AVATAR-T
Akronym | Aeolus Validation Through Airborne lidaRs in the Tropics |
Ziel |
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Periode | 2021 - 2025 |
Förderung | DLR, ESA |
Projektleitung | |
Teilnehmer |



Im Rahmen des Projekts brachte das Institut für Physik der Atmosphäre seine herausragende Expertise in der lidar-basierten Fernerkundung von Windprofilen ein und entsandte im September 2021 ein Team von 20 Lidar-Wissenschaftler:innen und Ingenieur:innen des Instituts für Physik der Atmosphäre (IPA) sowie der Einrichtung Flugexperimente (FX) auf die kapverdische Insel Sal. An Bord der Falcon 20 des DLR wurden zwei Doppler-Wind-Lidare betrieben, um die ESA-Windlidar-Satellitenmission Aeolus durch die Validierung ihrer Winddatenprodukte zu unterstützen. Nach drei erfolgreichen luftgestützten Validierungskampagnen über Europa und Island lag der Schwerpunkt dieser Kampagne auf der Untersuchung der Aeolus-Leistung in den Tropen – einer Schlüsselregion für Windmessungen und deren Beitrag zur Verbesserung der numerischen Wettervorhersage.

© ESA/ATG medialab
Aeolus - das erste Europäische Lidar im All

Zwischen August 2018 und Juli 2023 flog der Satellite Aeolus mit seiner einzigen Nutzlast ALADIN. Dabei handelte es sich um das weltweit erste Doppler-Wind-Lidar, das in der Lage war, Profile der horizontalen Windgeschwindigkeit in der Atmosphäre von seiner 320 km hohen polaren Umlaufbahn zu messen. Das Windprofil wurde durch die Analyse der Doppler-Verschiebung im Rückstreusignal ultravioletter (UV) Laserpulse entlang ihres Weges durch die Atmosphäre gewonnen. Um die unterschiedlichen spektralen Eigenschaften des detektierten Laser-Rückstreusignals, das entweder aus Mie-Streuung an Partikeln oder aus Rayleigh-Streuung an Molekülen in der Atmosphäre (oder einer Kombination beider) stammt, berücksichtigen zu können, war die Empfängeroptik von Aeolus mit zwei speziellen Interferometern ausgestattet. Diese einzigartige Kombination aus einem Fizeau-Interferometer zur Analyse der spektralen Eigenschaften des Mie-Streulichts und einem Doppelkanal-Fabry-Pérot-Interferometer zur Analyse des Rayleigh-Rückstreusignals ermöglichte die Messung der Doppler-Verschiebung und damit des Windes entlang der Sichtlinie (line-of-sight, LOS) von typischerweise 25 km Höhe bis zum Boden unter verschiedenen atmosphärischen Bedingungen. Diese LOS-Windinformation wurde genutzt, um den horizontalen Wind (HLOS) zu bestimmen, der in nahezu Echtzeit in die numerischen Wettervorhersagemodelle, u. a. des ECMWF (European Centre for Medium-Range Weather Forecasts) und des Deutschen Wetterdienstes (DWD), assimiliert wurde. Die globale Windinformation ist entscheidend für eine präzise Wettervorhersage, wie die Aeolus-Daten bereits eindrucksvoll gezeigt haben – insbesondere in Regionen, in denen andere Winddatenquellen rar sind, wie in den Tropen.
