16. April 2025

Raumsonde Lucy: Vorbeiflug am Asteroiden Donaldjohanson an Ostern

  • Die NASA-Raumsonde Lucy wird am 20. April 2025 den knapp vier Kilometer großen Asteroiden (52246) Donaldjohanson in 960 Kilometer Entfernung passieren.
  • Generalprobe für die Untersuchung der „Trojaner“-Asteroiden auf der Jupiterbahn, die 2027/28 und nochmals 2033 erreicht werden.
  • Wissenschaftsteam rechnet mit Überraschungen an diesem C-Typ-Asteroiden.
  • Donaldjohanson ist nach dem Entdecker des Fossils „Lucy“, einem Teilskeletts eines Hominiden, benannt – dem Paläo-Anthropologen Donald Johanson.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Exploration, Asteroiden

+++ Update: NASA-Raumsonde Lucy passiert den Asteroiden (52246) Donaldjohanson in 960 Kilometer Abstand und sendet erste gestochen scharfe Aufnahmen zur Erde. Die Übertragung aller aufgezeichneten Daten wird etwa eine Woche dauern. Donaldjohanson ist mit einer 8 Kilometer langen Längsachse größer als erwartet, hat einen Durchmesser von 3,5 Kilometern an seinen breitesten Stellen und hat die Form einer Hantel mit zwei verschieden großen „Gewichten“, die von einem schmalen, zylinderförmigen „Griff“ miteinander verbunden sind.

Der Asteroid ist ein Kontakt-Binärkörper, bei dem sich zwei Asteroiden miteinander verbunden haben; der größere der beiden Körper ist älter, weil er sehr viel mehr Einschlagskrater zeigt, als der kleinere Teil des Binärkörpers. Die Geologie von Donaldjohanson scheint komplex zu sein.

Dr. Stefano Mottola vom DLR-Institut für Planetenforschung, Mitglied des Wissenschaftsteams von Lucy und gegenwärtig am South West Research Institute in Boulder, Colorado (USA): „Wir haben bei der Annäherung an Donaldjohanson über zehn Tage große Helligkeitsschwankungen beobachtet. Das ließ uns schon vermuten, dass es sich um einen länglichen Binärkörper handelt. Allerdings war unser Team von der seltsamen Form des schmalen Halses überrascht.“ +++

Animation von Einzelaufnahmen bei Lucy-Vorbeiflug an Donaldjohanson
Diese Zeitraffer-Animation zeigt eine Aneinanderreihung von Einzelaufnahmen des Asteroiden Donaldjohanson, wie er von der Raumsonde Lucy während ihres nahen Vorbeiflugs gesehen wurde. Der Asteroid hat eine glatte, hellgraue Oberfläche mit glatten Kratern, die seine Oberfläche eindellen. Der größere der beiden Binärkörper hat viel mehr Krater. Die einzelnen Bilder wurden am 20. April 2025, beginnend um 19.50 Uhr MESZ, aus Entfernungen von 1.600 bis 1.100 Kilometer in einem Abstand von etwa zwei Sekunden aufgenommen. Der Asteroid selbst dreht sich nur sehr langsam; die hier sichtbare Rotation ist auf die Bewegung der Raumsonde zurückzuführen.
Credit:

NASA/Goddard/SwRI/Johns Hopkins APL

Am Ostersonntag wird die NASA-Raumsonde Lucy um 19.51 Uhr MESZ in knapp tausend Kilometer Entfernung am Asteroiden (52246) Donaldjohanson vorbeifliegen. Die Entfernung wurde sorgfältig gewählt, um bei der hohen Vorbeifluggeschwindigkeit scharfe, nicht verwischte Aufnahmen mit dem Kamerasystem L’LORRI aufzeichnen zu können. So werden sehr detailreiche Fotos mit Bildauflösungen von bis zu zehn Meter pro Pixel aufgenommen werden, die noch 50 Meter kleine Details zeigen. Donaldjohanson ist ein rund vier Kilometer großer Körper im Asteroiden-Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist an der Mission Lucy beteiligt und wird Aufnahmen und Messungen unmittelbar nach dem Vorbeiflug auswerten.

