Flüssigsalzsysteme

Die Nutzung von Flüssigsalz als Wärmeträgermedium in Solarthermiekraftwerken stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen zu steigern. Im Vergleich zu den bisher verwendeten thermischen Ölen bietet Flüssigsalz sowohl technologische als auch ökonomische Vorteile, die die Stromgestehungskosten erheblich senken können. In diesem Kontext wird untersucht, wie Flüssigsalz in Parabolrinnenkraftwerken eingesetzt werden kann, um eine höhere Temperatur und damit einen besseren Wirkungsgrad zu erreichen.

Flüssigsalzsysteme – Mit höheren Fluidtemperaturen in eine nachhaltige Energiezukunft

Die kontinuierliche Nutzung von Sonnenstrahlung zur Bereitstellung von CO₂-neutraler Prozesswärme und grünem Strom klingt wie eine Vision der Zukunft – doch genau daran forschen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Solarforschung. Der Fokus liegt auf dem Einsatz geschmolzener Salze als Wärmeträger- und Speichermedium. Während Solarturmkraftwerke bereits mit Flüssigsalz arbeiten, kommt in vielen bestehenden Parabolrinnenkraftwerken bisher Thermoöl zum Einsatz. Der Einsatz von Salz eröffnet hier völlig neue Möglichkeiten:

  • Höhere Temperaturen: Flüssiges Salz mit über 550  Grad Celsius ermöglicht es, Dampfkraftprozesse zur Stromerzeugung effizient zu betreiben.
  • Bessere Effizienz und Speicherbarkeit: Salz kann die Energie direkt aufnehmen und langfristig speichern sowie bedarfsgerecht bereitstellen.
  • Neue Anwendungen: Die hohen Systemtemperaturen mit Flüssigsalz ermöglichen es, industrielle Prozesswärme in wirtschaftlicher und nachhaltiger Weise bereitzustellen.

Das Ziel liegt darin, dass die solar erzeugte Hochtemperaturwärme nicht nur für klimafreundlichen Strom genutzt wird sondern auch die energieintensiven Industrien mit Wärme versorgt. Thermische Flüssigsalzspeicher ermöglichen dabei eine flexible und kostengünstige Energieversorgung rund um die Uhr.

Vereinfachtes Anlagenschema eines Parabolrinnenkraftwerks
Anlagenschema eines konventionellen solarthermischen Parabolrinnenkraftwerks zur Prozesswärmebereitstellung oder Stromerzeugung. Wärmeträgermedium: Öl (grün), Speichermedium: Salzschmelze (blau).

Parabolrinnenkraftwerke neu gedacht

Übliche Parabolrinnenkraftwerke nutzen Thermoöl als Wärmeträgermedium, das auf maximal etwa 400  Grad Celsius erhitzt wird. Die Wärme wird über Wärmetauscher an einen Dampfkraftprozess abgegeben, um Strom zu erzeugen. Überschüssige Wärme kann in Salzspeichern zwischengespeichert und später genutzt werden. Das Problem: Die Prozesstemperatur ist durch das Öl limitiert – das Flüssigsalz ermöglicht in den Speichern weitaus höhere Temperaturen. Zusätzlich wird immer ein Öl-Salz-Wärmetauscher benötigt, um die Wärme an die thermischen Salzspeicher zu übertragen. Dies erhöht die Investitionskosten, die Anlagenkomplexität und reduziert die Gesamteffizienz des Systems.

Am Institut für Solarforschung entwickeln die Forschenden deshalb die nächste Generation von Parabolrinnenkraftwerken, in denen das Thermoöl vollständig durch Flüssigsalz ersetzt wird. Dadurch lassen sich deutlich höhere Temperaturen erreichen, was:

  • den Wirkungsgrad in Dampfkraftprozessen verbessert,
  • neue industrielle Anwendungsbereiche für Prozesswärme eröffnet,
  • und die Systemeffizienz durch den Wegfall von zusätzlichen Wärmetauschern steigert.

Geringere Kosten und höherer Nutzen

Flüssigsalz bietet gegenüber Thermoöl entscheidende wirtschaftliche Vorteile:

  • Günstigere Beschaffung: Salz ist preiswerter als Thermoöl.
  • Weniger technische Komponenten: Wärmetauscher zwischen Öl- und Salzkreislauf entfallen, was die Investitionskosten und die System-Komplexität senkt.
  • Höhere Betriebstemperaturen: Dadurch sinken die Strom- und Wärmegestehungskosten.

Etablierte Konzepte neu gedacht

Der Einsatz von Flüssigsalz ist nicht neu:

  • Bereits das US-amerikanische „Solar Two“-Projekt (1996) sowie das spanische Gemasolar-Kraftwerk (2011) verwendeten geschmolzene Salze zur Wärmespeicherung.
  • Die Erfahrungen aus diesen Projekten lieferten wertvolle Erkenntnisse zu Begleitheizungen, Materialbeständigkeit und Betriebssicherheit.

In Parabolrinnenanlagen steckt die Flüssigsalztechnologie jedoch noch in den Anfängen. Deshalb sind Pilot- und Demonstrationsprojekte essenziell, um die Technologie weiterzuentwickeln und den breiten industriellen Einsatz zu ermöglichen. Der Forschungsansatz am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) baut auf diesen Erfahrungen auf und überführt sie in direkt mit Salz betriebene Parabolrinnenkraftwerke, die nicht nur Strom, sondern auch Prozesswärme für industrielle Anwendungen bereitstellen können.

