11. April 2018 | 6. Industrial Days des DLR am Standort Lampoldshausen

Micro Launchers – Neuordnung auf dem Weg ins All

  • Im Rahmen der 6. Industrial Days treffen sich am 11. und 12. April 2018 führende Raumfahrtvertreter beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Standort Lampoldshausen.
  • Rund 130 Experten aus Raumfahrtagenturen, Industrie und Wissenschaft diskutieren über die Zukunft des europäischen Raumtransports.
  • Kernthema: Braucht es Micro Launcher und werden sie beim Aufbau von die Erde umspannenden Satellitennetzwerken eine Rolle spielen?
  • Schwerpunkt(e): Raumfahrt, Trägersysteme

Die Ariane-Trägerfamilie und die Vega-Rakete sichern den autonomen Zugang Europas zum Weltraum. Mit Blick auf die sich gegenwärtig rapide verändernden Rahmenbedingungen stellt sich die Frage: Wie lässt sich dieses erfolgreiche Portfolio an Raumfahrtträgern in Zukunft erweitern? Und welche Perspektiven eröffnen sich dabei für neue und unkonventionelle Ideen? Im Rahmen der 6. Industrial Days beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Standort Lampoldshausen sprechen am 11. und 12. April 2018 führende Vertreter von Raumfahrtagenturen, Industrie und Wissenschaft über visionäre Konzepte jenseits etablierter Trägersysteme. Die Teilnehmer diskutieren dabei insbesondere die Herausforderungen, die Zukunftstechnologien wie die Wiederverwendbarkeit von Trägersystemen, die Digitalisierung und der Aufbau großer Satellitenkonstellationen mit sich bringen.

Raumfahrt neu denken

Die kommenden Jahre entscheiden über die Zukunft des Raumtransports. Wiederverwendbare Trägersysteme, neue Antriebssysteme mit Flüssigsauerstoff (LOX) und Flüssigmethan (LCH4) und weltweite Pläne zum Aufbau großer Satellitenkonstellationen werden unsere Vorstellungen vom Zugang ins All verändern. Neue Kundenanforderungen, politische Vorgaben und ein so nie gekannter Wettbewerb stellen auch Europa vor neue Fragen. Einerseits muss Europa, basierend auf dem eigenen Bedarf an institutionellen Nutzlasten, den Fokus auf eigene Startkapazitäten richten. Andererseits ist es wichtig, sich nicht ausschließlich auf die Anforderungen für institutionelle Missionen zu konzentrieren und sich nicht dem Fortschritt zu entziehen, der in einem herausfordernden internationalen Umfeld liegt. „In der Raumfahrt entfalten mehrere wichtige Trends zeitgleich ihre Wirkung. Damit geht ein großer Wandel einher, der uns das Potenzial eröffnet, gleichzeitig in bewährte und in neue Technologien zu investieren“, sagt die DLR-Vorstandsvorsitzende, Prof. Pascale Ehrenfreund. „In Europa sollten wir daher jetzt analysieren, mit welchem Mix aus bestehenden und neuen Trägertechnologien wir noch erfolgreicher werden können. Um den Prüfstand P5 für zukünftige Entwicklungen auf dem Gebiet der LOX/Methan-Technologie vorzubereiten, ist eine Investition in Höhe von bis zu 30 Millionen Euro am Standort Lampoldshausen geplant“, so Ehrenfreund weiter.

Forschung für Trägerkonzepte und Antriebstechnologien der Zukunft

Impulse für diesen Wandel kommen nicht nur von neuen Märkten für Dienste und Anwendungen, sondern auch durch die Entwicklung disruptiver Technologien, wie beispielsweise batteriegetriebener Pumpen, neue Faserverbundwerkstoffe oder auch durch Additive Layer Manufacturing (ALM) gefertigte Motorkomponenten. Darum ist es für Europa bedeutsam, technologische Innovationen zu schaffen, die die europäische Raumfahrt fit für die zukünftigen Herausforderungen in einem sich schnell verändernden Umfeld machen. Die Entwicklungen der technologischen Hotspots geben den Impuls für neue Innovationen. Vor allem die Themen Low-Cost-Antriebe und wiederverwendbare Trägersysteme münden in europäischen Gemeinschaftsprojekten wie Prometheus und Callisto. Hier arbeiten Raumfahrtagenturen, Wissenschaft und Raumfahrtindustrie eng zusammen. „Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen und kostengünstigen Träger mit einem garantierten unabhängigen Zugang zum All zu verbinden. Dabei erforschen wir neue und unkonventionelle Technologien, um zu innovativen Lösungsansätzen, wie einem LOX/Methan-Antrieb oder einem wiederverwendbaren Trägersystem, zu kommen“, erklärt Prof. Hansjörg Dittus, Mitglied des DLR-Vorstands für Raumfahrtforschung und -technologie. Beiden Projekten gemeinsam sind Technologien, die die Startkosten eines Trägers erheblich reduzieren werden. Callisto ist ein Projekt, das 2016 von der französischen Raumfahrtagentur CoRoT Special) initiiert wurde und jetzt in Kooperation mit dem DLR bearbeitet wird. Ziel ist es, bis Ende 2020 eine Forschungsrakete zu bauen, mit der die Wiederverwendbarkeit getestet werden soll. Im „Prometheus-Projekt“ arbeiten CNES, ArianeGroup und das DLR gemeinsam an der Entwicklung eines kostengünstigen, schubstarken und wiederverwendbaren Raketentriebwerks, das mit Flüssigsauerstoff (LOX) und Flüssigmethan (LCH4) angetrieben werden soll. Diese Forschung und Technologieentwicklung sind Teil des Future Launchers Preparatory Programme (FLPP) der Europäischen Weltraumorganisation ESA.

