31. Juli 2025 | Meilenstein der Robotik: Experiment ICHIBAN

Roboter spielen „Ich sehe was, was du nicht siehst“ an Bord der Internationalen Raumstation

JAXA-Astronaut Takuya Ōnishi mit den Robotern CIMON und Int-Ball2 auf der ISS
Die beiden Roboter CIMON der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR und Int-Ball2 der japanischen Raumfahrtagentur JAXA an Bord der ISS haben im Experiment ICHIBAN erstmals miteinander kommuniziert. ICHIBAN ist japanisch und steht für das Erste, also für das erste Experiment dieser Art im All. Das Besondere: Die beiden Systeme sind nicht darauf ausgelegt, dies zu können. Daher mussten neue Standards entwickelt werden um diese Lücke zu schließen. Im Experiment wurde Int-Ball2 über CIMON gesteuert und suchte Gegenstände, die im Kibo-Modul versteckt waren. im Grunde spielten die Roboter also „Ich sehe was, was du nicht siehst“.
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DLR/ESA/JAXA/NASA

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  • Die beiden Roboter CIMON der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR und Int-Ball2 der JAXA an Bord der ISS haben erstmals miteinander kommuniziert.
  • Die beiden Systeme sind ursprünglich nicht darauf ausgelegt, dies zu können.
  • Die hohen Sicherheitsstandards der ISS erlauben normalerweise nicht, über die Grenzen der verschiedenen Netzwerke in den unterschiedlichen Modulen hinweg zu kommunizieren.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Robotik, KI

Roboter spielen „Ich sehe was, was du nicht siehst“ – was sich zunächst kurios anhört, hat einen wichtigen Hintergrund. Die beiden Roboter CIMON der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Int-Ball2 der japanischen Raumfahrtagentur JAXA an Bord der Internationalen Raumstation ISS haben im Experiment ICHIBAN erstmals miteinander kommuniziert. ICHIBAN ist japanisch und steht für das Erste, also für das erste Experiment dieser Art im All.

Das Besondere: Die beiden Systeme sind nicht darauf ausgelegt, dies zu können. Daher mussten neue Standards entwickelt werden um diese Lücke zu schließen. Eine weitere Hürde war, dass die Roboter an unterschiedliche Netzwerke der ISS angebunden sind. Zudem wurde das Experiment von zwei Raumfahrtagenturen über mehrere Sprachen hinweg gemeinsam entwickelt.

ICHIBAN: Fangenspiel im Weltall

Während des Experiments hat der Astronaut Takuya Ōnishi im europäischen Columbus-Modul mit CIMON gesprochen. Über seine Sprachbefehle steuerte er die fliegende Kamera Int-Ball2 im japanischen Kibo-Modul. Nachdem der Astronaut sich mit der Steuerung von Int-Ball2 vertraut gemacht hatte, lokalisierte er eine Reihe von Gegenständen innerhalb des Kibo-Moduls und fotografierte sie. Die Gegenstände wurden zuvor hier versteckt. Dazu gehörten ein Zauberwürfel und Standardwerkzeuge an Bord der ISS wie Hämmer und Schraubenzieher sowie Int-Ball1, der Vorgänger des aktuellen Int-Ball2. Hierzu wurde das Kamerabild von Int-Ball2, das normalerweise nur auf der Erde im japanischen Kontrollzentrum zu sehen ist, auf das Display von CIMON gestreamt.

Was zunächst einfach klingt, ist eine Premiere im All. Hierzu mussten nicht nur zwei Systeme miteinander interagieren, die niemals dafür designt wurden, sondern auch die hohen Sicherheitsstandards der ISS erfüllen. Sie erlauben normalerweise nicht, über die Grenzen der verschiedenen Netzwerke in den unterschiedlichen Modulen der ISS hinweg zu kommunizieren.

