FAQ

Häufig gestellte Fragen zu Verbrennung und Energiewende

Technische Verbrennungsprozesse werden auch im Energiesystem der Zukunft noch lange unverzichtbar sein - beispielsweise als Backuplösung im Falle einer Dunkelflaute, einer Zeit mit wenig Wind und Sonne also. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um unser Forschungsthema.

Öffentliche Nettostromerzeugung in Woche 49 2022
Die Grafik zeigt den Mix in der Woche 49 im Winter 2022: aufgrund geringer erneuerbare Stromerzeugung muss fast die komplette benötigte Last durch konventionelle Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Erdgas, Atomkraft) erbracht werden. Quelle: https://www.energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE
Credit:

www.energy-charts.info

Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland in Woche 22 2023
Die Grafik zeigt in der Woche 22 im Sommer 2023 einen Mix mit hohem Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung, nur geringen Anteilen konventioneller Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Erdgas). Kernenergie spielt keine Rolle. Quelle: https://www.energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE
Credit:

www.energy-charts.info

Das Energiesystem der Zukunft setzt voll und ganz auf Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne und Wasserkraft, Erdwärme und nachwachsende Rohstoffe. Spätestens im Jahr 2045 will Deutschland weitgehend klimaneutral Energie produzieren. Bis 2050 sollen die genannten Quellen rund 60 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch und 80 Prozent am Bruttostromverbrauch ausmachen. Technische Verbrennungsprozesse werden auch dann noch eine Rolle spielen - und zwar überall dort, wo Elektrifizierung nur schwer möglich ist und immer dann, wenn die Sonne nicht scheint oder zu wenig Wind weht. Unser Ziel ist es, Verbrennungsprozesse für den Betrieb mit nachhaltigen chemischen Energieträgern so weiter zu entwickeln, dass sie so gut wie keine Schadstoffe mehr freisetzen, aber dennoch effizienter werden. Die Gasturbinen- und Verbrennungsforschung trägt dazu bei, Bestandkraftwerke entsprechend anzupassen und nachzurüsten und die Entwicklung neuer Gaskraftwerke zu ermöglichen.

Wo kommt Verbrennung bei der Stromproduktion zum Einsatz?

Setzt man auf die Energiegewinnung durch Wind und Sonne, dann gibt es ein Problem – die Energie kann nicht bedarfsgerecht produziert werden. Der Energiefluss schwankt sowohl im Laufe eines Tages als auch im Laufe eines Jahres. Zusätzlich ist die Leistung auch räumlich ungleich verteilt. Um diese räumlichen und zeitlichen Unterschiede auszugleichen, braucht es zwei Dinge: Regelbare Leistung und gute Speicher. Hier kommen Gasturbinenkraftwerke ins Spiel. Denn Gasturbinen zeichnen sich generell durch eine große Last- und Brennstoff-Flexibilität aus. Beispielsweise können sie vergleichsweise schnell hochgefahren und runtergefahren werden. Diese Eigenschaften werden in Zukunft umso wichtiger, je höher der Anteil der Erneuerbaren steigt und je mehr Kohlekraftwerke abgeschaltet werden.

Gasturbinen werden also weiter gefragt sein, um mit Hilfe von nicht-fossilen Brennstoffen Strom und Wärme zu liefern. Dafür werden sie allerdings in Zukunft auf eine Art und Weise betrieben, an die sie erst noch angepasst werden müssen: Bisher sind Turbinen vor allem dafür ausgelegt, dass sie unter Volllast effizient und ökonomisch arbeiten. Künftig werden sie häufig nur im Teillastbetrieb und noch dazu mit neuen und wechselnden Brennstoffen wie Wasserstoff und Wasserstoffgemischen arbeiten – und für diesen stark wechselnden Betrieb müssen sie neu optimiert werden, um möglichst schadstoffarm verbrennen zu können. Schätzungen zufolge wird Deutschland von 30 bis über 100 GW an lastflexibler oder regelbarer Stromerzeugung brauchen. Bisher werden dafür auch Kohlekraftwerke eingesetzt. Diese Kohlekraftwerke durch Gasturbinen zu ersetzen, die dann nach und nach auf nichtfossile Energieträger wie Wasserstoff umgestellt werden, ist essentiell für die Energiewende. Wir entwickeln Brennkammern gezielt für den Betrieb in einem resilienten und nachhaltigen Energiesystem weiter.  

Wie sauber ist die Stromproduktion von Gasturbinen im Vergleich?

