Agrivoltaik

Agrivoltaik (APV) bezeichnet die gleichzeitige Nutzung von Landflächen für landwirtschaftliche Zwecke (insbesondere für die Nahrungsproduktion) und die Erzeugung von erneuerbarer Energie. Sie kann dazu beitragen, den weltweit steigenden Bedarf an Nahrung und Elektrizität bei gleichzeitig zunehmender Flächenknappheit zu decken.

Eine Doppelnutzung von Landflächen ist etwa möglich durch die Kombination von aufgeständerten Photovoltaik (PV)-Modulen über bewirtschafteten Flächen, einer Integration von PV-Modulen auf Gewächshausdächern sowie über vertikale PV-Module zwischen niedrigen Pflanzen oder auf Weideflächen, die das Sonnenlicht von beiden Seiten absorbieren (bifaziale Photovoltaik-Module).

Die Technologie hat großes Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zum zukünftigen Gesamtenergiesystem zu leisten und ist daher eine Schlüsseltechnologie, um die Energiewende in Deutschland umzusetzen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt notwendige Werkzeuge und Methoden sowie Szenarioanalysen, mit dem Ziel, Agrivoltaikkonzepte im Detail zu verstehen, auszugestalten und bewerten zu können.

In der Region Almería im Süden Spaniens wurde ein innovatives Pilotvorhaben umgesetzt. Das agrivoltaische System (APV) integriert Photovoltaik in einen nachhaltigen, ökologischen Weinbau und trägt zur Optimierung der Wasser- und Energieeffizienz bei. Das DLR erforscht dabei die Effekte auf Pflanzenentwicklung, Bodenbeschaffenheit und Klimaanpassungsfähigkeit, um das Potenzial von APV unter verschiedenen klimatischen Bedingungen systematisch zu bewerten.

Bestimmung der wirtschaftlich besten Agrivoltaik-Kombination

Im Institut für Solarforschung arbeiten Forschende an einem Modell, welches die wirtschaftlich aussichtsreichste Kombination von landwirtschaftlicher Aktivität und Solarstromerzeugung bestimmt. Das Modell berücksichtigt dabei meteorologische Bedingungen, verschiedene Anbausorten sowie den Einfluss wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen. Hierbei kommen das APV-Systemdesign, ein Photovoltaik-Ertragsmodell, ein Mikroklimamodell, ein Pflanzenwachstumsmodell und ein ökonomisches Modell zum Einsatz. Zur Optimierung beziehen die Forschenden verschiedene Kombinationsmöglichkeiten von PV-Modulen mit ein. Die ermittelten Ergebnisse vergleichen sie mit dem ökonomischen Potenzial konventioneller PV-Anlagen und reinen Landwirtschaftsflächen. Dieses weltweit einsetzbare Modell stellt eine innovative Lösung für die gleichzeitige Nutzung von Flächen für die Landwirtschaft und die Produktion von Solarstrom dar.

Validierung des Agrivoltaik-Modells

Die Validierung des APV-Modells ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse des Modells realistisch und verlässlich sind. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestimmen und prüfen die Genauigkeit der Simulationen, und ob die Berechnungen des Modells mit den tatsächlichen Beobachtungen und Messungen übereinstimmen. Sie stellen so das Vertrauen in die Modellergebnisse her – auch mit dem Ziel, das Modell zur Planung, Optimierung oder Bewertung von Agrivoltaikanlagen zu verwenden. Eine Validierung ermöglicht zudem, die Modellparameter zu optimieren und anzupassen, sodass sie mit realen Bedingungen übereinstimmen. Auf diese Weise kann ein APV-Modell an unterschiedliche Standorte angepasst und zudem sichergestellt werden, dass es unabhängig von den lokalen Bedingungen robust und anwendbar ist. Dies verbessert die Qualität der Simulation erheblich.

Das Institut für Solarforschung validiert das APV-Modell in verschiedenen Anlagen. Langjährige Erfahrung und Weiterentwicklungen des Instituts im Bereich der Vermessung, Modellierung und Analyse meteorologischer Daten für Solarfelder fließen auch in die Untersuchung des Mikroklimas und des Pflanzenwachstums ein.

Im Bereich Agrivoltaik kooperiert das DLR aktiv mit Expertinnen und Experten im Rahmen der PVPS Task 16 und der PVPS Task 13 der Internationalen Energie Agentur (IEA).

Pflanzenwachstum unter der Lupe
Tomatenpflanzen im experimentellen Gewächshaus der Fundación UAL-Anecoop in Almería, Spanien.

Wassermanagement in der Agrivoltaik

Die homogene Verteilung von Niederschlagswasser in APV-Anlagen ist von entscheidender Bedeutung, um Trockenheit, Staunässe oder Bodenerosion und daraus resultierende geringere Ernteerträge zu vermeiden. Kulturpflanzen haben unterschiedliche Wasserbedürfnisse und können durch gezielte Bewässerung optimal versorgt werden. Das Institut für Solarforschung arbeitet an ingenieurstechnischen Lösungen, um eine gleichmäßige und gezielte Verteilung des Niederschlagswassers und damit eine Erhöhung der Wassernutzungseffizienz zu erreichen. Das Ziel besteht darin, Schäden durch Extremniederschlag zu vermeiden und gleichzeitig zu untersuchen, inwiefern wir den landwirtschaftlichen Betrieb in trockenen Gebieten mit solchen Methoden auch in Zukunft ermöglichen können.

Erforschung von Beständigkeit und Alterung von PV-Modulen

Das DLR betreibt Labore in Almería und Oldenburg, um die Beständigkeit und den Wirkungsgrad von Photovoltaikmodulen zu erforschen. Dabei untersuchen die Mitarbeitenden neben semitransparenten und opaken (lichtundurchlässigen) PV-Modulen, auch wellenlängenselektive PV-Zellen (in bestimmten Wellenlängen des Lichts durchlässige PV-Zellen) in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Vernetze Energiesysteme.

Einsatz und Analyse von Pyranometern
Pyranometer zur Strahlungsvermessung im experimentellen Gewächshaus der Fundación UAL-Anecoop in Almería, Spanien.

Unterstützung der Energiewende durch Agrivoltaik-Forschung

Erkenntnisse im Bereich der Agrivoltaik bringen viele Vorteile mit sich – sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Umwelt und das Klima. Mithilfe der Forschung ist es möglich, neue Systeme und Technologien zu entwickeln, die besonders gut zu den Bedürfnissen von landwirtschaftlichen Betrieben passen. Die eigens entwickelte APV-Software hilft uns, die Anordnung der Solarmodule über den landwirtschaftlich genutzten Flächen zu optimieren. So lässt sich die Licht- und Landnutzungseffizienz steigern und mehr Energie produzieren.

Kontakt

Dr.-Ing. Peter Heller

Abteilungsleiter Qualifizierung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Solarforschung
Calle Doctor Carracido 44, E-04005 Almería