Wissenstransfer

Geschäftsidee an der Schnittstelle zwischen e-Lkw und Netzstabilisierung

Das Start-up-Unternehmen Charge Circle ermöglicht Betreibern elektrisch betriebener Lkw Mehreinnahmen durch individuell zugeschnittene Ladestrategien. Basis ist ein gemeinsam mit dem DLR entwickeltes Optimierungsmodell.

Start-up „Charge Circle“ basiert auf Ergebnissen aus der DLR-Forschung – neue Einnahmequelle für Logistikbranche durch Bereitstellung von Ladeflexibilitäten

Das Ettlinger Start-up-Unternehmen Charge Circle ermöglicht Logistikunternehmen mit elektrisch betriebenen Lkw (e-Lkw) zusätzliche Einnahmen auf Basis individuell zugeschnittener Ladestrategien und direkter Anbindung an den Strommarkt. Pro Fahrzeug lassen sich dadurch in den inaktiven Standzeiten laut Unternehmensangaben über 3000 Euro pro Jahr erwirtschaften – allein durch die Bereitstellung bidirektionaler Ladeflexibilitäten mittels optimierter Software. Neben der ökonomischen Komponente trägt das Konzept somit zur Netzstabilisierung bei und könnte zudem zur schnelleren Marktdurchdringung von e-Lkw führen – und damit einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende leisten.   

Die Geschäftsidee, die im Januar 2024 beim größten deutschen studentischen Startup-Wettbewerb „GROW“ den 2. Platz belegt hatte, wurde mittels gemeinsamer wissenschaftlicher Analysen verifiziert und weiterentwickelt. Forschende des Instituts für Vernetzte Energiesysteme hatten empirische Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes zu konventionellen Lkw-Bewegungsmustern mit e-Lkw-spezifischen Parametern wie der Ladekapazität sowie mit weiteren Annahmen wie dem gewünschten Ladezustand und der Teilnahme an verschiedenen Strommärkten kombiniert und in einem mathematischen Modell zusammengeführt. Eine Erkenntnis: Die Anbindung von e-Lkw an die Strommärkte ermöglicht neue Geschäftsmodelle, insbesondere, wenn Aggregatoren als Vermittler zwischen Fahrzeugbetreibern und Strommärkten auftreten.

Das Gründerteam setze diese Schlussfolgerung an der Schnittstelle zwischen e-Lkw und privaten Ladestationen um. „Unser Kernservice für Flottenbetreiber ermöglicht ein sehr zuverlässiges und kosteneffizientes Laden von E-Lastwagen, welches den Ladevorgang effizient optimiert und dabei empirische Fahr- und Ladezeiten sowie Strompreise und lokale Stromerzeugung berücksichtigt. Für die Modellierung dieser komplexen Wechselwirkungen zwischen empirischen Ladezeiten und -bedürfnissen sowie der Berücksichtigung aller drei Strommärkte konnten wir uns auf die umfassende Expertise des Instituts für Vernetzte Energiesysteme verlassen. Auf Basis des gemeinsam entwickelten Optimierungsmodells können wir Logistikunternehmen umfassend über ihre potenziellen Ladekosten, einschließlich aller notwendigen Investitionen und Einnahmen aus Strommärkten, beraten. Das Ergebnis für unsere Kunden ist ein kompetenter und umfassender Service, der Entwicklung, Design, Beschaffung, Installation und Optimierung in einer End-to-End-Lösung kombiniert“, so Vahid Ghaiurane, Finanzvorstand des Unternehmens, der sich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter auf die Optimierung dezentraler Energiesysteme fokussiert hat.

Ghaiurane hatte die Forschungsergebnisse gemeinsam mit Prof. Dr. Patrick Jochem, Abteilungsleiter Energiesystemanalyse am Institut für Vernetzte Energiesysteme, im Juni 2025 unter dem Titel Integrating eTrucks into electricity markets by optimized charging auf der 46. IAEE International Conference in Paris vorgestellt. Den Ergebnissen nach führen vor allem drei Aspekte in der Straßengüterverkehrs-Logistik dazu, dass nahezu alle Strecken in Europa auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit E-Lkw betrieben werden können: Die auf EU-Ebene geregelten Fahr- und Standzeiten (EU-Verordnung 2024/1258), der Einsatz neuartiger E-Trucks sowie die Nutzung von Megawatt-Ladetechnik (MWC). Als Herausforderung wurden die erforderlichen Investitionen in die flächendeckende Ladeinfrastruktur (EVSE; Electric Vehicle Supply Equipment) identifiziert. Hier zeigt die dargestellte Unternehmensgründung jedoch, dass Logistikunternehmen durch die Teilnahme am Strommarkt ein lukratives neues Geschäftssegment erschließen können.     

Kontakt

Heinke Meinen

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Vernetzte Energiesysteme
Institutskommunikation

Prof. Dr. Patrick Jochem

Abteilungsleiter
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Vernetzte Energiesysteme
Energiesystemanalyse