Grafik solarthermisches Kraftwerk
Flüssigsalz fungiert als Wärmeträger- und Speichermedium gleichzeitig (grün: Flüssigsalz, blau: Wasser/Dampf).

Technische und wirtschaftliche Herausforderungen

Handhabung und Betriebssicherheit

  • Flüssigsalze erfordern neue Betriebsstrategien, zum Beispiel zum Befüllen und Entleeren des Systems.
  • Notfallpläne und Blackout-Strategien müssen speziell für den Betrieb mit Salz entwickelt werden.
  • Einfrierungsschutz: Flüssigsalze dürfen in Rohrleitungen und Speichern nicht erstarren.

Effizienteres Salz-Handling: Verdünnung mit Wasser senkt Schmelzpunkt und reduziert Verluste

  • Die Schmelztemperatur von Solarsalz bei etwa 235  Grad Celsius erfordert technisches Know-How zur Vermeidung von Erstarrungen.
  • Durch Zugabe von Wasser kann die Erstarrungstemperatur des Salzes auf unter 50  Grad Celsius gesenkt werden, wodurch sich Wärmeverluste reduzieren und das Handling erleichtert.
  • Die langfristige Stabilität und Korrosionsbeständigkeit verdünnter Salzmischungen muss weiter untersucht werden, um Materialdegradation und Dampfdruckeffekte zu kontrollieren.

Entwicklung geeigneter Kollektoren

  • Parabolrinnenkollektoren müssen für höhere Temperaturen angepasst werden.
  • Die mechanische Widerstandsfähigkeit und die Dichtigkeit flexibler Rohrverbindungen müssen weiterentwickelt und erprobt werden.

Solare Vorwärmung der Receiver

  • Mit so genannten "Impedanz-Heizungen" (Elektrisches Direktheizen von Flüssigsalz) können die Receiver zusätzlich erhitzt werden, um beim Befüllen des Solarfeldes, das Gefrieren des Salzes zu verhindern, aber auch um gefrorenes Salz lokal aufzutauen.
  • Die solare Vorwärmung der Receiverrohre ist ein neuer Ansatz, um die Notwendigkeit von technischem und finanziellem Mehraufwand von beheizten Receivern in Zukunft überflüssig zu machen.

Verbesserte Salzmischungen

  • Das optimale Salzsystem muss eine geringe Erstarrungstemperatur bei einer hohen thermischen Stabilität im oberen Temperaturbereich vereinen.

Korrosion und Materialwahl

  • Salz reagiert mit bestimmten Materialien. Beschichtungen und neue Werkstoffe sind nötig, um die Langlebigkeit der Systeme zu gewährleisten.

Großtechnische Demonstration

  • Während Solarturmkraftwerke bereits mit Flüssigsalz arbeiten, fehlt es bei Parabolrinnenanlagen an großmaßstäblichen Referenzprojekten.
  • Pilotanlagen sind notwendig, um die Technologie auf breiter Ebene zu etablieren.
Tests von Flüssigsalz
Das Flüssigsalz wurde während der Tests zur Bestimmung des Schmelzpunkts mit unterschiedlichen Wasserkonzentrationen verdünnt.

Flüssigsalz – ein Schlüssel zur Energiewende

Flüssigsalzsysteme bieten enorme Potenziale für die Kombination aus Solarenergie, effizienter Stromerzeugung und industrieller Prozesswärme.

  • Gesellschaftlicher Nutzen: Eine saubere, bezahlbare und unabhängige Energieversorgung
  • Wirtschaftlicher Vorteil: Geringere Betriebskosten und neue Geschäftsfelder für Anlagenbauer und Komponentenhersteller
  • Politische Relevanz: Ein wichtiger Baustein für das Erreichen der Klimaziele durch die Dekarbonisierung industrieller Prozesse
  • Zukunftsfähige Energieversorgung: Solarthermische Kraftwerke mit Flüssigsalz lassen sich optimal mit Wind und Photovoltaik kombinieren, um ein flexibles, stabiles und klimafreundliches Energiesystem zu schaffen.
  • Backup-Heater netzdienlich genutzt: Neben der Überbrückung solarer Defizite kann der elektrische Backup-Heater zukünftig überschüssigen Strom aus dem Netz aufnehmen und als Wärme im Flüssigsalz speichern. Dadurch können solarthermische Kraftwerke in Zukunft aktiv zur Netzstabilisierung in einem erneuerbaren Energiesystem beitragen.

Das DLR-Institut für Solarforschung ist überzeugt, dass Flüssigsalzsysteme mit ihren hohen Arbeitstemperaturen und exzellenten Speicherfähigkeiten eine zentrale Rolle in der globalen Energiewende spielen werden. Gemeinsam mit Industriepartnern und Forschungseinrichtungen entwickeln sie praxisnahe Lösungen, die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit vereinen – für eine CO₂-arme, zukunftssichere Energieversorgung.

Kontakt

Dr.-Ing. Eckhard Lüpfert

Abteilungsleiter Konzentrierende Solartechnologien
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Solarforschung
Linder Höhe, 51147 Köln-Porz

Dr.-Ing. Kai Wieghardt

Abteilungsleiter Konzentrierende Solartechnologien
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Solarforschung
Im Langenbroich 13, 52428 Jülich