DLR Magazin 147 - page 16-17

Glove-Box im Batterielabor des DLR-Stuttgart.
In ihr werden Batteriekomponenten vermessen
und getestet. Für ihre Arbeit unter Reinraum­
bedingungen streifen sich die Forscher die
schwarzen Ausstülpungen wie Handschuhe
(Glove) über ihre Arme.
Messaufbau zur simultanen Impedanzmessung von sechs in Serie geschalteten
Batterien im DLR Stuttgart, Fachgruppe Batterietechnik
Batterien in der Klimakammer: Hier wird ihre Funktionsweise bei verschiedenen
Temperaturen, von minus 40 bis plus 160 Grad Celsius untersucht.
Im Batterielabor verfügt das DLR Stuttgart über verschiedene Batterietester und Glove-Boxen zum Zusammenbau von Lithium-Metall-Batterien
B
atterien sind der Schlüssel in die Welt der Elektromobilität. Aber auch bei der stationären
Energieversorgung, zum Beispiel der Haustechnologie, ist eine effiziente, bezahlbare und
kundenfreundliche Batterie gefragt. Seit circa fünf Jahren entwickeln wir im DLR Batteriesysteme.
Unser Fokus liegt dabei auf Systemen der nächsten Generation wie Metall-Schwefel- und Metall-
Luft-Batterien. Dabei verzahnen wir experimentelle Analysen und virtuelle Modellierungen.
Neue Materialien im Test
Metall-Schwefel- und Metall-Luft-Batterien haben viele Vorteile: Sie verfügen über eine hohe spe-
zifische Energiedichte; bei Lithium-Luft-Batterien liegt diese zum Beispiel zehnmal höher als bei
den Lithium-Ionen-Batterien, die heute auf dem Markt üblich sind. Dieser Effekt wird vor allem
durch die Verwendung von metallischem Lithium erreicht. Es hat mit 3.861 Milliamperestunden pro
Gramm Lithium eine sehr hohe Speicherdichte. In herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien liegt
Lithium immer in Ionenform vor und hat eine deutlich geringere Speicherdichte von
372 Milliamperestunden pro Gramm Kohlenstoff. Bei den Metall-Schwefel- und Metall-Luft-Batteri-
en wird beim Entladevorgang das Aktivmaterial der Anode (Metall: Li, Zn, Mg, Al ...) oxidiert. Beim
Laden werden die Metall-Ionen dann wieder auf der Anode abgeschieden. An der Kathode wird
beim Laden, je nach Batterietyp, entweder Schwefel oder Sauerstoff reduziert und beim Laden
wird Schwefel abgeschieden oder Sauerstoff entwickelt. Die Materialien für die Zukunftsbatterie
sind in der Regel gut verfügbar, was die zu erwartenden Materialkosten niedrig hält. Allerdings
haben diese Systeme derzeit noch eine Reihe von Problemen, die durch Grundlagenforschung
verstanden und behoben werden müssen. Von Nachteil sind zum Beispiel die starke Degradation
der Batteriekapazität bei jedem Lade- und Entladevorgang sowie die leichte Entflammbarkeit. Ziel
unserer Forschung ist es, Materialien und Strukturen im Inneren der Batterie zu verbessern und die
Systeme leistungsfähiger, sicher und langlebig zu machen.
Das Innenleben einer Batterie besteht, vereinfacht gesagt, aus gepressten Pulvern mit Hohlräu-
men, die durch einen porösen Separator oder eine ionenleitfähige Membran getrennt sind, damit
es nicht zum Kurzschluss kommt. Im Batterielabor am DLR-Institut für Technische Thermodyna-
mik in Stuttgart können wir die Prozesse, die sich in einer Batterie abspielen, auf verschiedenen
Wegen untersuchen: Mit Hilfe von Computertomografie und Rasterelektronenmikroskopie er-
kennen wir unter anderem die Degradationsprozesse an Kathode und Anode im Mikrometerbe-
reich. Mit diesen Erkenntnissen haben wir Batterien mit neuen Strukturen und Materialien, zum
Beispiel Komposite aus Kohlenstoff mit einer Porengrößenverteilung zwischen zwei und 50
Nanometern (nm), sogenannten Mesoporen, und Schwefel entwickelt. Dadurch ist es uns ge-
lungen, die Anzahl der Be- und Entlade-Zyklen von 30 auf 100 und die Speicherkapazität von
300 Milliamperestunden pro Gramm Aktivmasse in der Kathode auf 800 zu steigern. Im
Vergleich dazu hat das aktive Kathodenmaterial einer derzeit im Handel erhältlichen Lithium-
Ionen-Batterie auf der Basis von Lithium-Nickel-Mangan-Kobaltoxid, NMC) eine Speicherka-
pazität von nur etwa 180 Milliamperestunden pro Gramm Aktivmasse.
Modellierung ist Grundlagenforschung
Parallel zu der experimentellen Entwicklung in Stuttgart entwickelt das DLR am Helmholtz-
Institut in Ulm (HIU) mathematisch-physikalische Modelle von Batterien, mit denen die
Vorgänge im Batterieinneren bis auf die Ebene der kleinsten Komponenten im Computer
simuliert werden können. Hier leisten wir Grundlagenarbeit an der vordersten Front der
Forschung. Die realitätsgetreue Modellierung vom nanoskaligen Bereich bis zur ganzen
Batterie ist essenziell für den Wechsel von einer langwierigen rein empirisch getriebenen
Batterieentwicklung zu einer schnellen und systematischen Identifikation neuer Batte-
riesysteme. Ziel ist es, in engem Zusammenspiel zwischen Experiment und Simulation
Grundlagen für Batteriesysteme der nächsten Generation
Von Prof. Dr. Arnulf Latz und Dr. Norbert Wagner
ENERGIE BESSER
SPEICHERN
effizientere und langlebigere Elektrodenstrukturen für das Innere der
Batterie zu entwickeln. So kann zum Beispiel eine intelligente räumliche
Verteilung der Korngrößen und Materialzusammensetzung des Pulvers
das schnelle und sichere Be- und Entladen unterstützen.
Durch diese systematische Bearbeitung können wir erfolgversprechen-
de Batteriekonzepte mit Hilfe der numerischen Simulation vorhersagen,
die durch die Trial-and-Error-Herangehensweise im Labor nur schwer
und in einem teuren und aufwändigen Prozess gefunden werden kön-
nen. So legt die theoretische Grundlagenforschung des DLR in Zusam-
menarbeit mit den Partnern am HIU und in der Helmholtz-Gemeinschaft
den Grundstein für eine systematische wissensbasierte Batterieentwick-
lung. Durch diese Zusammenarbeit hoffen wir, die Forschung soweit
voranzutreiben, dass Metall-Schwefel-Batterien bereits in den nächsten
drei Jahren kommerziell erhältlich sein werden. Metall-Luft-Batterien
hingegen befinden sich noch in der Entwicklungsphase und werden
erst zu einem späteren Zeitpunkt marktreif sein.
Prof. Dr. Arnulf Latz und Dr. Norbert Wagner
arbeiten im DLR-Institut für Techni-
sche Thermodynamik. Arnulf Latz leitet die Abteilung für Computergestützte Elekt-
rochemie und ist Professor für elektrochemische Multiphysikmodellierung an der
Unversität Ulm. Norbert Wagner ist Fachgruppenleiter Batterietechnik der Abteilung
Elektrochemische Energietechnik.
Bild: DLR/Frank Eppler
Bild: DLR/Frank Eppler
BATTERIEFORSCHUNG
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