INAIR 2025 – Luftverkehrsforschung im Dialog

- Klimaschutzstrategien und Energieinfrastrukturen der Zukunft
- Ökonomische Wirkungen und Nachfrageverhalten im Luftverkehr
- Quantenoptimierung und datenbasierte Entscheidungsunterstützung
- Nachhaltige und resiliente Entwicklung des globalen Luftverkehrssystems
Im Oktober 2025 fand in Paola (Malta) die „14th International Conference on Air Transport“ (INAIR 2025) statt. Seit über einem Jahrzehnt ist sie im Bereich des Luftverkehrs eine wichtige Plattform, um Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie zu vernetzen und aktuelle Forschungsergebnisse zu diskutieren. Unter dem diesjährigen Motto „Fly high, learn far“ stand die Konferenz ganz im Zeichen des Wissensaustauschs und der gemeinsamen Suche nach innovativen Perspektiven für die Zukunft der Luftfahrt.
Das DLR-Institut für Luftverkehr beteiligte sich mit sieben wissenschaftlichen Beiträgen, die sich zentralen Zukunftsfragen widmen – von nachhaltigen Energieträgern und ökonomischen Wirkungsanalysen bis hin zu quantenbasierten Optimierungsansätzen für den Flugbetrieb.
Nachhaltige Energieträger und Klimaschutz im Luftverkehr
Mit mehreren Beiträgen widmete sich das Institut der Transformation hin zu einem klimaverträglichen Luftverkehrssystem.
Wasserstoffleckagen an Flughäfen
Eine Studie untersuchte die technischen und klimarelevanten Herausforderungen entlang der flüssigen Wasserstoffversorgung am Flughafen – von Verflüssigung und Speicherung bis zur Betankung1. Der Einsatz von LH2 kann Treibhausgasemissionen deutlich senken, jedoch führt freigesetzter Wasserstoff indirekt zur Erwärmung. Die Analyse quantifiziert potenzielle Leckagen über fünf Versorgungsschritte und unterscheidet zwischen atmosphärischen und rückgewinnbaren Verlusten. Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der Verluste zurückgewonnen werden kann und damit nahezu emissionsfreie Routineprozesse möglich sind; nur ein kleiner, technisch unvermeidbarer Anteil gelangt in die Atmosphäre.
Versorgungsketten für alternative Flugkraftstoffe
Ein weiterer Beitrag beleuchtete die infrastrukturellen und logistischen Voraussetzungen für eine zukünftige Energieversorgung des Luftverkehrs mit Wasserstoff und nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF)2. Die Ergebnisse zeigen, dass eine detaillierte Bewertung notwendig ist, um Energieeffizienz und Versorgungssicherheit von Versorgungsketten sicherzustellen. Die Bewertung muss dabei neben ökologischen und ökonomischen Kriterien auch Aspekte der Risikostreuung und Resilienz enthalten, um zu gesamtwirtschaftlich vorteilhaften Strategien zu kommen. Besonders hervorgehoben wird die Rolle von Seehäfen und Terminals beim künftigen Import alternativer Energieträger.
Kosten und Strategien der Emissionsminderung
Eine weitere Untersuchung analysierte die wirtschaftlichen Aspekte von Klimaschutzmaßnahmen im Luftverkehr anhand sogenannter marginaler Vermeidungskosten3. Die Analyse zeigt, dass viele technologische Lösungen – etwa der Einsatz von Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen – derzeit im Vergleich zu Emissionsminderungsmaßnahmen in anderen Sektoren noch hohe Kosten verursachen. Das Forschungsteam empfiehlt daher eine Kombination aus marktbasierten Instrumenten wie Emissionshandel und gezielten Fördermaßnahmen, um den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Luftfahrt langfristig wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.
Ökonomische Analysen und Nachfrageverhalten im globalen Luftverkehr
Mehrere Studien des Instituts widmeten sich der wirtschaftlichen Dimension des Luftverkehrs und den Wechselwirkungen zwischen Angebot, Nachfrage und Regulierung.
Methodische Grundlagen zur Bewertung ökonomischer Wirkungen
In einer Untersuchung wurden 96 internationale Studien ausgewertet, um bewährte und neue methodische Ansätze zur Quantifizierung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Luftverkehrs zu identifizieren4. Die Analyse empfiehlt, makroökonomische Modelle wie Input-Output- und Gleichgewichtsmodelle stärker mit regionalen Daten und empirischen Wirkungsanalysen zu verknüpfen, um die vielfältigen Rückkopplungseffekte des Luftverkehrs auf Beschäftigung, Wertschöpfung und Investitionen präziser abzubilden.