Für den Vorbeiflug in rund 225 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde ist ein hohes Maß an Präzision erforderlich. „Lucy wird mit 13,4 Kilometern pro Sekunde an seinem Ziel vorbeischießen“, erklärt Dr. Stefano Mottola vom DLR-Institut für Planetenforschung und Mitglied des Lucy-Wissenschaftsteams. „Das sind fast 50.000 Kilometer pro Stunde. Deshalb haben wir Donaldjohanson im Februar und März 39 Tage lang schon aus großer Entfernung mit dem Kamerasystem beobachtet. Zum einen, um den Asteroiden bereits ein wenig zu charakterisieren, und zum anderen um den Kurs der Sonde nachjustieren zu können. Das war aber zunächst nicht erforderlich. Lucy war präzise auf Kurs.“ Das Funksignal von Lucy zur Erde wird zwölfeinhalb Minuten unterwegs sein.

Diese bereits vorhandenen Serie optischer Navigationsbilder zeigt, wie Donaldjohanson heller wird, während die Sonde dem Asteroiden entgegen fliegt. In einer Art Zeitraffer-Daumenkino werden aufeinander folgende optische Navigationsbilder mit einem Sichtfeld von 0,3 Grad überlagert, während Lucy sich Donaldjohanson nähert. Anfangs war Lucy noch über 72 Millionen Kilometer von dem Asteroiden entfernt. Am Ende dieser Sequenz ist ihm Lucy bis auf 25 Millionen Kilometer nahegekommen.

Lucys Anflug auf den Asteroiden Donaldjohanson
Diese Serie von optischen Navigationsbildern, die vom L'LORRI-Kamerasystem auf der NASA-Raumsonde Lucy aufgenommen wurden, zeigen den Asteroiden Donaldjohanson, wie er während 39 Tagen im Februar und März 2025 immer heller wird, während sich die Raumsonde dem Asteroiden nähert. Lucy wird am 20. April 2025 in 960 Kilometer Entfernung an Donaldjohanson vorbeifliegen. In dieser Zeitraffer-Sequenz werden aufeinander folgende optische Navigationsbilder mit einem Sichtfeld von 0,3 Grad überlagert. Anfangs ist Lucy über 72 Millionen Kilometer von dem Asteroiden entfernt, am Ende sind es nur noch 25 Millionen Kilometer. Der Asteroid bewegt sich in einem Bogen relativ zu den Hintergrundsternen, während die Raumsonde, die auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne ursprünglich hinter Donaldjohanson lag, den Asteroiden einholt und dann vorübergehend überholt.
Credit:

NASA/Goddard/SwRI/Johns Hopkins APL

Automatisches Zielen mit der Kamera für optimale Bildausbeute

Um während des Vorbeiflugs in der geplanten Entfernung den Bildsensor des L’LORRI-Kamerasystems optimal nutzen zu können, also möglichst viel Fläche des Asteroiden immer in der Bildmitte erfassen zu können, verfügt die Sonde über ein sogenanntes „Terminal Tracking System“. Das TTS peilt den Asteroiden im Anflug mit der Kamera an und justiert die Kameraausrichtung automatisch nach. „Das hat bei einem ersten Asteroidenvorbeiflug im November 2023 bereits hervorragend funktioniert“, gibt sich Stefano Mottola zuversichtlich, dass das auch beim zweiten Nahvorbeiflug von Lucy an einem Asteroiden klappen wird. „Mit dem TTS ist es besser möglich, das gesamte Sichtfeld der Kamera für Aufnahmen des Zielobjekts zu nutzen.“ Neben diesem zweiten Test des TTS und des vom Applied Physics Laboratory an der Johns Hopkins Universität (Maryland, USA) beigestellten Kamerasystems L'LORRI (Lucy-Long Range Reconnaissance Imager) werden auch die vier weiteren Experimente auf der Sonde zum Einsatz kommen und Messungen durchführen. Das DLR-Institut für Planetenforschung wird aus den Bilddaten zum einen digitale Geländemodelle zur Bestimmung der Form und zur Kartierung der Topographie von Donaldjohanson berechnen, aber auch bei der wissenschaftlichen Auswertung der Bilddaten des Asteroiden mitwirken.

