Eine kleine Probe Zukunft
Dieser Beitrag im DLR Magazin 173 schildert, wie Prescreening die Zulassung alternativer Treibstoffe beschleunigt.
Die Entwicklung alternativer Treibstoffe für die zivile Luftfahrt ist mit großen Herausforderungen für Hersteller verbunden, auch wenn die Nachfrage nach sustainable aviation fuels (SAF) - nicht zuletzt aufgrund der neuen gesetzlichen Vorgaben für Beimischquoten in der EU und in den USA - zunimmt. Wir bieten mit dem Prescreening eine Möglichkeit, schon vor der Zulassung und mit kleinen Mengen die Eigenschaften zu testen und zu charakterisieren.
Der Zulassungsprozess für neuartige Treibstoffe ist enorm aufwändig, weil Sicherheit in der Luftfahrt höchste Priorität genießt. Diese Priorisierung ist unumgänglich, bedeutet aber auch eine enorme Hürde für Innovationen. Denn den Treibstoffherstellern fehlen in frühen Phasen der Entwicklung, wenn noch nicht genügend Mengen für experimentelle Tests zur Verfügung stehen, wichtige Informationen über die Eignung ihres Treibstoffs für die Zulassung.
Vor diesem Hintergrund haben die Forschenden am Institut ein Verfahren auf der Basis probabilistischer Algorithmen des maschinellen Lernens entwickelt, um neue Treibstoffkandidaten im Hinblick auf die Anforderungen für die Zulassung zu bewerten: das DLR-Prescreening. Die daraus resultierenden Informationen stellen wir den Kraftstoffproduzenten zur Verfügung, um eine ganzheitliche Produktentwicklung zu ermöglichen und das Risiko bei der späteren Zulassung zu reduzieren.
Mit dem Technical Fuel Assessment bieten wir ergänzend eine weitere, wissenschaftlich tiefergehende und umfassende Dienstleistung an, die die gezielte Optimierung eines Treibstoffs für den jeweiligen Zweck zum Ziel hat.
Unser Prescreening-Prozess basiert auf dem zweistufigen Verfahren, das in Zusammenarbeit mit dem National Jet Fuels Combustion Program (NJFCP) entwickelt worden ist. Eine Analyse ist bereits mit wenigen Millilitern möglich. Zunächst wird die Treibstoffzusammensetzung im Labor analysiert, mit Hilfe der qualitativen und quantitativen zweidimensionalen Gaschromatographie GCxGC sowie der Spurenanalyse. Dabei wird die Zusammensetzung komponentengenau nach C-Zahl und Stoffgruppe analysiert. Dann werden in einem zweiten Schritt ausgewählte Eigenschaften des Treibstoffkandidaten mit den Eigenschaftsmodellen der SimFuel Plattform vorhergesagt und mit anderen Treibstoffen aus der SimFuel-Plattform sowie Spezifikationsgrenzen verglichen. In der Datenbank, die ebenfalls im Rahmen des Projekts Jetscreen aufgebaut worden ist, sind inzwischen die Daten von mehr als 15 000 konventionellen Jet-Treibstoffen sowie mehr als 450 neuartigen Treibstoffen gespeichert, dazu zahlreiche Analysen der wichtigsten Molekülgruppen und Modelle für Stoffeigenschaften. Viele dieser Treibstoffe stammen aus Forschungsprojekten, die ihre Daten zur Verfügung gestellt haben.
Für die Vorhersage der Eigenschaften für die vergleichende Analyse setzt unser Team supervised machine learning ein. Die Algorithmen werden mit den Daten aus der SimFuel-Datenbank trainiert. Anschließend werden sie dazu benutzt, die Eigenschaften eines neuen Kandidaten auf Grundlage der detaillierten Gaschromatografie-Ergebnisse zu simulieren und zu bewerten. Die Visualisierung der Ergebnisse in speziell entwickelten, aufwändigen Diagrammen lässt auf den ersten Blick erkennen, welches Verhalten ein Treibstoff später zeigen wird – und vor allem, ob diese Eigenschaften inner- oder außerhalb der von der ASTM vorgegebenen Spezifikationen liegen.