Preiselastizitäten und Marktverhalten
Eine weitere Studie lieferte neue empirische Erkenntnisse zur Preiselastizität der weltweiten Luftverkehrsnachfrage5. Anhand eines umfassenden, globalen Datensatzes von Passagierströmen der Jahre 2010 bis 2019 und unter Verwendung neuer zweistufiger Ansätze mit Instrumentenvariablen sowie eines Fixed Effects-Models zur Vermeidung verzerrter Einflüsse wurde gezeigt, dass die Nachfrage unelastischer ist als ältere Studien vermuten lassen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Passagiere in Europa deutlich preissensitiver reagieren als in anderen Regionen. Auch variiert die Preiselastizität nach Streckenlänge: Passagiere für Mittelstreckenflüge zeigen die stärkste Reaktion auf Preisänderungen. Diese Ergebnisse sind sowohl für politische Entscheidungen – etwa zur Bewertung von Ticketabgaben oder CO2-Bepreisung – als auch für die Preisstrategien der Fluggesellschaften von Relevanz.
Passagierströme zwischen Europa und der Golfregion
Eine weitere Analyse beschäftigte sich mit den Verkehrsströmen zwischen Europa sowie den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Katar, die zu den im Luftverkehr bedeutendsten Golfstaaten zählen6. Die Untersuchung zeigt, dass die VAE zunehmend nicht nur als Drehkreuz, sondern auch als eigenständige Reiseziele an Bedeutung gewinnen, während Katar derzeit noch hauptsächlich als Umsteigeort genutzt wird. Trotz zahlreicher Direktverbindungen bestehen Potenziale für neue Strecken, insbesondere zwischen einigen mittelgroßen europäischen Städten und Dubai. Solche Erkenntnisse können Fluggesellschaften und Flughäfen bei der strategischen Netzplanung unterstützen.
Optimierungsverfahren und neue Technologien
Neben ökonomischen und ökologischen Fragestellungen widmete sich das Institut auch technologischen Innovationen in der betrieblichen Planung. Eine Studie verglich Eigenschaften verschiedener mathematischer Modelle zur Crew-Planung, um die Eignung der Modelle für zukünftige Quantencomputer zu bewerten7. Durch den Vergleich der klassischen und quantenphysikalischen Eigenschaften der Modelle, konnte analysiert werden, welche Modelltypen sich besonders für eine Implementierung auf Quantenhardware eignen. Damit stellt die Studie einen wichtigen Schritt für die Nutzung von Quantencomputern in der betrieblichen Optimierung des Luftverkehrs dar.
1 T. Schunkert, M. Engel “Hydrogen Leakage Across an Airport Liquid Hydrogen - Supply Chain”, 14th International Conference on Air Transport (INAIR 2025), Paola, Malta.
2 W. Grimme, S. Kumar “The green energy transition in air transport – an analysis of supply chains for hydrogen and sustainable aviation fuels”, 14th International Conference on Air Transport (INAIR 2025), Paola, Malta.
3 L. Müller, D. Plesch, J. Scheelhaase “Climate Mitigation Strategies for Aviation - A Marginal Abatement Cost Perspective”, 14th International Conference on Air Transport (INAIR 2025), Paola, Malta.
4 S. Kumar, D. Plesch “A Literature Review and Methodological Recommendations to Measure the Economic Impact of Air Transport”, 14th International Conference on Air Transport (INAIR 2025), Paola, Malta.
5 K. Oesingmann, K. Kölker “Price Elasticities in Aviation: Novel Estimates from Structural Gravity Modelling and Instrumental Variables Approach”, 14th International Conference on Air Transport (INAIR 2025), Paola, Malta.
6 S. Maertens, W. Grimme “Segment and OD demand from Europe to the UAE and Qatar: Trends and potentially underserved markets”, 14th International Conference on Air Transport (INAIR 2025), Paola, Malta.
7 E. Stoebke, T. Ehlers, K. Lütjens “A comparative study of crew pairing optimization formulations: Preparing for quantum computing”, 14th International Conference on Air Transport (INAIR 2025), Paola, Malta.