Thomas Dekorsy neuer Direktor des DLR-Instituts für Technische Physik
Seit Mitte April 2016 leitet Prof. Dr. Thomas Dekorsy das DLR-Institut für Technische Physik an den Standorten Stuttgart und Lampoldshausen. Zuvor forschte und lehrte der promovierte Physiker als Professor für Experimentalphysik an der Universität Konstanz und war stellvertretender Sprecher des Centrums für Angewandte Photonik, eines durch die Exzellenzinitiative geförderten interdisziplinären Forschungszentrums.
Mit rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt das DLR-Institut Lasersysteme für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt sowie in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung. Zu den Schwerpunktthemen gehören die Detektion und Beseitigung von Weltraumschrott, lasergestützte Ferndetektion von Schad- und Gefahrstoffen, Lasereffektoren großer Reichweite sowie Laserantriebe für die Raumfahrt.
Herr Dekorsy, welchen ersten Eindruck haben Sie vom DLR und Ihrem neuen Institut gewonnen? Was zeichnet es aus?
Thomas Dekorsy: Das DLR gehört zu den großen wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland, die an drängenden wissenschaftlichen Herausforderungen von gesellschaftlicher Relevanz arbeiten. Diese Einschätzung war Teil meiner Motivation, die Leitung des Instituts für Technische Physik zu übernehmen, und diese hat sich bisher voll bestätigt. Bei den bisherigen Treffen innerhalb des DLR konnte ich erste persönliche Kontakte knüpfen und mich orientieren, an welchen Stellen sich für TP in Zukunft Möglichkeiten und Synergien ergeben. Da das Institut in unterschiedlichen Programmatiken des DLR aktiv ist und ich die anderen relevanten Institute bald kennlernen möchte, bin ich derzeit entsprechend viel unterwegs. Personell und thematisch ist das Institut sehr gut aufgestellt und besitzt auf dem Gebiet der Laserentwicklung einen ausgezeichneten internationalen Ruf. Durch den anstehenden Umzug des Instituts in den Neubau werden wir in Stuttgart bald auch eine hochmoderne Infrastruktur für unsere zukünftigen Arbeiten haben.
Welchen Weg soll das Institut mit Ihnen in der Zukunft gehen?
Dekorsy: Auf unseren derzeitigen Forschungsfeldern sehe ich großes langfristiges Entwicklungspotenzial. Themen wie Weltraumschrott oder die Ferndetektion von Gefahrenstoffen gewinnen zunehmend an Relevanz. Das Institut besitzt hier Kompetenzen über die gesamte Wertschöpfungskette: von fundamentalen Studien und Konzepten über die Laserentwicklung bis zu Gesamtsystemen. Zusätzlich zu den bestehenden Themengebieten liegt mir die Entwicklung laserbasierter Systeme für die Luftfahrt am Herzen. Ich denke, solche Systeme können in zehn bis zwanzig Jahren herkömmliche und zum Teil noch mechanische Sensoren ablösen und so beispielsweise die Fluggeschwindigkeit exakter und zuverlässiger bestimmen.
Allgemein hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass bei allen Anwendungen, die mit Laserstrahlung bewerkstelligt werden können, Laser die traditionellen Technologien ablösen: Beispiele dafür sind der CD-Player, das Schweißen und Schneiden in der Automobilbranche oder laserbasierte Operationen. In der Luft- und Raumfahrt sehe ich noch ein enormes Potenzial für laserbasierte Systeme – auch wenn der Photonenantrieb noch lange Science-Fiction bleiben wird.
Vor Ihrem Wechsel an das DLR hatten Sie an der Universität Konstanz eine Professur für Experimentalphysik inne. Was waren dort Ihre Schwerpunkte?
Dekorsy: Meine Arbeitsgruppe an der Universität Konstanz hatte den Schwerpunkt "Moderne Optik und Photonik". Wir haben Lasersysteme und laserbasierte Messtechnik entwickelt. Diese kommt hauptsächlich in der Grundlagenforschung zum Einsatz, um die Wechselwirkung von Laserstrahlen mit Materie zu untersuchen. In der Praxis kann man laserbasierte Ultraschallmesstechnik zum Beispiel für metrologische Anwendungen nutzen, um kritische Schichtdicken mit Nanometer-Genauigkeit zu bestimmen. So kommen viele in meiner Gruppe entwickelten Techniken und Lasersysteme mittlerweile auch in kommerziellen Produkten zum Einsatz.
Sie waren beruflich bereits deutschlandweit unterwegs. Sind Sie schon in der Schwabenmetropole Stuttgart angekommen?
Dekorsy: Ich bin gebürtiger Jülicher. Familiär ist mein Lebenslauf eng mit der Gründung des Forschungszentrums Jülich verbunden. Mein Onkel war einer der ersten Professoren und mein Vater hat dort als technischer Zeichner gearbeitet. Nach dem Studium und der Promotion an der RWTH Aachen habe ich fünf Jahre als Abteilungsleiter am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gearbeitet, bevor ich 2005 einem Ruf an die Universität Konstanz gefolgt bin. Mit der Rolle des "Zugezogenen" habe ich also kein Problem. Wenn mich in Stuttgart jemand fragt, an was ich am Institut für Technische Physik forsche, antworte ich, dass es auch im Weltall unbedingt eine Kehrwoche braucht. Das ist im Schwabenland immer ein guter Anknüpfungspunkt.
Was reizt Sie am DLR und Ihrem neuen Job?
Dekorsy: In mir schlagen zwei Herzen, das der Grundlagenforschung und das der angewandten Forschung. Am Institut für Technische Physik sehe ich ideale Voraussetzungen, um die angewandte Photonikforschung mit gesellschaftlichem Nutzen voran zu treiben. Mein Eindruck und die Gespräche in den ersten Wochen am Institut bestärken mich darin, dass mit der vorhandene Mannschaft und den Kooperationspartnern in den letzten Jahren unter meinem Vorgänger Dr. Adolf Giesen eine hervorragende Basis aufgebaut wurde, um diese Ziele erfolgreich zu verfolgen.
Was macht der Privatmensch Thomas Dekorsy in seiner Freizeit?
Dekorsy: Ich bin ein Befürworter des kompletten Abschaltens. Die besten Einfälle kommen meistens, wenn man von einem Problem ein paar Tage Abstand genommen hat. Ich entspanne im Kreis meiner Familie – wir haben drei Kinder – und je nach Jahreszeit walke ich mit meiner Frau durch den Wald, spiele Tennis und Saxophon. Im Augenblick beherbergen wir einen jungen Syrer und die Beschäftigung mit dessen Fragen und Sorgen ist auch eine Form der Ablenkung. Gerne lese ich Biographien, hier dürfen es dann aber auch wieder die Biographien von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sein.