Auf den Navigationsaufnahmen vom Februar und März erkennt die Raumsonde, überlagert von der allgemeinen Aufhellung, auch die durch die Eigenrotation verursachte, schon zuvor beobachtete periodische Helligkeitsschwankung von Donaldjohanson. Diese Zu- und Abnahme der Helligkeit lässt vermuten, dass es sich um einen langgestreckten, langsam rotierenden Asteroiden handelt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird erst die Auswertung der Bilder nach der Begegnung mit Lucy am 20. April 2025 ergeben. Donaldjohanson wird während der langen Annäherung der Raumsonde zunächst ein unaufgelöster Lichtpunkt bleiben, erst am Tag der Begegnung werden Details der Oberfläche zu erkennen sein.

Erlebt das Wissenschaftsteam erneut eine Überraschung?

Lucy hat bereits im November 2023 den winzigen, nur 800 Meter großen Hauptgürtel-Asteroiden Dinkinesh erfolgreich beobachtet und dabei einen 220 Meter großen Mond entdeckt, der den Namen Selam erhielt. Dabei gelang eine weitere, unerwartete Beobachtung. Nach dem Vorbeiflug entdeckte Lucy beim Blick zurück auf Dinkinesh, dass der Trabant Selam wiederum von einem kleinen Kontaktmond begleitet wird. Eine große, nicht auszuschließende Überraschung wäre es, wenn auch Donaldjohanson wie schon Dinkinesh ein Binärkörper wäre und dies eine Vermutung stützen würde, dass Binärkörper im Asteroiden-Hauptgürtel viel häufiger vorkommen, als bislang angenommen.

Der Asteroid Donaldjohanson wurde 1981 vom amerikanischen Astronomen Schelte John Bus am Siding-Spring-Observatorium in Australien entdeckt. Er trägt den Namen des Anthropologen Donald Johanson, der das versteinerte Skelett – genannt „Lucy“ – eines menschlichen Vorfahren entdeckt hat. Die Lucy-Mission der NASA ist nach diesem Fossil benannt. Der 1943 geborene Paläo-Anthropologe Donald Johanson leitete 1974 eine Expedition im äthiopischen Afar-Dreieck nahe dem Roten Meer, wo er mit seinen Studenten auf das Skelett eines 3,2 Millionen Jahre alten „Vormenschen“ stieß, das als Australopithecus afarensis in die Systematik der Anthropologie aufgenommen wurde. Der gleichnamige Asteroid umkreist die Sonne rund alle drei Jahre in Entfernungen zwischen 291 und 420 Millionen Kilometern. Seine Bahn ist 4,3 Grad gegenüber der Ekliptik, also der Bahn der Erde um die Sonne geneigt.

Lucy wird 2027 die Asteroiden auf der Jupiterbahn erreichen

Lucy ist eine Mission der Discovery-Klasse der NASA. Der Start erfolgte am 16. Oktober 2021. Ihr Hauptziel sind Asteroiden, die sich auf der Jupiterbahn befinden und dort in einem Winkelabstand von 60 Grad vor und hinter dem Planeten an den sogenannten Lagrangepunkten L4 und L5 mit Jupiter die Sonne umkreisen. Man weiß bisher nur wenig über diese Gruppe von Asteroiden. Möglicherweise haben sie andere Zusammensetzungen als die Hauptgürtel-Asteroiden und vielleicht auch einen anderen Ursprung – denkbar ist ein Entstehungsort jenseits der Bahnen von Jupiter und Saturn und es handelt sich um Objekte, die ihren Ursprung im Kuipergürtel haben, einem donutförmigen Ring in rund fünf bis zehn Milliarden Kilometer Entfernung zur Sonne. Lucy wird 2027/28 sechs dieser Objekte auf der Jupiterbahn und zwei weitere Asteroiden im Jahre 2033 aus der Nähe beobachten. Nach zwölf Jahren wird Lucy insgesamt elf Astroiden aus der Nähe beobachtet haben.

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