DLR forscht an Hochgeschwindigkeitszügen für den Personen- und Güterverkehr
- DLR zeigt NGT-Cargo auf dem ITS World Congress 2021.
- DLR forscht an automatisiert fahrenden Zügen für einen schnellen, flexiblen und günstigen Gütertransport.
- Innovatives und ganzheitliches Logistik-Terminal-Konzept für komplexe Transportketten wird entworfen.
- Schwerpunkte: Verkehr, Digitalisierung
Dem Klima kommt es zugute, wenn ein großer Teil des Verkehrs zukünftig auf der Schiene stattfindet. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) daher an immer neuen Ideen, die Schiene als Verkehrsträger für den Personen- und den Güterverkehr attraktiver zu machen. Beim ITS World Congress, der vom 11. bis 15. Oktober 2021 in Hamburg stattfindet, präsentiert das DLR unter anderem sein Konzept des Next Generation Train (NGT) Cargo.
Güter schnell und umweltschonend auf der Schiene transportieren
Mit dem NGT-Cargo zeigt das DLR, wie der Güterverkehr von morgen aussehen kann. Im Mittelpunkt steht ein umfassendes Logistikkonzept mit der Schiene als zentralem Verkehrsträger. Ziel ist es, die Transportzeiten zu verkürzen, wesentlich flexibler und pünktlicher zu sein sowie die Kosten erheblich zu senken. Die automatisiert fahrenden NGT-Cargo-Züge werden je nach Bedarf aus Einzelwagen und leistungsstraken Triebköpfen zusammengestellt und virtuell gekuppelt. "Ein großer Vorteil unseres Konzepts ist, dass die NGT-Züge automatisch fahren und je nach Bedarf aus angetriebenen Mittelwagen und leistungsstarken Triebköpfen zusammengestellt und automatisch gekuppelt werden. Das heißt, dass keine mechanische Verbindung mehr zwischen den Zügen besteht", sagt Prof. Tjark Siefkes, Direktor des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte.
Stattdessen fahren die Cargo-Züge sehr nah nacheinander. Mit Hilfe von Kameras und Sensoren bestimmen sie ständig ihre jeweilige Position und Geschwindigkeit und kommunizieren diese untereinander. Dies ermöglicht auch das sogenannte dynamische Flügeln: Während der Fahrt schließen sich Einzelzüge und Einzelwagen zu einem längeren Zug zusammen und trennen sich auch wieder – je nachdem, was logistisch am sinnvollsten ist. Jeder einzelne „intelligente“ Güterwagen kennt zudem seinen Bestimmungsbahnhof und verfügt über einen eigenen Antrieb, der auf Elektromotoren basiert, und über eine Batterie. Diese speichert die beim Bremsen zurückgewonnene Energie. So können die Einzelwagen auch selbstständig die letzten Kilometer zum jeweiligen Kunden fahren.
Neuartiges Zugkonzept trifft das passende Logistik-Terminal
Die Verkehrsforschenden des DLR haben für den NGT-Cargo auch ein innovatives und ganzheitliches Logistik-Terminal-Konzept für komplexe Transportketten entwickelt. Ziel ist es, die Attraktivität und damit den Anteil der Schiene am europäischen Güterverkehr deutlich zu steigern und die Fernverkehrsstraßen zu entlasten. Das Konzept zeichnet sich durch einen hohen Automatisierungsgrad, eine intelligente Abfertigung und höhere Umschlaggeschwindigkeiten aus.
Die typische Fahrt eines NGT-Cargo-Zugs könnte dann so aussehen: Ein Güterzug, geführt und gesteuert durch den Triebkopf, fährt über das bestehende Schienennetz und erreicht ein Terminal zum Be- und Entladen. Der Zug löst sich auf, die Wagen trennen sich und fahren, je nach Vorgabe, in unterschiedliche Bereiche des Terminals ein oder werden zu einem neuen Güterzugverband zusammengestellt. Hier rangieren sie völlig selbstständig, Rangierpersonal und Rangierloks werden nicht benötigt. Das Logistik-Terminal besteht hauptsächlich aus Regallagern, die entlang der Zugwagen stehen. Regalbediengeräte, Aufzüge und Rollböden sortieren die Güter vor, lagern sie am Gleis zwischen, be- und entladen die Wagen – alles automatisch.
Im Anschluss gehen die Güter auf ihre weitere Reise: zu den Empfängern. Dies kann mit Lastenrädern, Lkws, autonom fahrenden Lastern oder auch Flugzeugen erfolgen. Es ist aber auch möglich, die einzelnen Güterwagen direkt zum Empfänger fahren zu lassen, zum Beispiel zu Häfen oder anderen Logistik-Terminals. Dafür steht ein Ortungssystem an Bord der Wagen zur Verfügung. Die Wagen lassen sich zu jeder Zeit zu einem neuen Zug zusammenstellen, der dann an sein nächstes Ziel reist. Diese Kupplung kann auch direkt während der Fahrt erfolgen.
"Insgesamt kann ein Wagen mit einer Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde über eine Strecke von insgesamt 60 Kilometer fahren", sagt Tjark Siefkes. "Der gesamte Zug kann auf der freien Strecke natürlich die Geschwindigkeiten des Hochgeschwindigkeitsverkehrs – zum Beispiel von ICE oder TGV – erreichen, um so mit ihnen ‚mitschwimmen‘ zu können."
Auf diese Weise entsteht ein ganzheitliches Logistik-Konzept. Das NGT-Logistik-Terminal ergänzt die NGT-Forschungslandschaft und bringt das Thema Automatisierung beim Warenumschlag zwischen Schiene und Straße deutlich voran.