Validierung der Aeolus-Windprodukte
Das IPA-Team installierte zwei nach unten gerichtete DWLs an Bord der DLR-Falcon, um die Messungen unterhalb der Satellitenbahn vorzubereiten. Co-finanziert von ESA und DLR wurde der ALADIN Airborne Demonstrator (A2D) bereits 2005 am IPA entwickelt. Er basiert auf den hochentwickelten optischen Spektrometern und der Detektionselektronik aus der ALADIN-Vorentwicklungsphase. Der A2D weist daher eine hohe Gemeinsamkeit mit dem Aeolus-spezifischen optischen Empfänger auf und ist mit einem ähnlichen gepulsten UV-Laser bei 355 nm Wellenlänge sowie einem Teleskop mit 20 cm Durchmesser ausgestattet, alles optimiert für Doppler-Windmessungen vom Boden und an Bord des DLR-Forschungsflugzeugs Falcon. Parallel wurden Referenzmessungen mit dem aerosolempfindlichen, scannenden kohärenten 2-µm-DWL durchgeführt, das ebenfalls am IPA weiterentwickelt wurde und es ermöglicht, das Windvektorprofil mit hoher Genauigkeit und Präzision zu messen. In Kombination mit dem 2-µm-DWL erlaubte der A2D, Grenzen in Betrieb und Algorithmen zu erkunden, die für Aeolus relevant sind, basierend auf verschiedenen Messkampagnen bereits in der Vorbereitungsphase der Mission (z. B. WindVal, NAWDEX). Zusammen mit den in-situ Windmessungen der Falcon-Nasenboom-Sensoren werden Windprofile von der Flughöhe bis zum Boden mit einer höheren vertikalen und horizontalen Auflösung als bei Aeolus erfasst. Das Wissen und die Erfahrung aus dem Einsatz dieses Lidar-Tandems bei Bodenmessungen und aus dem Flugzeug waren ein integraler Bestandteil der schnellen und erfolgreichen Inbetriebnahme von Aeolus nach dem Start. So wurde im weiteren Verlauf auch die Validierung der Mission „immer dem Wind nach“ durch eine Reihe von Flugkampagnen in Europa und Island 2018 und 2019 unterstützt. Darüber hinaus bildeten die Aktivitäten den Ausgangspunkt für das Aeolus Data Innovation and Science Cluster (DISC), das am IPA in enger Zusammenarbeit mit internationalen Partnern eingerichtet wurde.
Aufgrund logistischer Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie um mehr als ein Jahr verzögert, startete das IPA-Team mit den beiden Lidars an Bord der DLR-Falcon 20 schließlich im September 2021 von Oberpfaffenhofen, unterstützt von elf Mitgliedern der DLR-Einrichtung Flugexperimente. Das Ziel: AVATAR-T (Aeolus Validation Through Airborne LidaRs in the Tropics) durchzuführen – die abschließende Flugkampagne zur Aeolus-Validierung auf Sal, Kap Verde.

Internationale Kooperation
AVATAR-T ist der Beitrag des DLR zur internationalen Joint Aeolus Tropical Atlantic Campaign (JATAC), die von ESA und NASA organisiert wurde, um verschiedene luftgestützte und bodengebundene Instrumente zusammenzubringen. Die JATAC-Kampagne umfasste zudem das französische SAFIRE-Falcon-20-Flugzeug, ausgestattet mit einem UV-Doppler-Wind-Lidar, Dopplerradar, Dropsonden und in-situ Aerosol-Instrumentierung.
Parallel führte das NASA Forschungsflugzeug DC-8 Messflüge von den amerikanischen Jungferninseln auf der anderen Seite des Atlantiks aus durch. Gemeinsame Unterflüge von Aeolus wurden im Einsatzgebiet der DLR-Falcon hauptsächlich koordiniert mit der SAFIRE-Falcon, die die CADDIWA-Kampagne durchführte, mit einem Leichtflugzeug der slowenischen Universität von Nova Gorica, sowie mit der Bodenmessstation am Ocean Science Center Mindelo auf einer benachbarten Insel (ASKOS-Kampagnenteil von JATAC). Unter den verschiedenen Zielen von JATAC zur Aerosolcharakterisierung und tropischen Dynamik im Rahmen von Aeolus und zur Vorbereitung der nächsten ESA-Lidarmission EarthCARE lag der klare Fokus von AVATAR-T auf Windmessungen parallel zu Aeolus. Mit der einzigartigen Kombination aus dem 2-µm-Referenz-DWL und dem A2D wurde untersucht, wie die Datenabdeckung und Präzision der Aeolus-Windprodukte durch die tropischen atmosphärischen Bedingungen in der Region beeinflusst werden. Dazu zählen beispielsweise Luftmassen, die mit Saharastaub bis in 6 km Höhe beladen sind und innerhalb der Saharaluftschicht (SAL) entlang des afrikanischen easterly Jets westwärts transportiert werden, sowie der Subtropenjet im Norden und die Innertropische Konvergenzzone (ITCZ) südlich von Sal – jeweils mit den dazugehörigen unterschiedlichen Wolkensystemen. Das Kapverdische Archipel bot eine ideale Basis, um mitten im für die Messungen relevanten tropischen Wetter zu operieren. Wie bereits bei den vorherigen Aeolus-Validierungskampagnen, erforderten die Überflugszeiten des Satelliten, dass die Teams ihre Messungen entweder sehr früh am Morgen oder spät am Tag durchführen mussten.
