLR Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der bodengestützten und der satellitengestützten Kommunikation durch sowie zur direkten Kommunikation zwischen Flugzeugen. Das DLR hat die physikalische Schicht für den zukünftigen digitalen Flugfunk LDACS im Rahmen von EUROCONTROL-Aufträgen entwickelt und maßgeblich die LDACS-Spezifikation gestaltet. Eine auf der Spezifikation aufbauende Weiterentwicklung und detaillierte Bewertung von LDACS unter verschiedenen Anwendungsbedingungen – insbesondere realistische Störszenarien im L-Band – war und ist ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des DLR. Dazu gehört auch die Entwicklung von Deployment-Strategien, die es erlauben, LDACS im L-Band so einzuführen, dass die dort vorhandenen CNS-Systeme nicht gestört werden. Der Ansatz, LDACS um eine Navigations- und Luftraumüberwachungskomponente zu ergänzen, wurden ebenfalls durch das DLR initiiert und federführend vorangetrieben. Darüber hinaus hat das DLR LDACS mehrfach in Flugversuchen validiert.

Die LDACS Flugversuche in den Projekten FALCO und MICONAV wurden in der Forschungsgruppe Aeronautische Kommunikation durchgeführt.

Standardisierung

Im Rahmen der EUROCAE werden zwei wichtige Standardisierungsdokumente erstellt, die detaillierte Information über die Geräteimplementierung von LDACS beinhalten. Diese Dokumente sind die Minimum Aviation System Performance Standards (MASPS) und die Minimum Operational Performance Standards (MOPS). Beide Standardisierungsdokumente unterstützen Geräteentwickler, Hersteller, Service Provider und Nutzer bei der Umsetzung und Einführung von LDACS. Ferner regeln MASPS und MOPS die Geräteanforderungen und -eigenschaften sowie einheitliche Testvorschriften.

Parallel zu den EUROCAE-Aktivitäten läuft die Standardisierung von LDACS im Rahmen der ICAO. Dort werden seit Dezember 2016 in der LDACS-Standardisierungsgruppe „Project Team Terrestrial Data Link“ des Communications Panel die sog. SARPs (Standards and Recommended Practices) entwickelt. Die SARPs von LDACS werden nach Abschluss der ICAO-Standardisierung in den Annex 10 zur Chicago Convention (Convention on International Civil Aviation) aufgenommen und werden somit zu weltweit verbindlichen Regeln für den Luftverkehr. Neben den SARPs erstellt die ICAO noch Guidance Material zur Information und Unterstützung des ICAO-Standardisierungsvorganges und klärt die ICAO-interne Zuweisung der Frequenzbänder.

Flugversuch im SESAR-Projekt FALCO

Im Juli 2022 wurden im Rahmen der europäischen ATM-Modernisierungsinitiative SESAR mit dem Projekt FALCO Flugversuche zur Validierung von LDACS durchgeführt. Dazu wurden ein LDACS-Flugzeugradio im DLR-Forschungsflieger Falcon installiert und zwei LDACS-Bodenstationen  am DLR Standort Oberpfaffenhofen aufgebaut und miteinander vernetzt. Der Fokus im Projekt FALCO lag auf der Demonstration der End-to-End Konnektivität und der Validierung der LDACS Mobilität zwischen verschiedenen Bodenstationen. Hierzu wurden reale aeronautische Applikationen  verwendet, wie beispielsweise die Controller-Pilot Data Link Communications (CPDLC), die über das Aeronautical Telecommunications Network (ATN)/Internet Protocol Suite (IPS) Protokoll übertragen wurde. Während der laufenden Datenübertragung wurde zudem der LDACS Datenlink zwischen den beiden Bodenstationen hin- und hergeschaltet, was keinerlei Auswirkungen auf die Endanwendungen hatte. Damit konnte zum ersten Mal das „seamless handover“-Konzept demonstriert und die Transparenzeigenschaft von LDACS gezeigt werden. Die aeronautischen Applikationen wurden zudem mittels Datagram Transport Layer Security (DTLS) übertragen, wodurch ein sicherer Tunnel zwischen den Endpunkten der Kommunikation aufgebaut wird. So konnte auch die Fähigkeit von LDACS validiert werden, moderne Sicherheitsmaßnahmen problemlos einzubinden. Weitere Experimente während der Flugversuche umfassten die dauerhafte Übertragung von synthetischem Datenverkehr, bestehend aus vielen kleinen und einigen großen Datenpaketen, sowie realem und synthetischem Automatic Dependent Surveillance - Contract (ADS-C) Daten. Mit dem synthetischen Datenverkehr konnte die zuverlässige Datenübertragung über mehrere Stunden demonstriert werden, während mit der ADS-C Applikation die Fähigkeit von LDACS nachgewiesen wurde, Surveillance Daten zuverlässig bereitzustellen.

Flugversuch im Projekt MICONAV

Bereits im Frühjahr 2019 wurden im Projekt MICONAV, das durch das deutschen Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo) unterstützt wurde, erste LDACS-Flugversuche durchgeführt. In MICONAV wurden mit einem LDACS-Flugzeugradio im DLR-Forschungsflieger Falcon und insgesamt vier LDACS-Bodenstationen Flugversuche durchgeführt. Zwei der Bodenstationen waren vollständige LDACS-Bodenstationen, die beiden anderen Bodenstationen waren reine LDACS-Sendestationen, die zur Validierung der Navigationsfunktionalität von LDACS nötig waren. Der Fokus dieser Flugversuche lag auf der Validierung der technischen Fähigkeiten von LDACS, wie Nachrichtenpriorisierung, Reichweite, Latenzen, Datendurchsatz und einiger Cybersicherheitseigenschaften. Weiterhin wurde über die insgesamt vier LDACS-Bodenstationen die Positionsbestimmung im Flugzeug mittels LDACS validiert. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Flugversuche war der Nachweis, dass mit LDACS ein cybersicheres Ground-Based Augmentation System (GBAS) realisieren werden kann. GBAS verbessert die Genauigkeit von Satellitennavigationssystemen durch Übertragung von Korrekturdaten in den Flieger. Die verbesserte Positionsgenauigkeit erlaubt vollautomatische Landungen und damit auch Landungen unter  extremen Sichtbedingungen.

Links und weiterführende Informationen