13. Oktober 2020 | Weltweit einzigartiges Radar „made in Germany“

Mehr Sicherheit im All – Weltraumradar GESTRA ist startklar

  • Nach fünfjähriger Entwicklungs- und Bauphase ist das erste deutsche Weltraumradar mit Sende- und Empfangseinheit auf der Schmidtenhöhe bei Koblenz installiert.
  • Enge Kooperation von DLR Raumfahrtmanagement, Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) und Weltraumlagezentrum.
  • Die Daten von GESTRA sollen auch auf europäischer Ebene für mehr Sicherheit im so genannten niedrigen Erdorbit sorgen.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Weltraumsicherheit, Weltraummüll, Schutz von Infrastrukturen aus dem All.

Im Weltraum ist (immer mehr) los: mehrere tausend Satelliten, Raumfahrzeuge und andere Objekte ziehen auf Orbits zwischen 300 und 3000 Kilometern Höhe ihre Bahnen. Nicht nur abgeschaltete Satelliten und Raketenoberstufen befinden sich dort, sondern auch hunderttausende kleiner Trümmer. Satelliten und andere Weltrauminfrastruktur wie zum Beispiel die Internationale Raumstation ISS müssen deshalb rund um die Uhr beobachtet werden, um Kollisionen zu vermeiden. „Aktive“ Objekte können gesteuert werden und Ausweichmanöver fliegen, „inaktiver“ Weltraumschrott wie ausgediente Satellitenteile oder auch Rückstände von Raketen stellen eine potenzielle Gefahr dar.

Das Weltraumradar GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar) kann Weltraumobjekte im erdnahen Orbit rund um die Uhr überwachen. Es ist in seiner Komplexität - mit jeweils 256 einzeln elektronisch ansteuerbaren Sende- und Empfangseinheiten - und seinem Aufbau - mobil mit zwei getrennten Containern für Sender und Empfänger - einzigartig.

Am 13. Oktober 2020 wurde GESTRA an seinem finalen Standort auf dem Bundeswehrgelände Schmidtenhöhe bei Koblenz eingeweiht: „Von hier aus wird das Experimentalradar einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung unserer Satelliten im erdnahen Weltraum leisten. GESTRA besteht aus einer Sende- und einer Empfangseinheit, die beide hier aufgebaut sind. Mit ihnen können wir Weltraumobjekte im so genannten niedrigen Erdorbit detektieren und ihre Bahn vermessen. Von hier aus werden die Messdaten an das deutsche Weltraumlagezentrum nach Uedem gesendet. Dort entsteht ein umfangreicher Katalog, der uns rund um die Uhr über die ‚Lage im All‘ und mögliche Gefahren informiert“, erläutert Dr. Walther Pelzer, Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), zuständig für das Raumfahrtmanagement. Pelzer ergänzt: „Wenn GESTRA nach Abschluss aller Tests voraussichtlich Anfang 2021 seinen operativen Betrieb aufnimmt, erhält Deutschland erstmals unabhängig Daten für die Erstellung eines eigenen Katalogs von Objekten im niedrigen Erdorbit.“

GESTRA ist das erste deutsche Weltraumradar: Das DLR Raumfahrtmanagement in Bonn hat GESTRA mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) vom Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) in Wachtberg bei Bonn in den vergangenen fünf Jahren entwickeln und bauen lassen. In den letzten Monaten ist GESTRA an seinem finalen Standort auf der Schmidtenhöhe bei Koblenz installiert worden. Die Daten des deutschen Experimentalradars werden im gemeinsam vom DLR Raumfahrtmanagement und der Luftwaffe in Uedem (Niederrhein) betriebenen Weltraumlagezentrum verarbeitet. Bereits vor einem Jahr, am 27. November 2019, hatte GESTRA im Rahmen von Tests beim FHR in Wachtberg erste Signale von Weltraumobjekten empfangen. Die Finanzierung des GESTRA-Betriebs erfolgt durch das Bundesministerium der Verteidigung.

Thomas Jarzombek (MdB), Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, stellt das neue Weltraumradar in einen gesamtstaatlichen Kontext: „Satelliten sind längst unverzichtbar für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, Stichworte sind hier Navigations- und Kommunikationsdienste oder auch Erdbeobachtungsdaten. Wir erleben derzeit ein nahezu exponenzielles Wachstum der Weltraumnutzung: Nach neuesten Zahlen kreisen heute mehr als 3.000 aktive Satelliten um die Erde. Und in Zukunft werden es noch deutlich mehr werden.“

Angesichts dessen werde ein sogenanntes Weltraumlagebild immer wichtiger für den Schutz und die Nachhaltigkeit von Weltraumaktivitäten. „Wir müssen genau wissen, wo sich die Satelliten und zehntausende Weltraumschrott-Objekte zu einem gegebenen Zeitpunkt befinden, um katastrophale Kollisionen verhindern zu können“, so Jarzombek weiter.

GESTRA ist auch auf europäischer Ebene im Rahmen des Projekts EUSST (European Space Surveillance and Tracking) eingebunden. Deutschland hat hier die Aufgabe, die Messdaten der zu EUSST beitragenden Sensoren zu einem europäischen Bahndatenkatalog zu verarbeiten. Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten kann ein Satellit bei einer Kollision im Orbit vollständig zerstört werden. Die dabei entstehenden Trümmer erhöhen die Gefahr von Kettenreaktionen und weiteren Kollisionen. Im Jahr 2009 gab es eine schwere Kollision: damals stießen der amerikanische Satellit Iridium-33 und der inaktive russische Cosmos-2251 zusammen. Allein dieser Unfall verursachte mehr als 3.000 messbare Schrottobjekte. Viele davon stellen bis heute eine Gefahr für Satelliten dar, die deshalb regelmäßig Ausweichmanöver fliegen müssen.

Mehr Sicherheit im Weltraum: Weltraumradar GESTRA (Animation)
GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar) Im erdnahen Weltraum ziehen mehrere tausend Satelliten, Raumfahrzeuge und andere Objekte ihre Bahnen. In diesem Bereich befinden sich aber auch hunderttausende Teile Weltraumschrott: Insgesamt handelt es sich dabei um rund 8000 Tonnen Material. Der größte Teil davon – etwa 75 Prozent – befindet sich auf niedrigen Orbits zwischen 200 und 2000 Kilometern Höhe, im sogenannten "Low Earth Orbit" (LEO). Eine Kollision mit Weltrauminfrastruktur stellt damit ein hohes Risiko dar. Auch die Internationale Raumstation ISS, die auf einem Orbit in rund 400 Kilometern Höhe kreist, ist davon betroffen. Um Kollisionen so weit wie möglich zu vermeiden, werden kontinuierlich verlässliche Daten zur Weltraumlage benötigt. Hierzu werden Radarsysteme wie GESTRA benötigt.

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