22. Juni 2022 | Nachhaltiger Weltraum – der Grundstein für die Zukunft

Fachkonferenz zeigt Raumfahrzeuge und Antriebe von Morgen

  • Rund 300 Fachleute aus Wissenschaft, Raumfahrtagenturen und Industrie tauschten sich vom 19. bis 23. Juni 2022 in Heilbronn über Entwicklung, Bau und Einsatz von Raumfahrzeugen für Suborbital-, Orbital- und Explorationsanwendungen aus.
  • Im Fokus standen die Aspekte Nachhaltigkeit in der Raumfahrt, Entwicklung von Raumfahrzeugen und deren Antriebe, Wiederverwendbarkeit sowie zukünftige Weltraummissionen.
  • Das Institut für Raumfahrtantriebe präsentierte während der Besichtigung am DLR-Standort Lampoldshausen spannende und innovative Technologien und Projekte, um die Raumfahrt leistungsfähiger, kostengünstiger, sicherer und nachhaltiger zu machen.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Raumfahrtantriebe

Auf der Fachkonferenz FAR „Conference on Flight Vehicles, Aerothermodynamics and Re-entry Missions and Engineering“ haben sich vom 19. bis 23. Juni 2022 in Heilbronn rund 300 internationale Fachleute aus Wissenschaft, Raumfahrtagenturen und Unternehmen zum Thema „Nachhaltiger Weltraum – der Grundstein für die Zukunft“ ausgetauscht. Nachhaltigkeit wird im Raumtransport, bei Weltraummissionen, in der weltraumnutzenden Industrie und bei der Nutzung von Ressourcen auf anderen Himmelskörpern immer wichtiger – vor allem auch angesichts der stark steigenden Raumfahrtaktivitäten privater Akteure.

Dr. Peter Gräf, Direktor Anwendungen und Wissenschaft der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, betonte in seiner Begrüßungsrede: „Nachhaltigkeit ist einer der Megatrends unserer Zeit. Dieser Herausforderung stellt sich auch die Raumfahrt. Daher freuen wir uns sehr, dass die FAR-Konferenz in diesem Jahr erstmals in Deutschland stattfindet. Sie bietet den Vertretenden aus Wissenschaft, Industrie und Raumfahrtagenturen die Möglichkeit, fachübergreifend an Lösungsansätzen für die Zukunft zu arbeiten.“

Beiträge auf der Fachkonferenz behandelten zum Beispiel zukunftsweisende Technologien und Lösungen für die Entwicklung von Raumfahrzeugen und deren Antrieben. Weitere Präsentationen widmeten sich der Architektur von Raumtransport- und Explorationsfahrzeugen, der Flugphysik, Aerodynamik und Thermodynamik sowie zukünftige Weltraummissionen. Die europäische Weltraumorganisation ESA veranstaltete die Konferenz gemeinsam mit Raumfahrtagenturen und zahlreichen institutionellen Partnern. Dazu zählte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit dem in Lampoldshausen ansässigen Institut für Raumfahrtantriebe . Als Begleitprogramm ermöglichte das DLR eine Besichtigung der Versuchsanlagen für flüssig chemische Raumfahrtantriebe am Standort Lampoldshausen.

„Die Luft- und Raumfahrt steht vor strukturellen Herausforderungen. Wir in Baden-Württemberg sind sicher, dass diese Herausforderungen aber auch enorme Chancen für den Raumfahrtsektor in unserem Land in sich bergen können. Unsere Luft- und Raumfahrtunternehmen sind in eine ausgezeichnete Forschungsinfrastruktur mit engen Verbindungen zur Industrie eingebettet - ein Netzwerk, das beispielsweise das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt sowie Institutionen der Fraunhofer-Gesellschaft und der Innovationsallianz Baden-Württemberg umfasst. Das alles zeigt: Baden-Württemberg ist der "place to be", wenn es um die Luft- und Raumfahrt geht“, sagte Michael Kleiner, Ministerialdirektor im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg.

