19. Februar 2015

DSCOVR auf dem Weg zum Lagrangepunkt L1 zwischen Sonne und Erde für eine sichere Vorhersage des Weltraumwetters

Mit Deep Space Climate Observatory (DSCOVR) startete ein weiterer Satellit zur Messung von Sonnenwinden. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) werden künftig Daten empfangen und für Weltraumwettervorhersagen nutzen.

Unter Weltraumwetter verstehen wir primär sonnengesteuerte physikalische Prozesse in unserem Sonnensystem und im erdnahen kosmischen Raum bis hinunter zur Erde. Es ist bekannt, dass Erscheinungen des Weltraumwetters sensible Infrastrukturen der modernen Gesellschaft wie zum Beispiel im Bereich der Telekommunikation, der Navigation oder auch Energieversorgung erheblich in ihrer Funktion beeinträchtigen können. Rechtzeitige Warnungen vor Sonnenstürmen, beispielsweise vor den Auswirkungen gigantischer solarer Massenauswürfe (Coronal Mass Ejections - CMEs) konnten bislang aus den Sonnenwindmessungen auf dem NASA-Satelliten Advanced Composition Explorer (ACE) abgeleitet werden. Gegenwärtig liefern fünf Satellitenbodenstationen des internationalen Real Time Solar Wind (RTSW) Netzwerks in den USA (NASA, NOAA), Japan (NICT), Korea (KSWC) und Deutschland (DLR) die wichtigsten Sonnenwinddaten rund um die Uhr in Nahe-Echtzeit.

Angesichts des bereits im Jahre 1997 erfolgten Starts von ACE ist die internationale Weltraumwetter-Gemeinschaft besorgt, dass ACE seinen Dienst jeden Moment einstellen könnte. Um einen derartigen sicherheitskritischen Datenausfall zu vermeiden, trafen NOAA, NASA und die US Air Force die wichtige Entscheidung, den betagten ACE Satelliten durch das Deep Space Climate Observatory (DSCOVR) zu ersetzen. Dementsprechend wurde vor kurzem NOAA’s DSCOVR am Mittwoch, 11. Februar 2015 um 6:03 Ortszeit (Donnerstag, 12. Februar 2015 um 0:03 MEZ) mit der SpaceX Falcon 9- Rakete erfolgreich gestartet. Das Raumschiff ist nun unterwegs zum Lagrange-Punkt L1 der auf der Verbindungslinie Sonne - Erde, der circa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Von dort wird DSCOVR dann nach etwa 150 Tagen den Warndienst vor Sonnenstürmen übernehmen.

Zusätzlich zu den Sonnenwindmessungen wird DSCOVR auch die Erde beobachten. Regelmäßige Fernerkundungsaufnahmen der Tagseite der Erdoberfläche als auch die Messung der von der Erde rückgestreuten Strahlung werden den Klimaforschern helfen, Änderungen des Strahlungsbudgets der Erde als Folge natürlicher Prozesse und anthropologischer Einflüsse zu untersuchen.
Das DLR Neustrelitz hat entsprechend dem Memorandum of Agreement (MoA) zwischen NOAA und DLR die Daten von ACE seit 5 Jahren in guter Qualität empfangen. Die fruchtbare Zusammenarbeit soll mit dem Empfang der DSCOVR- Signale im RTSW Netzwerk fortgesetzt werden. Die Unterzeichnung eines neuen MoA zwischen führenden Vertretern von NOAA und DLR wird gerade vorbereitet.

In Vorbereitung des DSCOVR–Empfangs im Sommer haben Techniker des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums (DFD) Teilkomponenten des Empfängersystems in enger Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des NOAA Space Weather Prediction Center (SWPC) in Boulder erfolgreich getestet. Als Mitglied des RTSW Netzwerks wird DLR Neustrelitz die empfangenen Rohdaten unmittelbar an NOAA zur schnellen Datenprozessierung weiterleiten. Die im SWPC abgeleiteten Datenprodukte erhält das DLR für die eigene Nutzung dann umgehend zurück.

Wissenschaftler des Institut für Kommunikation und Navigation nutzen die ACE Daten gegenwärtig für die Vorhersage des Ionosphärenwetters über Europa. Mit der echtzeitnahen Verfügbarkeit der DSCOVR-Daten sollen die Vorhersagemethoden weiterentwickelt werden um in dem gerade neu eingerichteten Ionosphere Monitoring and Prediction Center (IMPC) des DLR verbesserte Vorhersagen anbieten zu können. Die Einrichtung des IMPC ist eine konsequente Fortführung des vom Land Mecklenburg-Vorpommern vor einigen Jahren maßgeblich geförderten Weltraumwetterprojekts SWACI. Das IMPC soll unter anderem, ebenso wie derzeit SWACI, das Weltraumwetter- Segment des Space Situational Awareness (SSA) Programms der ESA mit aktuellen Informationen zum Ionosphärenwetter versorgen. Diese Informationen sind für verschiedene Anwendungsbereiche wie in der Telekommunikation, der präzisen Ortsbestimmung, der sicheren Navigation, zum Beispiel in der Luftfahrt, oder in der hochauflösenden Fernerkundung erforderlich.

Weitere Aspekte der Nutzung von DSCOVR-Daten werden auf dem 4. Nationalen Weltraumwetter-Workshop vom 11. bis 13. Mai 2015 im DLR Neustrelitz diskutiert.

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Kontakt

Melanie-Konstanze Wiese

Kommunikation Berlin, Neustrelitz, Dresden, Jena, Cottbus/Zittau
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin-Adlershof
Tel: +49 30 67055-639

Dr.rer.nat. Norbert Jakowski

Institut für Kommunikation und Navigation
Institut für Kommunikation und Navigation, Navigation

Dr. rer. nat. Jens Berdermann

Institut für Kommunikation und Navigation
Institut für Kommunikation und Navigation, Navigation