22. Mai 2015

Radar­blick ins ewi­ge Eis für die Kli­ma­for­schung: DLR-Flug­ver­su­che über Grön­land

DLR-Forschungsflugzeug DO 228 D-CFFU
DLR-For­schungs­flug­zeug DO 228 D-CF­FU
Bild 1/3, Credit: DLR (CC-BY 3.0).

DLR-Forschungsflugzeug DO 228 D-CFFU

Das For­schungs­flug­zeug DO 228 D-CF­FU des DLR mit dem F-SAR Ra­dar Sys­tem an Bord bei ei­ner Zwi­schen­lan­dung in Ilu­lis­sat, Grön­land. Die Ra­dar­an­ten­nen sind seit­lich am Rumpf des Flug­zeugs zu er­ken­nen.
In­stal­la­ti­on von Ra­dar­re­flek­to­ren
Bild 2/3, Credit: Silvan Leinss, ETH Zürich.

Installation von Radarreflektoren

Die DLR-Wis­sen­schaft­ler Mar­tin Kel­ler und Ge­org Fi­scher ver­an­kern zwei Ra­dar Re­flek­to­ren auf dem grön­län­di­schen Eis­schild. Im Vor­der­grund sieht man zwei GPS-Ba­sis­sta­tio­nen, die die prä­zi­se Ver­mes­sung der Re­flek­to­ren er­mög­li­chen.
Der lan­ge Weg zur nächs­ten Re­flek­tor-In­stal­la­ti­on
Bild 3/3, Credit: Silvan Leinss, ETH Zürich.

Der lange Weg zur nächsten Reflektor-Installation

DLR-For­scher Ge­org Fi­scher läuft zu der nächs­ten Stel­le, an der ein Ra­dar-Re­flek­tor plat­ziert wird. Am South Do­me, dem höchst­ge­le­ge­nen Test­ge­biet, herrsch­ten güns­ti­ge Wet­ter­be­din­gun­gen, die es er­mög­lich­ten, die Ra­dar­re­flek­to­ren in ei­ner Ent­fer­nung von bis zu ei­nem Ki­lo­me­ter vom Flug­zeug ent­fernt zu ver­an­kern.

Grönlands Eisschild ist zum Teil mehr als drei Kilometer dick und ein Angelpunkt in der weltweiten Klimaforschung. Derzeit testen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) bei einer in Kooperation mit der Danish Defence Acquisition and Logistics Organization (DALO) initiierten Forschungsflugkampagne auf Grönland gemeinsam mit Kollegen der ETH Zürich neue Radar-Abbildungsverfahren. Diese sollen zukünftig die dreidimensionale Schnee- und Eisbeschaffenheit in bis zu 50 Metern Tiefe aus der Luft vermessen können. "Dadurch soll sich auf lange Sicht der Einfluss des Klimawandels auf die interne Schichtung von Schnee, Firn und Eis bestimmen lassen", erklärt Prof. Irena Hajnsek, Projektleiterin der ARC­TIC15 Kampagne. Interessant ist das beispielsweise, um zu untersuchen, wie viel Wasser des an der Oberfläche tauenden Schnees beim Einsickern wieder gefriert und somit nicht zum Anstieg des Meeresspiegels beiträgt. Ein Effekt der in bisherigen Klimamodellen noch unzureichend berücksichtigt ist, wie es im aktuellen Bericht des Weltklimarats (IPCC) heißt.