Gasturbinen werden oft mit Kohlekraftwerken im gleichen Atemzug genannt. Dabei sind Gasturbinen deutlich schadstoffärmer: Sie emittieren nur halb so viel CO2 wie Kohlekraftwerke, und die Stickstoff- und Kohlenmonoxid-Emissionen liegen bei Gasturbinen inzwischen bei wenigen Parts per million (ppm). Kohlekraftwerke dagegen benötigen in der Regel eine Abgasnachbehandlung. Der Anteil von Kohlekraftwerken an der Energieproduktion lag europaweit im Jahr 2022 bei 17,3 Prozent - also bei knapp einem Fünftel. In Deutschland waren Kohlekraftwerke im Jahr 2022 laut statistischem Bundesamt sogar der wichtigste Energieträger für die Stromproduktion. Ein Drittel (33,3 %) des in Deutschland erzeugten und ins Netz eingespeisten Stroms kam aus Kohlekraftwerken - im Jahr 2021 waren es 30,2 Prozent, der Anteil steigt also sogar wieder an. Kohlekraftwerke schnell durch Kraftwerke mit brennstoffflexiblen Gasturbinen zu ersetzen, wäre einer der effektivsten Schritte zu einer schnellen Defossilisierung des Energiesystems. Diese könnten nämlich dann in der Regel mit überschaubarem Aufwand (das heißt, ohne weitere Investition in die Infrastruktur) auf nachhaltige Brennstoffe wie Wasserstoff umgestellt werden. 

Wo kommt Rückverstromung zum Einsatz?

Zukünftig sollen Gasturbinen und dezentrale, modulare Kraftwerksanlagen kleinerer und mittlerer Leistungsklasse mit bis zu 100 Prozent Wasserstoff und ggf. weiteren synthetischen Brennstoffen betrieben werden. Dafür werden bestehende Anlagen umgerüstet und neue, optimierte Anlagen entwickelt. Das BMWK setzt mit seiner Kraftwerksstrategie unter anderem auf Wasserstoff-Hybrid-Kraftwerke oder sogenannte Wasserstoff-basierte Stromspeicher. Die Kombination aus beiden ermöglicht es, mit Hilfe von erneuerbarem Strom regional Wasserstoff zu erzeugen, zu speichern und bei Bedarf in Gaskraftwerken wieder zu verstromen. Aber auch Gasturbinen mit einer Anbindung an eine Wasserstoffinfrastruktur sollen mit erneuerbarem Wasserstoff betrieben werden. Dies gilt sowohl für Wasserstoff-Sprinter-Kraftwerke, die von Beginn an mit Wasserstoff Strom erzeugen, als auch für Gaskraftwerke, die zunächst noch mit Erdgas betrieben und dann bis 2035 auf Wasserstoff umgerüstet werden.

Welche Rolle spielt Verbrennung für die Wärmeproduktion?

Wärme für die Industrie und private Haushalte bedarfsgerecht bereit zu stellen, ohne auf fossile Energieträger zurückzugreifen, wird eine Herausforderung sein - dieser Sektor wird eine noch größere Transformation durchlaufen als der Stromsektors. Aber auch hier können Gaskraftwerke über die Kraft-Wärme-Kopplung einen entscheidenden Beitrag leisten. Bei der Stromerzeugung durch Turbinen entsteht Wärme, die über Nah- und Fernwärmenetze genutzt werden könnte, ohne dass zusätzliche Emissionen entstehen. Wärme wird allerdings am besten dort produziert, wo sie gebraucht wird. Auch deshalb forschen wir an Konzepten für kleine Kraftwerke auf der Basis von Mikrogasturbinen, mit denen eine dezentrale Versorgungsstruktur aufgebaut werden könnte. 

Verbrennung gilt als ineffizient - warum nutzen wir sie dann weiterhin?

Kraftwerks- und Antriebssysteme, die auf Verbrennung basieren, gelten im Vergleich zu elektrisch betriebenen Motoren als ineffizient. Bei Fahrzeugen mag das stimmen, bei Kraftwerken sieht das allerdings dank der Möglichkeiten von Kraft-Wärme-Kopplung anders aus. Hier steigt der Wirkungsgrad deutlich, wenn Gasturbinen im Rahmen solcher Anlagen oder in Kombination mit Dampfkraftwerken eingesetzt werden, um sowohl Strom als auch Wärme zu produzieren - siehe nächste Frage. Möglich sind hier aktuell elektrische Wirkungsgrade von bis zu 64 Prozent. Weder Motoren noch Brennstoffzellen erreichen diese Werte in der Praxis. 

Wie kann man den Wirkungsgrad weiter steigern?

Auch bei bereits hocheffizienten Kraftwerken kann die Restwärme im Abgas genutzt werden, um Heizungswärme, Nah- bzw. Fernwärme zu erzeugen. Dabei kann der Gesamtwirkungsgrad auf über 90 Prozent steigen. Die Nutzung der Abwärme nennt man Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Brennstoffflexible KWK-Anlagen, die mit nicht-fossilen Brennstoffen laufen, werden noch sehr lange gebraucht werden – insbesondere bei industriellen Prozessen, die kontinuierlich viel Prozesswärme und Dampf benötigen, wie etwa in der Pharmaindustrie, Brauereien, Papier-, Glas- oder der Chemieindustrie.

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