Aufbau von Satellitennetzwerken stellen neue Ansprüche an den Raumtransport

Weltweite Pläne für den Aufbau von die Erde umspannenden Satellitennetzwerken können neues wirtschaftliches Potenzial entwickeln, Trägerkonzepte und traditionelle Raumfahrtgewohnheiten verändern. Satelliten, die auf einer Umlaufbahn von circa 1200 Kilometern die Erde umkreisen und zu einer Konstellation von mehreren hunderten Satelliten heranwachsen, eröffnen neue Möglichkeiten für vielfältige kommerzielle Anwendungen wie beispielsweise in der Erdbeobachtung oder im Katastrophenmanagement. Die sich hier entwickelnde Marktlage muss sorgfältig analysiert werden, insbesondere die technischen Bedürfnisse der Anbieter der großen Satellitenflotten. Dabei kann sich die traditionelle Raumfahrtcommunity aktiv in die Entwicklung einbringen und geeignete Partnerschaften eingehen. Darum gilt es, in Europa über die Branchengrenzen hinweg zu denken, aktiv den Austausch mit komplementären Branchen zu suchen und so besser ein hohes Synergiepotenzial anderer Bereiche wie dem IT-Sektor oder dem Maschinenbau zu nutzen. Daraus entstehen Partnerschaften, bei denen personelle Kompetenzen gebündelt werden und neue technologische Möglichkeiten erschlossen werden können. Vor allem aber schaffen sie die Voraussetzungen für Wissenstransfer.

Erkenntnisse aus Daten: Triebwerktests beim DLR Lampoldshausen

Vulcain 2.1 Triebwerkstest am DLR-Standort in Lampoldshausen
Höhere Effizienz bei geringeren Kosten - das ist die Aufgabe des neuen Raketentriebwerks Vulcain 2.1, das im Jahr 2020 die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 ins All befördern soll. Doch bevor solch ein Start erfolgreich durchgeführt werden kann, müssen zunächst Entwicklungstriebwerke unter Beweis stellen, dass es seiner enormen Schubkraft von 130 Tonnen, rund 3.000 Grad Celcius in seiner Brennkammer, hohen Drehzahlen seiner Turbopumpen und Drücken in seinen Treibstoffleitungen gewachsen ist.

Das Institut für Raumfahrtantriebe betreibt einmalige Prüfstände und Anlagen zum Testen von Raketenantrieben, die für die europäische Raumfahrt von entscheidender Bedeutung sind. Diese Testanlagen decken das gesamte Portfolio der Testanforderungen ab: vom Komponententest über die Triebwerkstests hin zur Erprobung ganzer Raketenstufen. Es werden sowohl Versuche für Forschung und Entwicklung durchgeführt als auch Qualifikations- und Charakterisierungstests. Zurzeit testen DLR-Ingenieure an den Prüfständen P5 und P4.1 das Hauptstufentriebwerk Vulcain 2.1 und das Oberstufentriebwerk Vinci für die Ariane 6 im Auftrag der ArianeGroup. Diese Tests sind ein wichtiger Meilenstein bei der Entwicklung der künftigen europäischen Trägerrakete Ariane 6, die Europas unabhängigen Zugang zum Weltraum weiterhin sichern soll.

Kontakt

Anja Kaboth

Kommunikation Lampoldshausen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Im Langen Grund, 74239 Hardthausen
Tel: +49 6298 28-201

Prof. Dr.-Ing. Stefan Schlechtriem

Direktor
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Raumfahrtantriebe
Im Langen Grund, 74239 Hardthausen