Energiesystemanalyse
Die Abteilung Energiesystemanalyse generiert systemanalytisches Wissen, welches wir sektorenübergreifend bis hin zur globalen Ebene und basierend zum Teil auf eigenentwickelten Methoden und Modellierungstools bereitstellen.
Berücksichtigung des gesellschaftlichen Wohls bei der Transformation des Energiesystems
Die Forschung zur Gestaltung zukünftiger Energiesysteme bezieht sich in der Regel auf Aspekte wie technologische Effizienz oder Kostenminimierung. Dagegen sind soziale oder gemeinwohlorientierte Fragestellungen meist nicht Teil der wissenschaftlichen Betrachtung. Weil eine zukunftsfähige Energieversorgung jedoch nicht nur günstig und effizient sein muss – sondern auch gerecht und ökologisch verträglich – widmet sich das Forschungsprojekt ENERGOOD (gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) der Frage, wie gesellschaftliches Wohl in das Design zukünftiger Energiesystementwürfe integriert werden kann. Dafür soll die Gemeinwohlwirkung auf Basis von modellgestützten methodischen Ansätzen bewertbar gemacht machen.
Forschungsprojekt ENERGOOD | |
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Laufzeit | Januar 2025 bis Dezember 2026 |
Förderung durch | Bundesministerium für Wirtschaft und Energie |
Projektbeteiligte |
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Ein zentrales Element des Projekts ENERGOOD ist vor diesem Hintergrund die Entwicklung eines Kataloges mit quantifizierbaren Gemeinwohlindikatoren im Energiekontext. Diese sollen Dimensionen wie zum Beispiel Flächenverbrauch, Teilhabe und Beschäftigung abdecken. Hierfür werden etablierte Konzepte wie der „Better Life Index“ der OECD oder der „Capability Approach“ aufgegriffen und weiterentwickelt. In einer repräsentativen Umfrage werden diese Indikatoren anschießend bewertet und gewichtet, um so ein tragfähiges Bewertungsraster für gemeinwohlorientierte Szenarien zu schaffen. Im weiteren Projektverlauf werden sie dann in detaillierten Energiesystemmodellen als tragfähiges Bewertungsraster für gemeinwohlorientierte Transformationsszenarien verwendet. Damit auch alternative Energieszenarien entwickelt und bewertet werden können, wird ergänzend ein Suffizienz-orientiertes Energieszenario betrachtet, in dem die Energienachfrage durch veränderte Lebensstile und deren ökologische und soziale Grundlagen beeinflusst wird.
Am Institut für Vernetzte Energiesysteme setzt das Projektteam das am DLR entwickelte Modellierungs-Framework REMix ein, um einen direkten Vergleich der klassisch kostenminimierten Szenarien mit nach Gemeinwohlindikatoren optimierten Szenarien vornehmen zu können – jeweils für das Referenz- und das Suffizienzszenario. Dafür wird REMix um die in ENERGOOD entwickelten Gemeinwohlindikatoren erweitert. Auf dieser Basis lässt sich analysieren, wie sich unterschiedliche Gewichtungen der Indikatoren auf das Gesamtergebnis auswirken. Potenzielle Zielkonflikte werden transparent, etwa zwischen Kosteneffizienz und Teilhabe oder zwischen Beschäftigungseffekten und Flächenbedarf. Aus den Daten leitet das Projektteam Gemeinwohl-Landkarten für Deutschland ab, die zeigen, welche Regionen im Zuge der Energiewende besondere Chancen oder Herausforderungen unter Aspekten des gesellschaftlichen Wohls aufweisen.
In einem weiteren Ansatz analysiert das Projektteam des DLR die Auswirkungen von eher gemeinwohl- im Vergleich zu eher profit-orientierten Entscheidungen. Hintergrund: Die Entwicklung unseres Energiesystems wird letztlich maßgeblich von den tatsächlichen Investitionsentscheidungen der Akteure der Energiewende geprägt. Vor diesem Hintergrund wird das Verhalten verschiedener Akteure im Stromsystem mit Hilfe des agentenbasierten Modells AMIRIS simuliert, um im Ergebnis ökonomische Anreize identifizieren zu können, die Investitionen mit höherem gesellschaftlichem Wohl fördern.
Die Ergebnisse aus dem ENERGOOD-Projekt werden in konkrete Handlungsempfehlungen und veranschaulichende Visualisierungen münden. Sie sollen Entscheidungsprozesse in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft unterstützen, Gemeinwohlaspekte bei der Gestaltung unseres Energiesystems zu berücksichtigen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und gesellschaftlich tragfähige Entscheidungen zu treffen. Hierfür stellt ENERGOOD einen neuartigen, interdisziplinären Bewertungsrahmen auf Basis energiesystemanalytischer Methoden bereit.