DLR-Forschung für fortschrittliche und wiederverwendbare Antriebssysteme

Die Raumfahrt von Morgen mit neuartigen und umweltfreundlichen Treibstoffen und Antriebssystemen leistungsfähiger, kostengünstiger und sicherer zu machen – dafür arbeiten die Forscherinnen und Forscher am DLR-Institut für Raumfahrtantriebe. Die jüngsten Ergebnisse ihrer Arbeiten an Flüssigmethan/Flüssigsauerstoff-Triebwerken, Satellitenantrieben mit ionischen Liquiden (flüssige und gelöste Salze), hybriden Raketenantrieben sowie die Entwicklung neuartiger Antriebskonzepte mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) stellten sie in zahlreichen Vorträgen dem internationalen Publikum vor.

„Wir stehen mehr denn je vor der Aufgabe, unser Know-how, unsere Forschungskapazitäten sowie unsere einmalige Infrastruktur zu bündeln, um die Entwicklung zukunftsfähiger und langfristig erfolgreicher Triebwerksarchitekturen und Trägergenerationen voranzubringen. Unser gemeinsames Ziel ist es, Forschungsergebnisse schnell und direkt in die Entwicklung neuer Antriebskonzepte einfließen zu lassen. Dabei spielen effiziente wissenschafts- und industrieorientierte Kooperationen zunehmend eine wichtige Rolle", sagte Prof. Stefan Schlechtriem, Direktor des DLR-Instituts für Raumfahrtantriebe, in seinem Grußwort an die internationalen Gäste. Darunter auch Dr. Helmut Ciezki, Co-Organisator der FAR-Konferenz und Koordinator für fortschrittliche Treibstoffe und Antriebssysteme beim DLR-Institut für Raumfahrtantriebe. Ciezki betonte in seiner Keynote: „Eine komplexer werdende Welt, der Schutz der Umwelt und die rapide Zunahme der Raumfahrtaktivitäten erfordern Nachhaltigkeit im Raumtransport, bei Weltraummissionen, in der weltraumnutzenden Industrie und bei der Nutzung von Ressourcen auf anderen Himmelskörpern.“

Methan/Sauerstoff-Raketentriebwerke haben das Potenzial, den Transport in den Weltraum wesentlich kostengünstiger zu machen. Flüssiges Methan ist nicht so kalt wie flüssiger Wasserstoff, sodass die Kühlung von Tanks und Betankungsvorrichtungen nicht so aufwendig ist und weniger Materialien eingesetzt werden müssen, die für extreme Temperaturen geeignet sind. Der Einsatz von ionischen Liquiden, hochkonzentriertem Wasserstoffperoxid und anderen neuartigen Stoffen, wie zum Beispiel lachgasbasierende gekühlte Brennstoff/Oxidator-Mischungen, eröffnet die Möglichkeit, die bisher in Satellitenantrieben verwendeten schädlichen Hydrazine zu ersetzen. Betrachtet man beispielsweise den erzeugten Triebwerksschub pro eingesetzter Treibstoffmenge, weisen die meisten dieser Alternativen bessere Leistungseigenschaften auf. Kerzenwachsähnliche Paraffine können die Leistung und das Design neuartiger Hybrid-Raketenantriebe soweit verbessern, dass sie von der Raumfahrtindustrie und Start-ups für die Entwicklung von Raketen für Kleinsatelliten eingesetzt werden.

Die DLR-Forscherteams entwickeln fortschrittliche Treibstoffe und untersuchen die Prozesse in Raketenbrennkammern. Wichtig dabei ist das optimale Zusammenspiel aller Komponenten in einem Raketentriebwerk: von der Brennkammer über die Turbopumpen bis hin zu den Ventilen. Das DLR setzt in diesem Zusammenhang auch auf Methoden der KI. Sie helfen, das Design von Raketenmotoren zu optimieren, Prozesse in den Brennkammern besser zu verstehen und den Betrieb von Testanlagen effizienter zu gestalten. Mit dieser Expertise unterstützt das DLR-Forscherteam die deutsche und europäische Raumfahrtindustrie bei der Entwicklung innovativer und kosteneffizienter Raketenantriebe.

Kontakt

Anja Kaboth

Kommunikation Lampoldshausen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Im Langen Grund, 74239 Hardthausen
Tel: +49 6298 28-201

Prof. Dr.-Ing. Stefan Schlechtriem

Direktor
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Raumfahrtantriebe
Im Langen Grund, 74239 Hardthausen