RAPADO sagt Papierbergen den Kampf an - Opremic

Ob Turbinenschaufel, Sensor oder Hydraulikventil – jedes einzelne Bauteil eines Verkehrsflugzeugs ist sicherheitsrelevant. Umso wichtiger ist es, dass sich bei Wartung und Reparatur jederzeit nachvollziehen lässt, wo ein Teil herkommt, wie oft es bereits flog und wie es gewartet oder überholt wurde.

Das nennt sich Rückführbarkeit – auf Englisch „Traceability“ und gehört zu den zentralen Anforderungen der Luftfahrtsicherheit. Das spielt nicht nur dann eine Rolle, wenn es im Zuge eines Unfalls zur Untersuchung durch die Luftfahrtbehörden kommt. Es ist auch für einen ganz alltäglichen Vorgang essenziell – den Handel und Einsatz von gebrauchten Flugzeugteilen. Und die machen heute einen erheblichen Teil des weltweiten Ersatzteilhandels aus.

Doch ohne lückenlosen Nachweis findet kein Flugzeugteil einen Käufer. Und dieser Nachweis wird größtenteils nach wie vor auf Papier geführt. Das System ist zwar aufwendig und auch nicht gegen Fehler gefeit, doch seit Jahrzehnten immer noch der unangefochtene Standard in der Branche. Es in die digitale Zukunft zu führen, hat sich das Eschborner Unternehmen Opremic auf die Fahnen geschrieben. „In unserem Projekt RAPADO haben wir eine digitale Lösung zur lückenlosen Dokumentation des Lebenszyklus von Flugzeugteilen geschaffen“, sagt Bastian Breitenmoser, der das Unternehmen 2019 zusammen mit Dr. Michael Frank gegründet hat. Forschungspartner des im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms (LuFo) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) geförderten Projekts ist die Freie Universität Berlin.

Digitale Kette statt Papierstapel

Die Grundidee von RAPADO: Jeder Eintrag zur Wartung, Prüfung oder Modifikation eines Teils wird als gesicherte Transaktion in einem dezentralen digitalen System gespeichert – mitsamt Zeitstempel, Rollenverteilung und Echtheitsnachweis. „Wir dokumentieren nicht das Teil selbst, sondern alle Prozesse, die daran hängen“, erklärt Bastian Breitenmoser. „Dadurch entsteht eine Art digitaler Zwilling mit einer nachvollziehbaren Ereigniskette.“ Das System basiert auf Open-Source-Technologien und nutzt Prinzipien der Distributed Ledger Technology (DLT), um eine fälschungssichere und überprüfbare Dokumentation zu ermöglichen – ohne den Begriff „Blockchain“ unnötig zu strapazieren. Zugriff auf die Einträge erhalten nur berechtigte Partner entlang der Liefer- und Wartungskette – etwa Hersteller, Airlines, Instandhaltungsbetriebe oder Prüforganisationen.

Paletten voller Papier
Durch das Projekt RAPADO können riesige Papiermengen eingespart werden.
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Opremic trade GmbH

„Als wir mit der Entwicklung begannen, haben wir die Dokumentation eines Airbus A320 erhalten“, erinnert sich der Betriebswirt, der vor der Unternehmensgründung bei verschiedenen Airlines gearbeitet hat. „Da kamen sieben Europaletten voller Papier bei uns an. Manches davon gut 20 Jahre alt.“ Das war nicht nur für den Scanner eine Herausforderung. Denn eines wurde schnell klar: Den Inhalt vom Papier ins Silizium zu übertragen, reicht nicht aus. „Die Rückmeldungen aus der Branche waren eindeutig: Wenn sich die teilweise über Jahrzehnte angesammelten Daten nicht auch auf spezifische Anforderungen auswerten lassen, haben sie keinen zusätzlichen Nutzen.“ Genau das war im ursprünglichen Projektumfang nicht vorgesehen. „Doch der Projektträger Luftfahrtforschung vom DLR hat hier unkompliziert und flexibel agiert“, lobt Bastian Breitenmoser die Zusammenarbeit. „Die Verlängerung der Projektlaufzeit hat ganz wesentlich zur Qualität der Lösung beigetragen.“

Praxisnah entwickelt

Damit sich RAPADO in der Praxis bewährt, hat Opremic von Beginn an mit Instandhaltungsbetrieben (MRO – Maintenance, Repair and Overhaul) zusammengearbeitet. „Die Luftfahrt ist ein streng regulierter Bereich“, sagt Bastian Breitenmoser. „Deshalb war es uns wichtig, die Anforderungen der Anwender genau zu verstehen und frühzeitig zu berücksichtigen.“ Im Projektverlauf entstand ein digitaler Demonstrator, der reale Anwendungsszenarien abbildet – zum Beispiel die Reparatur eines Ventils. „Man sieht, wie sich die digitale Lebenskarte Schritt für Schritt aufbaut – von der Herstellung, über den Ein- und Ausbau des Bauteils und dessen Wartung.“ Die digitale Ereigniskette verknüpft alle Vorgänge transparent und unveränderbar – nachvollziehbar für alle Berechtigten. Und das standortunabhängig.

Startseite des Programms SmartDocs
Das Programm wurde im Projekt RAPADO entwickelt
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Opremic trade GmbH

Das Team von Opremic ist sich sicher: RAPADO ist ein wichtiger Schritt in Richtung digitaler Luftfahrtinfrastruktur. „Das System kann Transparenz schaffen und den Aufwand im täglichen Umgang mit Dokumenten von Bauteilen, wie beispielsweise Einkauf, Verkauf, Rückfragen der Luftsicherheitsbehörden und so weiter, verringern“, meint der Luftfahrtexperte. „Wenn wir auf dieser Basis heute die Grundlagen legen, können wir in einigen Jahren einen durchgängig digitalen Lebenszyklus abbilden – von der ‚Geburt‘ eines Neuteils, über den Einsatz in verschiedenen Flugzeugen und die Wartung bis hin zur Verschrottung am Ende des Lebenszyklus.“ Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet Opremic eng mit der International Air Transport Association (IATA) zusammen. Gemeinsam wollen sie RAPADO zu einem neuen Industriestandard in der Luftfahrt entwickeln. Und auch über die Luftfahrt hinaus ließen sich die Prinzipien von RAPADO übertragen – etwa auf andere sicherheitsrelevante Industrien wie Schienenverkehr oder Medizintechnik. Digitale Identitäten für Bauteile, fälschungssichere Zertifikate und transparente Lieferketten: Der Ansatz verspricht nicht nur mehr Effizienz, sondern auch mehr Nachhaltigkeit.

Text: Kai Dürfeld

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Projektträger Luftfahrtforschung

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