„Die ICHIBAN-Demonstration auf der ISS in Kooperation mit unseren Kolleginnen und Kollegen bei der JAXA stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Weltraumrobotik dar. Die erstmalige Kommunikation zwischen den unabhängig entwickelten Systemen CIMON und Int-Ball2 weist den Weg für die Vernetzung von künstlicher Intelligenz und Robotik in der Exploration. Diese Leistung wird die Unterstützung für Astronautinnen und Astronauten maßgeblich verbessern“, sagt Dr. Christian Rogon, ICHIBAN-Projekteiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.

Bessere Experimente im All

Beide Systeme könnten in Zukunft zusammenarbeiten, um Experimente zu unterstützen und sie fotografisch zu dokumentieren. Zudem könnten sie das Innere der ISS mit einer Kamera auf Defekte untersuchen. Außerdem könnten sie frei schwebende Objekte aufspüren, die eine Gefahr für die Besatzung und die Experimente an Bord darstellen könnten.

Weiterführende Links

Der Assistenzroboter CIMON-2

CIMON (Crew Interactive Mobile Companion) befindet sich seit 2018 auf der ISS. Er ist der erste Roboter, der eine Künstliche Intelligenz nutzte, um freischwebend mit der Crew der ISS zu interagieren. Das Astronauten-Assistenzsystem kann sehen, hören, verstehen und sprechen. Kameras und Software zur Orientierung und zur Videodokumentation dienen CIMON als „Augen“. Als fliegender Crew-Assistent hat CIMON in einem ersten Experiment gezeigt, dass er Astronauten auch bei nicht geübten Tätigkeiten, wie einem kleinen Experiment durch seine Anleitung unterstützen kann. Dabei kann er Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf der Erde auch Bildmaterial des Experimentes in Echtzeit zur Verfügung stellen. Außerdem kann CIMON sich auch mit dem Astronauten unterhalten oder ihm Musik vorspielen.

Entwicklung und Bau des interaktiven Astronauten-Assistenten wurden von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegeben und seit 2016 von Airbus in Friedrichshafen und Bremen umgesetzt. Als sprachgesteuerte Künstliche Intelligenz dient watsonx, das IBM Portfolio an KI-Produkten. Die menschlichen Aspekte des Assistenzsystems wurden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) mitentwickelt und betreut.

CIMONs Name erinnert nicht zufällig an „Professor Simon Wright“, den robotischen Assistenten – das „fliegende Gehirn“ – aus der japanischen Science-Fiction-Serie „Captain Future“. Weiterhin beteiligt waren die Europäische Weltraumorganisation ESA, BIOTESC an der Hochschule Luzern (Schweiz) zur operationellen Vorbereitung und Durchführung des Experimentes in der Infrastruktur der ISS und das Columbus-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen zur operationellen Missionsplanung.

Int-Ball2: JAXAs fliegende Augen

Int-Ball2 (Japanese Experiment Module Internal Ball Camera) ist eine Weiterentwicklung von Int-Ball und eine mit Kameras ausgestattete Drohne der JAXA. Sie befindet sich seit 2024 auf der ISS und wird vom Boden aus gesteuert. Int-Ball2 ist im japanischen Kibo-Modul stationiert und ermöglicht dem Bodenkontrollteam, ohne die Hilfe von Astronautinnen und Astronauten jeden Ort und jeden Blickwinkel des Kibo-Moduls zu filmen. Hierdurch werden die Astronautinnen und Astronauten entlastet, die zuvor ungefähr zehn Prozent ihrer Arbeitszeit zum Fotografieren aufwenden mussten. Int-Ball2 wurde von der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA entwickelt und gebaut, wobei die Software des Systems von der Firma SEC entwickelt wurde.

Kontakt

Dr. Gregor Hecker-Twrsnick

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Kommunikation & Presse
Königswinterer Straße 522-524, 53227 Bonn
Tel: +49 228 447-221

Dr. Christian Rogon

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Forschung und Exploration
Königswinterer Str. 522-524, 53227 Bonn