Flüge über Gletscherspalten und Gipfel

Montiert ist das sogenannte F-SAR (Flugzeuggestütztes Radar mit synthetischer Apertur) auf dem DLR-Forschungsflugzeug Do-228 D-CFFU, das in der rund sechswöchigen Forschungskampagne bis Ende Mai fünf Untersuchungsgebiete im südlichen Teil Grönlands mehrfach überfliegt. "Es ist schon etwas Besonderes über das ewige Eis Grönlands zu fliegen", sagt DLR-Pilot Thomas van Marwick von den DLR-Flugexperimenten. "Gerade die weiten Distanzen zwischen den Landemöglichkeiten und die teilweise extremen Witterungsbedingungen müssen speziell berücksichtigt werden". Die Crew an Bord des DLR-Forschungsflugzeugs fliegt unter anderem in Gebieten entlang der Küsten, wo das Eisschild in mächtige Gletscherzungen übergeht und große Spalten bildet, sowie über dem südlichen Hochland, wo sie auch den höchsten Punkt, den sogenannten South Dome passiert. Die Flüge dauern in der Regel vier bis fünf Stunden. Es sei denn, es müssen aufgrund der zum Teil großen Strecken zusätzliche Flughäfen für Tankstopps angeflogen werden.

Unter der Oberfläche

"Mit der neuen Radartechnik werden sich zukünftig die verschiedenen Schnee- und Eisarten aus der Luft und dem Weltraum erkennen lassen", sagt Kampagnenleiter Ralf Horn vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. "Verschiedene Eisarten reflektieren die Radarstrahlung unterschiedlich und das F-SAR des DLR ist in der Lage, diese Unterschiede zu erfassen, teilweise in Tiefen von bis zu 50 Metern." Das Eis auf Grönland zeigt dabei einen sehr unterschiedlichen Aufbau, je nachdem welche Region betrachtet wird. Die zentral und sehr hoch gelegenen Gebiete erfahren auch im Sommer kaum Schneeschmelze, wodurch sich das Eis unter einer dutzende Meter dicken Firnschicht befindet, die erst über den Druck der darüber liegenden Schichten zu Eis umgewandelt wird. Im Gegensatz dazu findet man in Küstennähe blankes Eis, das nur im Winter eine geringe Schneeauflage aufweist. Der Blick in die Tiefe des Eises ist gleichzeitig auch ein Blick in das Klima der letzten Jahrzehnte, da über die Jahre Eisschicht um Eisschicht entstand.

Harte Feldarbeit zum Einstieg

Bevor die Flugkampagne mit der Do-228 des DLR begann, mussten die abgelegenen Gebiete am Boden erkundet, Radarreflektoren installiert und Schnee, Firn und Eis von Hand untersucht werden. Dazu nutzten die DLR-Wissenschaftler ein gechartertes schneelandefähiges Flugzeug. Während der fünf- bis sechsstündigen Aufenthalte bei zum Teil weniger als minus 25 Grad Celsius und starkem Wind kam dabei auch ein Bodenradar, eine Leihgabe des Alfred-Wegener-Instituts, und eine Schneesonde zum Einsatz. "Die härtesten und spannendsten Arbeitsbedingungen, die ich in meiner wissenschaftlichen Laufbahn bisher erlebt habe", sagt DLR-Forscher Georg Fischer, der die vorausgehende Expedition der zu befliegenden Gebiete organisierte und mit zwei Kollegen, vom DLR und der ETH Zürich, umsetzte.

Nach der Rückkehr aus Grönland ist geplant auf Basis dieser Forschungskampagne neue Methoden zur Schnee- und Eisanalyse zu entwickeln, die dann auch auf die Daten zukünftiger Satellitenmissionen wie etwa Tandem-L anwendbar sind. Dadurch könnte auf neue Art und Weise flächendeckend aus dem All beobachtet werden, wie sich Gletscher und Eisschilde der Erde verändern. Bisher sind diese Erkenntnisse nur punktuell durch aufwändige Expeditionen möglich.

Alle Arbeiten werden im Rahmen der HGF-Allianz "Re­mo­te Sen­sing and Earth Sys­tem Dy­na­mics" durchgeführt.

Die Forscher berichten im DLR Blog über weitere Details ihrer abenteuerlichen Forschungsexpedition auf Grönland.

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    In­sti­tut für Hoch­fre­quenz­tech­nik und Ra­dar­sys­te­me
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