19. September 2019 | Mission Mars Express

Mars spektakulär: vom Nordpol bis ins südliche Hochland

  • Im Juni 2019 gelangen mit der High Resolution Stereo Camera (HRSC) mehrere globale Aufnahmen des Mars.
  • Das HRSC-Kameraexperiment an Bord der ESA-Mission Mars Express wurde am DLR entwickelt. Es wird seit mehr als 16 Jahren vom DLR-Institut für Planetenforschung betrieben.
  • Diese Aufnahme zeigt die Nordpoleiskappe, die Grenze zwischen Hoch- und Tiefland, ehemalige Flusstäler, von dunklen Sanden bedeckte Ebenen und das große Einschlagsbecken Hellas Planitia im Süden.
  • Schwerpunkt(e): Raumfahrt, Planetenforschung

Im Juni 2019 gelangen mit der High Resolution Stereo Camera (HRSC) mehrere globale Aufnahmen des Mars. Die hier abgebildete Ansicht reicht vom Nordpol über die stark verkraterten Hochländer rund um den Marsäquator bis weit in die Südhemisphäre. Das HRSC-Kameraexperiment an Bord der ESA-Mission Mars Express wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt. Es wird seit mehr als 16 Jahren vom DLR-Institut für Planetenforschung betrieben. Dort erfolgt auch die systematische Prozessierung der Kameradaten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.

Der obere Teil dieser beeindruckenden Globalansicht des Mars zeigt die Nordhemisphäre mit der noch winterlich ausgedehnten Nordpoleiskappe. Ein dünner Wolkenschleier erstreckt sich von ihr ausgehend über die sich anschließenden Tieftäler, die teils mit dunklem Sand bedeckt sind. Blick man in die Mitte die Bildes, fällt dort eine Geländekante auf – sie markiert die Grenze zwischen nördlichem Tiefland und südlichem Hochland des Mars. Dunkle Sande bedecken auch hier weiter Gebiete des von Kratern übersäten Hochlands. Im äußersten Süden des Bildes erkennt man noch einen Teil des in weiße Wolken gehüllten Einschlagsbeckens Hellas. Die Ansicht des Planeten ist leicht nach Süden "gekippt", sodass ein Blick auf den Nordpol möglich ist, im Süden aber nur bis etwa zum 40. Breitengrad reicht. Deshalb ist der Südpol nicht sichtbar. Von Pol zu Pol hat der Mars einen Durchmesser von 6752 Kilometern; der gezeigte Bildausschnitt deckt knapp 5000 Kilometer davon ab.

Der Mars vom Nordpol bis zum Hellas-Becken
Credit:

ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

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Unterschiedliche Klimazonen und Großlandschaften

Ist es Winter auf der Nordhalbkugel, fallen durch die Kälte beträchtliche Mengen an Kohlendioxid aus der Atmosphäre über dem Nordpol aus und legen sich als dünne Schicht über die permanente Polkappe, die sonst überwiegend aus Wassereis besteht. Die Eisbedeckung reicht dann bis etwa zum 50. nördlichen Breitengrad. Der Gehalt an Wasserdampf in der Atmosphäre, der zu Wassereis gefrieren und als Schnee oder Eis auf die Marsoberfläche rieseln könnte, ist ausgesprochen niedrig und beträgt durchschnittlich – bei starken Schwankungen – nur 0,03 Prozent. Kohlendioxid hingegen bildet mit 95 Prozent den Hauptbestandteil der Marsatmosphäre.

Das Bild wurde zu Beginn des Nordfrühlings aufgenommen: Die Polarnacht am Nordpol ist vorüber und die im Winter angewachsene Polkappe beginnt sich allmählich wieder zu verkleinern. Dieses Wachsen und Schrumpfen ist übrigens an der Südpolkappe ebenso zu beobachten. Das dünne, weiße Wolkenband (wahrscheinlich aus Wassereiskristallen) ist eines von vielen, die zu dieser Jahreszeit über der Nordhemisphäre zu beobachten sind.

Warum unterscheiden sich Marshochland und -tiefland so drastisch?

