Abteilung Digital integrierte Mikrostruktur und Mechanik

Damit innovative Werkstoffe schnell zum Einsatz kommen, muss ihr Verhalten im Betrieb präzise und zuverlässig vorhergesagt werden. Dafür ist es wichtig, die physikalischen Prozesse, die im Material bei der Beanspruchung ablaufen, tiefgehend zu verstehen und quantitativ zu beschreiben. Dazu nutzen und entwickeln wir experimentelle und numerische Methoden auf allen relevanten Längenskalen von der elektronischen Struktur, über atomare und molekulare Zusammenhänge, die Morphologie von Phasen und Grenzflächen bis zu den Effekten aufgrund der Gestalt und der Oberflächenbeschaffenheit von Bauteilen. Den Schwerpunkt setzen wir auf Werkstoffe für hohe mechanische Beanspruchungen in einem weiten Temperaturbereich. Die Erforschung neuer Materialien beschleunigen wir mithilfe moderner künstlicher Intelligenz (KI), Quanten-Computing und der Automatisierung unser Test- und Analysemethoden.

Werkstoffverhalten verstehen – Bauteilperformance vorhersagen

Die mechanischen Eigenschaften eines Werkstoffs sind untrennbar mit seiner inneren Struktur verbunden. Wir untersuchen diesen Zusammenhang mit hochpräzisen theoretischen und experimentellen Methoden. Besonders im Fokus unserer Forschung stehen die Ermüdungseigenschaften und die Bruchmechanik – essenziell für die Sicherheit kritischer Bauteile, etwa in der Luftfahrt.

Durch die Kombination klassischer Versuchstechnik mit skalenübergreifender Digitaler Bildkorrelation, Robotik und KI setzen wir neue Maßstäbe in der experimentellen Mechanik. „Self-driving Labs“ ermöglichen uns die automatisierte Generierung großer Datensätze, um bisher unbekannte Zusammenhänge aufzudecken. Diese Erkenntnisse sind auch entscheidend für die virtuelle Zertifizierung der nächsten Generation von Luftfahrtstrukturen – ein bedeutender Schritt hin zu sichereren, effizienteren und leistungsfähigeren Technologien.

Werkstoffmechanische Prüfung – Präzision unter extremen Bedingungen

Wir charakterisieren Hochleistungswerkstoffe unter realitätsnahen Einsatzbedingungen. Dafür stehen servohydraulische, elektromechanische und Resonanz-Prüfmaschinen mit Kräften von 1 bis 1000 kN zur Verfügung, einschließlich einer biaxialen Prüfmaschine für kreuzförmige Prüfkörper. Unser Testportfolio umfasst:

  • Mechanische Charakterisierung (Zug-, Biege-, Druckversuche)
  • Ermüdungsanalysen (Rissausbreitung, Beständigkeitstests)
  • Kriechversuche unter Langzeitbelastung
  • Tests unter extremen Bedingungen (Temperaturen von -196°C bis 1400°C, korrosive Umgebungen)

In unserer Forschung setzen wir Schwerpunkte auf Hochtemperaturwerkstoffe, z.B. für Luftstrahltriebwerke, und auf Leichtbauwerkstoffe.  Wir arbeiten mit  digitalen Methoden wie Bildkorrelation, robotergestützte Automatisierung und digitale Workflows, um Versuchsdaten schnell und präzise zu erfassen und auszuwerten. Alle Daten werden gemäß dem FAIR-Prinzip (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable) nachhaltig in einem Datenmanagementsystem gespeichert.

Den Werkstoffen auf den Grund gehen – Analysen bis auf die atomare Skala

Moderne Werkstoffe zeichnen sich durch komplexe, aus unterschiedlichen Materialien und Phasen aufgebaute Gefüge aus. Grundlage für das Verständnis des Werkstoffverhaltens ist die Charakterisierung dieser Gefüge vom atomaren Aufbau der Phasen und Grenzflächen über das klassische Gefüge bis zu den aus der Gestalt gegebenen Diskontinuitäten in Bauteilen. Die Zentrale  Analytik und Metallographie präpariert die Gefüge der Werkstoffe und charakterisiert diese von der atomaren Ebenen bis zum Bauteil. Hierbei kommen eine Vielzahl von Beugungsmethoden wie Röntgen- und Elektronenbeugung ebenso wie abbildende mikroskopische Verfahren, wie Lichtmikroskopie sowie Raster- und Transmissionselektronenmikroskopie inklusive der verbundenen spektroskopischen Verfahren Energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX ) und Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS) zur Anwendung. Die Interpretation der Analyseergebnisse wird zunehmend durch datengetriebene Auswertungsmethoden und maschinelles Lernen unterstützt, um verborgene Zusammenhänge zwischen den Materialstrukturen und den Werkstoffeigenschaften zu identifizieren.

Dual Beam, STEM und Röntgenpulverdiffraktometer
Dual Beam (FIB) FEI Helios NanoLab600i (0,8 nm Auflösung) für die Präparation dünner Lamellen für die TEM,ausgestattet für Tomographie, EDX und WDX (links). ThermoFisher Scientific Spectra 300 (S)TEM mit Probe Korrektor (47 pm Auflösung), mit EDX, EELS, 4D STEM, NanoMegas Astar-System und Tomographiezusatz (mitte). Bruker D8 Advance Röntgenpulverdiffraktometer mit Co-Röhre und Probenwechsler, eines von drei Röntgendiffraktometern (rechts).
 

Skalenübergreifende Modellbildung – Digitale Ansätze für neue Werkstoffe

Um die Erforschung neuer Hochleistungswerkstoffe zu beschleunigen, setzen wir auf modernste Technologien: Mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) analysieren wir experimentelle Daten, kombinieren physikalische Modelle mit fundiertem Fachwissen und schaffen so zuverlässige Vorhersagemodelle. Unser Ziel: die Entwicklung neuer Werkstoffe effizienter, präziser und automatisierter zu gestalten.

Ein tiefgehendes Verständnis der grundlegenden Materialeigenschaften – von der elektronischen Struktur bis hin zu mechanischen Eigenschaften – erfordert Simulationen auf allen relevanten Skalen. Deshalb entwickeln wir fortschrittliche Simulations- und Optimierungsmethoden unter Einsatz von Quantencomputing, Quantenannealing und maschinellem Lernen.

Kernkompetenzen

Vorhersage der Bauteilperformance

Werkstoffmechanische Prüfung und Charakterisierung von Hochleistungswerkstoffen

Effiziente, präzise und automatisierte Werkstoffentwicklung