Neue Seiten eines Hightech-Materials - Schütze

Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) sind erstaunliche Materialien. Sie sind fest und steif, dabei aber äußerst leicht. Kein Wunder, dass sie deshalb auch schon seit geraumer Zeit Einzug in die Luftfahrt gehalten haben. Bei der Braunschweiger Schütze GmbH wird das Hightech-Material vor allem zu Stäben verarbeitet.

„Diese werden überall dort eingesetzt, wo es auf hohe Belastbarkeit bei gleichzeitig niedriger Masse ankommt“, erzählt Martin Schütze,
einer der Geschäftsführer des Familienunternehmens. „Das können Strukturstreben oder Steuerstangen in Flugzeugen sein. Oder die Fachwerkträger im Zeppelin NT. Wir sind aber auch im Bereich der Raumfahrt, im Spezialmaschinenbau und in der Messtechnik mit
unseren CFK-Stäben präsent.“

Wir wollten unseren Produktionsprozess und unser Produktportfolio erweitern.

Dafür setzt das 1985 von Martin Schützes Vater und Onkel gegründete Unternehmen auf einen selbst entwickelten Prozess: Dazu wird ein rundgeschliffener Schaumkern mit harzgetränkten, in Längsrichtung orientierten Kohlefasern belegt. Nach dem Aushärten des Harzes erhält man einen hochbelastbaren und biegesteifen Stab. Den Prozess und die dazu gehörenden Maschinen hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren bis ins i-Tüpfelchen verfeinert. Doch es gibt nichts, was man nicht noch verbessern oder ausbauen könnte. Deshalb war die Schütze GmbH auch Partner in den beiden LuFo-Projekten Air Carbon I und Air Carbon II. „Das große Ziel war, eine luftfahrttaugliche Karbonfaser in Deutschland zu entwickeln“, erklärt Martin Schütze. „Unsere Stäbe dienten den Projektpartnern damals als Erprobungsträger für eine typische Luftfahrtanwendung.“ Doch das war den Braunschweigern nicht genug. Sie wollten mit einem eigenen Forschungspart dabei sein. „Also haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, innerhalb der beiden LuFo-Projekte unseren Produktionsprozess und damit auch unser Produktportfolio auf andere Harze zu erweitern“, fügt er hinzu.

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Schütze GmbH

Ohne die finanzielle Unterstützung durch das LuFo-Programm hätten wir das nicht machen können.

Das Harz, in dem die Kohlefasern eingebettet sind, hat nämlich einen großen Einfluss auf die spätere Verwendung der Bauteile. Einige ermöglichen zum Beispiel CFK-Materialien, die bei sehr niedrigen oder sehr hohen Temperaturen zuverlässig arbeiten. Doch diese Harze brauchen in der Regel Hitze, um auszuhärten. Und das war eine große Herausforderung für die Schütze GmbH. „Der Prozess, den wir selbst entwickelt und über die Jahre perfektioniert haben, war ebenso auf normale Umgebungstemperaturen ausgelegt wie die von uns entwickelte Anlage“, blickt Martin Schütze zurück. Es ging also um nichts Geringeres als eine komplett neue Entwicklung, bei der zu Anfang viele Fragen im Raum standen. Wie lässt sich eine Heizstrecke in den bisherigen Prozess integrieren? Wer kann die entsprechenden Materialien liefern? Gibt es eine Wickeleinrichtung, mit der die Stäbe konsolidiert werden? Kann man die Harze alle verarbeiten oder sind sie zu niedrig- oder zu hochviskos?

Auch wenn man das Projekt sicher nicht mit Großprojekten vergleichen könne, sei es für ein kleines Unternehmen eine Herausforderung gewesen, meint der Geschäftsführer. „Ohne die finanzielle Unterstützung durch das LuFo-Programm hätten wir das nicht machen können“, fügt er hinzu. „Die Möglichkeit, auch außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs zu forschen, ist für uns als KMU sehr wichtig.“

Das wäre mit unserem früheren Prozess nicht denkbar gewesen.

LuFo halten er und das Unternehmen für ein gut ausgestattetes und sehr sinnvolles Förderinstrument und fühlen sich sehr gut aufgehoben. „Es fokussiert sehr stark auf eine längerfristige, tiefer gehende und eben auch technisch anspruchsvollere Entwicklung als vielleicht manch anderes Förderinstrument“, sagt Martin Schütze. „Das ist für uns eine große Chance, einfach weiterentwickeln zu können.“

Diese Chance hat das Unternehmen genutzt. Denn mit Abschluss von Air Carbon II stand nicht nur der neue Produktionsprozess. Auch das Produktportfolio war nun erweitert. Die Stäbe mit den erweiterten Eigenschaften finden mittlerweile im Flugzeugbau großen Anklang. Und nicht nur dort. „Wir konnten auch bei einer Trägerrakete punkten, bei der der Kunde leichte und hoch belastbare Streben brauchte, die im Temperaturbereich zwischen -150 und 150 Grad Celsius sicher arbeiten“, freut sich der Geschäftsführer. „Und das wäre mit unserem früheren Prozess nicht denkbar gewesen. Dank Air Carbon und LuFo haben wir es geschafft und sind anschließend als Serienlieferant ausgewählt worden.“

Text: Kai Dürfeld