Die rötlichen Ebenen von Arabia Terra und Terra Sabaea im zentralen Teil des Bildes sind durch viele große Einschlagskrater gekennzeichnet und gehören damit zu den ältesten Regionen auf dem Mars. Ihre nördliche Grenze bildet eine deutliche topografische Geländekante mit mehreren Kilometern Höhenunterschied. Diese trennt die flachen, kaum bekraterten Ebenen der nördlichen Tiefländer vom südlichen Hochland mit seiner viel höheren Kraterdichte. Diese auffällige Geländestufe, die sogenannte Dichotomiegrenze, markiert eine grundlegende topographische und landschaftliche Zweiteilung des Mars. Sie schlägt sich vor allem in einer unterschiedlichen Krustendicke nieder, aber auch in den magnetischen Krusteneigenschaften und seinen Gravitationsdaten. Die Entstehung der Krustendichotomie wird noch diskutiert: Sie könnte ihre Ursache in „endogenen“ Kräften aus dem Mars-Inneren haben und somit durch Mantelkonvektion oder Tektonik entstanden sein. Sind „exogene“ Kräfte (von außen) die Ursache, kommen beispielsweise ein oder mehrere große Asteroideneinschläge in Frage.

Die intensiv zerklüftete Landschaft an der Dichotomiegrenze wurde über Millionen Jahre durch die Kräfte der Erosion stark abgetragen und ist durch zahlreiche tektonische Brüche, Tafelberge und Flusstäler charakterisiert. Beobachtungen zeigen, dass fluviale, äolische und insbesondere auch glaziale Prozesse die Übergangszone verändert haben. Die Auswertung von Bilddaten weist darauf hin, dass es im Verlauf der Entwicklungsgeschichte des Mars möglicherweise mehrere Episoden der Gletscheraktivität gab.

Der Wind als dynamischer Gestalter der Marsoberfläche

Bis auf die Aktivität des Windes sind die geologischen Prozesse (Vulkanismus, Tektonik, Aktivität von Wasser und Eis) auf dem Mars zum Erliegen gekommen. Veränderungen der Oberfläche lassen sich heute hauptsächlich anhand der Verlagerung der dunklen Sande durch Wind beobachten. Während diese vulkanisch entstandenen Sande in Senken, wie beispielsweise Einschlagskratern, mächtige Dünenfelder bilden, sind sie auf größeren Flächen oft als ausgedehnte Sandlagen abgelagert, die große Teile des Planeten dunkel erscheinen lassen. Verlagerung von Dünen kann man schon in Zeitskalen von ein bis zwei Jahren mit hochauflösenden Bilddaten beobachten.

Im Gegensatz dazu dauert die Verlagerung einer solch ausgedehnten Sandlage deutlich länger. Als beispielsweise 1877 der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli (1835 -1910) bei besonders guten Sichtbedingungen der Mars erstmals mit dem Teleskop detailliert kartiert und in der Zeit danach Veränderungen der Verteilung von hellen und dunklen Flächen auf dem Mars beobachtet wurden, glaubte man in der Verlagerung der dunklen Flächen auf dem Mars den jahreszeitlichen Wechsel einer Vegetationsbedeckung zu erkennen. Nicht zuletzt dies trug damals zu der Vermutung bei, dass auf dem Mars Leben existiere.

Weitere Bilder der HRSC finden Sie in der Mars Express-Bildergalerie auf flickr.

  • Bildverarbeitung
    Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 17. Juni 2019 während Orbit 19.550 von Mars Express. Die Auflösung im Bildzentrum beträgt ungefähr einen Kilometer pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 44 Grad östlicher Länge und 26 Grad nördlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Die Umgebungskarten basieren auf Daten der Viking-Mission und des Mars Orbiter Laser Altimeter (MOLA)-Experiments an Bord der Mars Global Surveyor (MGS)-Mission der NASA.
  • Das HRSC-Experiment auf Mars Express
    Die High Resolution Stereo Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

Verwandte Links

Kontakt

Elke Heinemann

Leitung Digitale Kommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-1852

Prof. Dr. Ralf Jaumann

Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin

Dr. Daniela Tirsch

Principal Investigator HRSC
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin