27. Februar 2018

Professor Pascale Ehrenfreund auf dem EU Industry Day in Brüssel

Mehr als 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Forschung nahmen vom 22. bis zum 23. Februar 2018 in Brüssel am "EU Industry Day" teil. Die Veranstaltung dieser neuen Konferenzreihe fand in diesem Jahr zum zweiten Mal statt und hat sich zum Ziel gesetzt, wichtige Kernfragen strategischer Industriepolitik in der EU mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aus den genannten Bereichen zu diskutieren. Hierzu wurden unter Leitung und Organisation der EU-Kommission in zahlreichen Workshops und Podiumsdiskussionen aktuelle Entwicklungen thematisiert, wie beispielsweise die Rolle zukünftiger Schlüsseltechnologien oder die Bedeutung verschiedener Innovationstreiber für die globale und besonders die europäische Wirtschaft.

Professor Dr. Pascale Ehrenfreund hatte dabei die Gelegenheit, im Rahmen eines "Inspirational Talk" gleichermaßen als Wissenschaftlerin wie auch als Vorstandsvorsitzende eines bedeutenden Forschungszentrums in Europa einen Blick in die digitale Zukunft zu wagen. Unter dem Titel "The Digital Revolution - A Challenging Paradigm Shift for Europe" ("Die digitale Revolution - Ein herausfordernder Paradigmenwechsel für Europa") verwies sie nachdrücklich auf die großen Herausforderungen, die die digitale Revolution nicht nur für Industrie, Wirtschaft und Forschung, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes nach sich ziehen wird. Damit regte Prof. Ehrenfreund das kreative Streben nach Lösungen und die unverzichtbare Weiterführung wissenschaftlicher wie gesellschaftlicher Debatten zu diesen Themen an.

Der globale Wettbewerb um schnelle Innovationszyklen und disruptive Technologien fordert Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft heraus

Jede industrielle Revolution hat das Leben und Wirtschaften der Menschen auf ihre Art tiefgreifend und nachhaltig verändert. Trotz der Schwierigkeiten und der gesellschaftlichen Verwerfungen haben diese Entwicklungen letztlich - auch und in besonderem Maße - Europa als Wirtschafts- und Lebensraum immens weiterentwickelt. Forschung und Entwicklung dienten in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und dem Innovationsgeist der Gesellschaft immer auch dazu, dass neue Technologien zu neuen Dienstleistungen und damit zu neuen Arbeitsplätzen führten. Dies war und ist eine der Grundvoraussetzungen für den Aufbau und den Erhalt von Wohlstand und Entwicklung in Europa.

Die vierte industrielle Revolution, welche wir aktuell beobachten und die oftmals auch als digitale Revolution bezeichnet wird, ist in ihrem grundsätzlichen Wesen zunächst nicht anders und wird durch die teils rasante Vorstellung neuer Technologien die Lebens- und Arbeitswelt der Menschen stark verändern. Sie vollzieht sich jedoch wesentlich schneller, möglicherweise noch tiefgreifender, und Europa scheint hier erstmals nicht Vorreiter oder Treiber in der Entwicklung zu sein. Themen wie das Internet der Dinge oder Künstliche Intelligenz führen höchstwahrscheinlich künftig nicht nur dazu, dass sich die heutigen Wertschöpfungsketten weiter verkürzen, sondern sie werden darüber hinaus zu ganz neuen Geschäftsmodellen führen, die mehr und mehr in den Händen weniger großer Marktteilnehmer liegen. Und sie werden in ihrer Eigenschaft als disruptive Innovationen andere Bereiche rasant und teils vollständig verdrängen.

Forschung entlang der gesamten Innovationskette ist einer der Schlüssel, damit Europa auf die digitale Zukunft vorbereitet ist

"Europa darf jedoch keine Angst vor dieser Zukunft haben, sondern muss die Bereitschaft und den Willen aufbringen, diese Zukunft selbst, proaktiv und konstruktiv - aber auch ohne eine oft lähmende Angst vor Risiken und möglichen Fehlern - gestalten zu wollen", führte Professor Ehrenfreund hierzu aus und ergänzte: "Exzellente Forschung in den wesentlichen und vielfältigen Bereichen der Digitalisierung ist für Europa der Schlüssel dazu, hier zukünftig nicht den Anschluss an die Weltspitze zu verpassen. Europas Wirtschaft muss die Technologien, welche zu den neuen Stellrädern für die wichtigsten Innovationen werden, beherrschen und selbst weiterentwickeln können." Oftmals wird angenommen, dass die technischen Errungenschaften aus den USA, seien es die von Apple oder SpaceX, durch den Einsatz von Risikokapital und dem unternehmerischen Geist der Amerikaner entstanden seien. Die bedeutende Rolle, die die Forschungsförderung beispielsweise durch die DARPA oder NASA dabei spielt, scheint dabei oft vergessen oder ist nicht bekannt.

Das DLR hat sich, auch mit der Erarbeitung und Umsetzung seiner neuen Strategie 2030, klar für die digitale Zukunft positioniert und forscht in den Bereichen Luftfahrt, Raumfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit aktiv auch an diesen neuen Schnittstellen. Gleichzeitig verfolgt der gewählte Ansatz der "missionsorientierten Forschung" auch die "[…] Lösung der zahlreichen Herausforderungen, denen die Menschen in ihrem täglichen Leben gegenüberstehen“, wie es die US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Mariana Mazzucato in ihrem jüngst veröffentlichen Bericht „Mission-Oriented Research & Innovation in the European Union" an die EU-Kommission fordert. Das DLR versucht damit bereits heute, seinen Beitrag zur digitalen Revolution zu leisten, aber es gibt noch viel zu tun.

In diesem Sinne schloss Professor Ehrenfreund ihren Vortrag auch mit einem berühmten Zitat der europäischen Forscherin Marie Curie, gefolgt von einem Appell an das Auditorium: "'Ich wurde gelehrt, dass der Weg des Fortschritts weder schnell noch einfach ist'. Lassen Sie uns diese Herausforderung annehmen."

Kontakt

Dr. Mark Azzam

Leitung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Think Tank
Linder Höhe, 51147 Köln

Peter Poete

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Programmkoordination Sicherheitsforschung
Programmkoordination Sicherheitsforschung
Linder Höhe, Köln