2. August 2023 | Raumfahrtantriebe mit Zukunft: Auf das Fertigungsverfahren kommt es an

DLR entwickelt 3D-Druckverfahren für die Raumfahrt weiter

  • Der Wettbewerb auf dem Raumfahrtmarkt stellt neue Anforderungen an die Trägertechnologie, insbesondere bei den Themen Kostenreduktion und Wiederverwendbarkeit.
  • DLR-Projekt 3D-LoCoS zeigt, dass die additive Fertigung künftig eine große Rolle für Raumfahrtantriebe spielen kann.
  • Auf dem europäischen Forschungs- und Technologieprüfstand P8 in Lampoldshausen absolvierte die im 3D-Druck gefertigte Brennkammer erfolgreich Heißlauftests.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, additive Fertigung, Digitalisierung, künstliche Intelligenz

Maximale Sicherheit, hohe Leistung, lange Lebensdauer – das sind wichtige Anforderungen, die Raumfahrtantriebe erfüllen müssen. Derzeitigen Antriebstechnologien gelingt dies bereits. Doch wie sieht es mit der Kostenreduktion und Wiederverwendbarkeit aus? Das sind bedeutende Kriterien, um wettbewerbsfähig zu sein. Diese Parameter haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Projekt „3D-LoCoS – 3D Printing for Low-Cost Space Components“ im Blick. Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung und Anwendung der metallischen additiven Fertigung, also von 3D-Druck-Verfahren. Damit können Technologiedemonstratoren für Raumfahrtkomponenten kostengünstiger und schneller hergestellt werden.

Kostensenkung als Wettbewerbskriterium in der Raumfahrt

„Neue Fertigungsverfahren sind der Schlüssel zu mehr Kosteneffizienz und ebnen den Weg für wiederverwendbare Trägertechnologien“, unterstreicht Dr. Jan Haubrich, Projektleiter aus dem DLR-Institut für Werkstoff-Forschung. Im Projekt 3D-LoCoS arbeiten interdisziplinäre Teams aus dem Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie, dem Institut für Raumfahrtantriebe, dem Institut für Softwaretechnologie und dem Institut für Werkstoff-Forschung des DLR zusammen. Ziel ist es, die Möglichkeiten durch das additive Fertigungsverfahren „Laser Powder Bed Fusion“ (LPBF) zu erweitern. Das Pulverbettverfahren LPBF eignet sich dabei für besonders komplexe oder filigrane Strukturen.

„Speziell für das additive LPBF-Fertigungsverfahren haben wir eine Brennkammer mit einem besonderen regenerativen Kühlkonzept designt und entwickelt“, sagt Dr. Dmitry Suslov vom DLR-Institut für Raumfahrtantriebe. Dabei macht eine Legierung aus Kupfer, Chrom und Zirkon das Material der Brennkammer hochwärmeleitend und temperaturfest.

Neues Fertigungsverfahren auf dem Prüfstand P8

Bei Heißlauftests am Forschungs- und Technologieprüfstand P8 in Lampoldshausen hat sich gezeigt, dass sowohl die Konstruktion als auch das Fertigungsverfahren der im 3D-Druck hergestellten Brennkammer mit 25 Kilonewton Schub erfolgreich waren. „Mit sechs Heißlauftests konnten wir zeigen, welch großes Potenzial die neue Bau- und Funktionsweise der im 3D-Druck gefertigten Brennkammer mit sich bringt“, sagt Dmitry Suslov. „Jetzt möchten wir diese Technologie zügig in die industrielle Anwendung bringen. Die Testreihe hat bewiesen, dass die additive Fertigung einen breiten Spielraum für das Design und die Konstruktion der Triebwerkskomponenten bietet.“ Auch innovative Designmethoden auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) sind während des gesamten Projektes zum Einsatz gekommen – von der Auslegung der Brennkammer bis zum Test auf dem Prüfstand.

Video: Test der 3D-gedruckten Brennkammer mit der Treibstoffkombination aus Flüssigsauerstoff und -methan
Die Brennkammer wird durch das durchströmende Methan zunächst vorgekühlt. Dadurch kondensiert Luftfeuchtigkeit und es bildet sich Eis auf der Brennkammer. Die Kühlung beginnt im Düsenhals und geht stromaufwärts zum Einspritzkopf. Bei Zündung der Brennkammer wird Wärme ins Kühlmedium transferiert und das Eis schmilzt und verdampft.

Metallische additive Fertigung als Innovation

„Additive Fertigungsverfahren erlauben eine völlig andere Herstellungsweise von Komponenten und sind eine recht junge Technologie im Vergleich zu den meisten anderen Metallverarbeitungsverfahren“, sagt Jan Haubrich und verweist auf gute Zukunftsaussichten: „Insbesondere bei komplexen Designs können Komponenten kostengünstiger und schneller gedruckt werden“. Allerdings verhalten sich additiv gefertigte Werkstoffe anders als herkömmlich verarbeitete Werkstoffe. Daher sind weiterführende Tests und die weitere Technologieentwicklung notwendig. Nachfolgevorhaben sollen die Kupferbrennkammer mittels KI zur Flughardware weiterentwickeln. Zugleich sollen Kooperationsprojekte den Transfer in die Industrie stärken.

Der Weg zur Brennkammer

Dass die Brennkammer im 3D-Druck hergestellt werden soll, steht schon während der Designphase im Fokus. Denn durch das LPBF-Verfahren ergeben sich neue Anforderungen, die zum Beispiel die Auslegung betreffen. Eigenschaften wie die Gasdichtheit, Geometrietreue und Oberflächenrauheit sind maßgebend für die Auslegung. Deswegen haben die Forschenden zunächst untersucht, ob das neue Brennkammerdesign überhaupt 3D-druckfähig ist. Die LPBF-Prozess- und Fertigungsstrategie wurde anhand von Materialuntersuchungen und Prototypen validiert. Dies ermöglichte im Anschluss die Fertigung der Brennkammer in einem ganzen Stück auf einer Fertigungsanlage, deren besondere Baugröße es ermöglicht, die Brennkammer mit einer Länge von mehr als 60 Zentimetern am Stück herzustellen.

Kontakt

Anja Kaboth

Kommunikation Lampoldshausen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Im Langen Grund, 74239 Hardthausen
Tel: +49 6298 28-201

Dr. Jan Haubrich

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Werkstoff-Forschung
Metallische Strukturen und hybride Werkstoffsysteme
Linder Höhe, 51147 Köln

Dr. Dmitry Suslov

Gruppenleitung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Raumfahrtantriebe
Raketenantriebssysteme
Im Langen Grund, 74239 Hardthausen