DLR Magazin 150 - page 28-29

D
er Blick ins All: endlose Weite, Stille, Frieden … Doch halt: Auf der Sonne verursachen gigan-
tische Eruptionen extreme Winde. Energetische Teilchen werden aus der Sonnenkorona ins
Weltall geschleudert. Sonnenstürme können ionosphärische Störungen in der Atmosphäre ver-
ursachen und so die sensible Infrastruktur unserer Hightech-Gesellschaft gefährden. Denn unse-
re alltägliche Kommunikation und Navigation ist satellitengestützt. DLR-Wissenschaftler forschen
an den Ursachen und Auswirkungen des sogenannten Weltraumwetters. Am Standort Neustre-
litz bauen Wissenschaftler des Instituts für Kommunikation und Navigation und des Deutschen
Fernerkundungsdatenzentrums zusammen ein „Ionosphere Monitoring and Prediction Center
(IMPC)“ auf. Das IMPC wird ein Weltraumwetter-Beobachtungs-, Vorhersage- und Warndienst-
zentrum für Industrie, Regierung, Wissenschaft und für interessierte Laien.
Eruptionen auf unserem Fixstern
Vor 4,5 Milliarden Jahren entstand unser Sonnensystem aus einer Wolke aus Gas und Staub.
Auch heute noch ist die Sonne ein sehr aktiver Stern. Sie sendet nicht nur wärmendes Licht,
sondern auch einen ständigen Strom elektrisch geladener Teilchen aus – den Sonnenwind. Auf
ihrer 5.500 Grad Celsius heißen Oberfläche können ohne jede Vorwarnung explosionsartige
Eruptionen auftreten. Der Teilchenstrom, der ins Weltall geschleudert wird, ist dann in einem
begrenzten Gebiet kurzzeitig deutlich stärker als sonst – ein Prozess, den die Forscher als „Son-
nensturm“ bezeichnen. Treffen die energiegeladenen Teilchen auf die Erde, können sie techni-
sche Systeme in unserem Orbit beschädigen. Eine exakte Vorhersage solcher Eruptionen ist der-
zeit noch nicht möglich, da die physikalischen Zusammenhänge, die zu ihrem Auftreten führen,
teilweise noch unverstanden sind.
Um festzustellen, ob ein Sonnensturm die Erde trifft, wie stark dieser werden wird, und was da-
gegen getan werden kann, nutzen DLR-Wissenschaftler Daten von Sonnenbeobachtungssatelli-
ten. In 1,5 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde funktionieren diese Satelliten wie Warn-
bojen. Drei Satelliten kreisen in dieser lebensfeindlichen Umgebung: SOHO, ACE und DSCOVR
(siehe Glossar, Seite 33). Dabei dient der „Lagrange-Punkt“ L1 als Basis. L1 ist ein stabiler Punkt
im System Sonne-Erde, an dem die Satelliten mit geringem Energieaufwand verharren können.
Dabei tun ihre „Augen“ genau das, was wir Menschen auf der Erde dringend vermeiden sollten:
Sie schauen direkt in die Sonne.
Die Satelliten erfüllen dabei spezielle Beobachtungsaufgaben: SOHO fotografiert die Sonne unter
anderem im UV-Bereich. ACE ist seit 1997 aktiv und wurde 2015 durch DSCOVR ergänzt. Beide
WENN DIE SONNE
PLASMA SPUCKT
Forscher in Neustrelitz arbeiten an der Vorhersage des Weltraumwetters
Von Fabian Locher
Bild: NASA/SDO and the AIA, EVE, and HMI science teams
WELTRAUMWETTER
DLRma
G
azin
150
29
Ein mittelgroßer sogenannter Flare der Sonne, ein helles Bild des Fixsterns, das durch Reflexionen an einer oder mehreren Linsen
im Objektiv entsteht. Es zeigt im extremen Ultraviolett einen spektakulären koronalen Massenauswurf am 7. Juni 2011.
1...,8-9,10-11,12-13,14-15,16-17,18-19,20-21,22-23,24-25,26-27 30-31,32-33,34-35,36-37,38-39,40-41,42-43,44-45,46-47,48-49,...60
Powered by FlippingBook