Flugplanung
Um die geeignetsten Szenen für Aeolus-Unterflüge mit geringer Bewölkung und interessanter Windsituation zu identifizieren, wurden bereits drei Tage vor jedem Messflug die Flugpläne auf Basis der aktuellsten Vorhersagen diskutiert. Neben klassischen Vorhersageprodukten wurde auch die neuartige 3D-Visualisierungssoftware Met.3D getestet. Sie ermöglicht die kombinierte Darstellung der verschiedenen relevanten Wetterparameter und liefert so eine umfassende 3D-Übersicht. Diese eignet sich besonders, denjenigen Abschnitt entlang der Aeolus-Bahn zu identifizieren, der die gewünschten Gradienten in Aerosollast und Windgeschwindigkeit aufweist, gleichzeitig aber möglichst frei von ausgedehnten hohen Wolkenfeldern ist. Letztere werden vermieden, um den Überlappbereich der Messungen zwischen Aeolus und den flugzeuggestützten Lidar-Systemen unterhalb der typischen Falcon-Flughöhe von 11 km zu maximieren.
Wie oben dargestellt (Wochentage farblich kodiert), ermöglichte der wöchentliche Wiederholungszyklus der Aeolus-Umlaufbahn mehrere Unterflüge der jeweils abendlichen oder morgendlichen Orbits, innerhalb der Reichweite der Falcon von Sal aus. Dank oft günstiger Wetterbedingungen konnten elf Unterflüge durchgeführt werden, von denen sich fünf mit den Kampagnenpartnerflugzeugen koordinieren ließen. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf den Freitagabendflügen, die direkt über die Bodenmessstationen in Mindelo führten. Letztere waren hauptsächlich mit Lidar-Instrumenten und einem Radar ausgestattet und lieferten umfassende Wind- und Aerosoldaten für Vergleichszwecke.
Ergebnisse
Nach der Rückkehr nach Oberpfaffenhofen war es an der Zeit, die während der AVATAR-T-Flüge gesammelten Daten zu analysieren und mit den Aeolus-Produkten sowie den Messungen der verschiedenen Kampagnenpartner zu vergleichen. Die Datenanalyse zeigte, dass der A2D innerhalb des staubbeladenen SAL unterhalb von 6 km deutlich mehr Mie-Winde erkannt als Aeolus. Ein Beispiel ist in der oben gezeigten Windszene dargestellt, die während der aufsteigenden Umlaufbahn aufgenommen wurde, die am 10. September 2021 auch über Mindelo führte (fett markiert: roter UF3 im obigen Bild). Diese Mie-Streuungsregion (im empfindlichen 2-µm-DWL-Signal noch deutlicher sichtbar) zeigt, dass der Aeolus-Prozessor in vielen Fällen an Stelle von Mie-Winden jedoch Rayleigh-Winde und klare Atmosphäre innerhalb der Staubschicht detektierte. Diese Rayleigh-Winde sind weniger genau als die Mie-Winde, die für Aerosolstreuung optimiert sind. Die A2D-Signale bestätigen, dass eine deutlichere Trennung zwischen Mie- und Rayleigh-Winden prinzipiell auch mit dem Aeolus-Empfänger möglich ist.
Die Daten wurden auch statistisch ausgewertet, um die Qualität der Aeolus-Windprodukte und deren Fehlerabschätzungen zu bestimmen, zudem im Vergleich zur vorherigen Kampagne (Witschas et al., 2022). Die gewonnenen Erkenntnisse darüber, wie der Aeolus-Datensatz analysiert werden sollte, setzen die Standards für die Aeolus-Validierungsgemeinschaft (Lux et al., 2022). Allgemein bedeutete die im Betrieb der DLR-DWLs gewonnene Expertise für Aeolus eine umfassende Unterstützung der Mission und spielte eine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung und erfolgreichen Durchführung der Mission, bis zu ihrem Abschluss im Juli 2023 (Lemmerz et al., 2023). Basierend auf den Kampagnendaten wurde die Winddatenqualität von Aeolus in verschiedenen Phasen der Mission validiert, und die Algorithmen konnten in enger Zusammenarbeit mit dem Aeolus DISC verbessert werden. Beides wird auch nach Abschluss der Mission weitergeführt, wenn die Datenqualität für die gesamte Lebensdauer von Aeolus von fast fünf Jahren durch eine erneute Reprozessierung der Daten mit weiterentwickelten Prozessoren nochmals verbessert wird. Diese Ergebnisse dienen letztendlich den Atmosphärenwissenschaften und bilden eine wichtige Grundlage sowohl für den Erfolg aktueller Weltraum-Lidarmissionen wie EarthCARE als auch für potenzieller Aeolus-Nachfolgesatelliten, wie im Aeolus-2-Projekt untersucht.