Historie des Instituts

Spurensuche: NEXT ENERGY

EEG bringt Rückenwind für Erneuerbare     

Anfang der 2000er Jahre nahm die öffentliche Diskussion um die Energiewende zunehmend Fahrt auf. Das 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll, das erstmals den Treibhausgas-Ausstoß völkerrechtlich verbindlich definierte, trat im Jahr 2005 in Kraft. In Deutschland entfaltete zusätzlich das Erneuerbare-Energien-Gesetz ab 2000 schrittweise seine Wirkung: Es sah erstmals garantierte Vergütungssätze für erneuerbare Energien vor und regelte zudem deren Vorrangstellung gegenüber konventionell erzeugtem Strom. Das machte den Bau von Solar- und Windkraftanlagen wirtschaftlich zunehmend attraktiv. In Energiewirtschaft und -forschung schaffte diese Entwicklung zusätzliche Anreize zur Optimierung von Anlagen, Komponenten und Materialien.

Gründung aus Public-Private-Partnership

Die Universität Oldenburg war zu dieser Zeit bereits als Standort der Energieforschung bekannt und hatte sich längst einen Namen als Pionier der erneuerbaren Energien gemacht. Nur wenige Kilometer entfernt sah der Oldenburger Energiedienstleister EWE AG sowohl seine Verantwortung als auch eine Entwicklungschance, zum Pionier der Energiewirtschaft zu werden. Auf dieser Basis kamen beide Seiten zusammen, um die Traditionen und die Stärken des Standorts Oldenburg gemeinsam zu vertiefen. Im Ergebnis ebneten sie im Jahr 2006 den Weg für das „EWE-Forschungszentrum für Energietechnologie“, das im März 2007 in einer Public-Private-Partnership als gemeinnütziger Verein unter Trägerschaft der Universität Oldenburg, des Landes Niedersachsen und der EWE AG gegründet wurde.

Als Gründungsdirektor des Instituts, das unter dem Namen NEXT ENERGY firmieren sollte, wurde Prof. Dr. Carsten Agert benannt. Er konzipierte den Start des neuen Instituts mit einem Forschungsportfolio bestehend aus Stromspeichertechnologien, Brennstoffzellen und Dünnschichtphotovoltaik. Obwohl EWE das Institut finanziell stark unterstützte, blieben die Grundsätze der unabhängigen Forschung und der Gemeinnützigkeit von Beginn an oberstes Gebot.

Optimale Bedingungen für Spitzenforschung

Mit der Eröffnung des Institutsgebäudes am 13. August 2009 begann die eigentliche Forschungsarbeit bei NEXT ENERGY. 4000 Quadratmeter Gesamtfläche mit moderner Infrastruktur und 1500 Quadratmetern reiner Laborfläche boten optimale Forschungsbedingungen. Schnell zeigten sich erste Erfolge, zum Beispiel in der Materialforschung: So ist es gelungen, patentierte Innovationen für Vanadium-Redox-Flow-Batterien zu entwickeln. Die Entwicklung mündete im Jahr 2018 in der Ausgründung der VANEVO GmbH, die heute Redox-Flow-Speicherlösungen für Wind- und Solarparkbetreiber sowie Netzbetreiber und Energieversorger anbietet.

Sichtbarkeit und Relevanz

In der Forschungslandschaft blieb die positive Aufbruchstimmung des noch jungen Instituts nicht unbemerkt. Die Folge: Die Zahl der Beschäftigten stieg bereits im Jahr 2013 erstmals auf 100 Personen. Weil NEXT ENERGY jedoch keinem renommierten Forschungsverbund angehörte, nahm die aktive Mitarbeit in diversen Gremien oder die Ausrichtung internationaler Workshops einen höheren Stellenwert ein als anderswo. Nur so ließ sich ausreichend Sichtbarkeit in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sicherstellen. – Mit Erfolg: Mehrere hochrangige Persönlichkeiten wie Bundesumweltminister Peter Altmaier (2013) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (2013) konnten in den Anfangsjahren am Institut begrüßt werden.     

Geradezu „geadelt“ wurde NEXT ENERGY schließlich am 26. Mai 2014: Der Besuch des niederländischen Königspaares Willem-Alexander und Màxima elektrisierte das Institut wie kein zweites Ereignis. Im Rahmen eines seinerzeit bei NEXT ENERGY ausgetragenen deutsch-niederländischen Energiesymposiums betonte Willem-Alexander die Bedeutung grenzüberschreitender Kooperationen in der Energiepolitik und zeigte sich beeindruckt vom interdisziplinären und praxisorientierten Forschungsansatz des Instituts.

Vom Material zum System

In den 2010er-Jahren stieg der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland kontinuierlich, gleichzeitig sanken die Installationskosten. In der Folge widmete sich das Institut nun verstärkt den aufkommenden systemischen Herausforderungen. Für den besseren Ausgleich zwischen Stromangebot und -nachfrage rückten zum Beispiel bidirektional genutzte Speicher von Elektroautos in den Fokus der Forschenden. Für Gebäude und Quartiere wurden mittels detaillierter Last- und Erzeugungsanalysen innovative Energieversorgungskonzepte erstellt. Gesamtsystemische Auswirkungen wurden modelliert und analysiert, um komplexe Wechselwirklungen bei der Gestaltung zukünftiger Systeme berücksichtigen zu können.

Organisatorisch ging es für das Institut Mitte der 2010er Jahre darum, Optionen für eine zukünftige Trägerschaft auszuloten. Gleichzeitig strebte das DLR an, sein Engagement in der Energiesystemforschung deutlich zu verstärken. Nachdem das Oldenburger Institut in gemeinsamen Gesprächen als geeigneter Grundstein für das zukünftige „Institut für Vernetzte Energiesysteme“ identifiziert wurde, ebnete der Deutsche Bundestag NEXT ENERGY Ende 2016 den Weg ins DLR.

Mit systemischer Ausrichtung ins DLR

Mitte 2017 ging NEXT ENERGY schließlich in leicht abgewandelten Strukturen ins neue „DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme“ über. Das Forschungsportfolio wurde dabei mit den Abteilungen Stadt- und Gebäudetechnologien (für Fragestellungen zur Sektorenkopplung auf dezentraler Ebene), Energiesystemtechnologie (für Forschungsfragen rund um Systemmanagement und Netzstabilität auf Übertragungs- und Verteilnetzebene) und Energiesystemanalyse (mit Kompetenzen in der Systemmodellierung, der Szenario-Entwicklung und der Energiemeteorologie) konsequent an systemischen Fragestellungen ausgerichtet.

Um Parallelstrukturen innerhalb des DLR zu vermeiden, wurde im Zuge der Neugründung unter anderem beschlossen, die in Stuttgart ansässige Abteilung „Systemanalyse und Technikbewertung“ des Instituts für Technische Thermodynamik mit der Oldenburger Abteilung „Energiesystemanalyse“ unter dem Dach des neuen Instituts zusammenzuführen. Dieser Prozess wurde nach mehrjähriger Vorbereitung am 1. Januar 2021 in den heute bekannten Strukturen vollendet.

Kontakt

Heinke Meinen

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Vernetzte Energiesysteme
Institutskommunikation