30. Juli 2025 | Studie zu derzeitigen EU-Flugdienstzeitbegrenzungen und Ruhezeiten

Wie wirksam sind die Regelungen der Dienstzeiten für Flugpersonal?

DLR-App Fit4Duty
Das DLR konnte mit der Bereitstellung für die Studie zur Erfassung der Wirksamkeit der bestehenden Flugdienstzeitbegrenzung eigens entwickelten App Fit4Duty maßgeblich zur Umsetzung und zum Erfolg des Projekts beigetragen.
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© Fraunhofer IDMT / Leona Hofmann

  • DLR-App Fit4Duty ermöglichte detaillierte Datenerhebung und direkte Kommunikation mit den Teilnehmenden während der Studie.
  • Das DLR war für die umfangreiche Datenaufbereitung verantwortlich und untersuchte, wie lange die Flugdienstzeit von Flugpersonal im Jetlag-Zustand sein darf.
  • Mit dem Projekt konnten grundlegende Forschungslücken im Bereich „Controlled Rest“ und Rufbereitschaft geschlossen werden.
  • Ein Ergebnis: Derzeitige Dienstzeitbeschränkungen bei der Beherrschung von Ermüdungsrisiken sind weitgehend wirksam.
  • Schwerpunkte: Luftfahrt, Medizin, Flugsicherheit

Müdigkeit beim Flugpersonal beeinträchtigt die Aufmerksamkeit und die Entscheidungsfähigkeit der handelnden Personen und kann somit zu einem Sicherheitsproblem in der Luftfahrt werden. Um Unfälle und Zwischenfälle zu vermeiden, gibt es Vorschriften zur Begrenzung der Flugdienstzeit und zu den minimalen Ruhezeiten für das Flugpersonal, die von Behörden wie der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) eingeführt wurden. Um die Wirksamkeit dieser aktuellen Flugdienstzeitbegrenzung zu erfassen, wurde nun im Auftrag der EASA eine europaweit angelegte Studie durchgeführt, an der das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt war. Bei der Studie wurde untersucht, ob die derzeitigen Vorschriften einen ausreichenden Schutz vor zu hoher Ermüdung des Flugpersonals bieten und wie das Verständnis von Ermüdungsrisiken in der kommerziellen Luftfahrt verbessert werden kann.

Der Forschungsverbund kombinierte verschiedene Methoden wie Umfragen, Interviews und eine groß angelegte Datenerhebung im Feld. Mehr als 220 Mitglieder des Flug- und Kabinenpersonals von acht europäischen Fluggesellschaften wurden jeweils über mehrere Wochen während der Dienstzeit untersucht. Dabei wurden Ermüdung, kognitives Leistungsvermögen, Schlaf sowie die Arbeitsbelastung erfasst. Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass die derzeitigen Dienstzeitbeschränkungen bei der Beherrschung von Ermüdungsrisiken weitgehend wirksam sind und dass die Dienstdauer neben der Tageszeit des Dienstes, der vorherigen Schlafdauer und Wachdauer die stärksten Effekte auf die Müdigkeit ausübt. Die Studie ergab außerdem, dass die Zugehörigkeit zum Piloten- oder Kabinenpersonal sowie individuelle Faktoren wie Alter und Geschlecht ebenfalls einen Einfluss auf die Müdigkeit haben können und dass der sogenannte „Controlled Rest“ – also die Möglichkeit für Pilotinnen und Piloten unter Einhaltung bestimmter Vorgaben Kurzschlaf („Nap“) im Cockpitsitz abzuhalten – ein wirksames Instrument zur Beherrschung der Müdigkeit ist, insbesondere vor kritischen Flugphasen.

DLR-App Fit4Duty zur detaillierten Datenerhebung

Die von der Abteilung für Schlaf und Humanfaktoren am DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin entwickelte App Fit4Duty ermöglichte die großanlegte Datenerhebung für die Studie. Dazu gehörte eine zuverlässige Messung der kognitiven Leistung, eine detaillierte Beschreibung der Flugdienste, eine wiederholte Erfassung von Ermüdung, Arbeitsbelastung und Ruhepausen sowie ein Echtzeit- Monitoring. Außerdem war mit der App eine direkte Kommunikation mit den Teilnehmenden während der Studie möglich. Das DLR war für die umfangreiche Datenaufbereitung verantwortlich und untersuchte speziell, wie lange die Flugdienstzeit von Flugpersonal sein darf, das sich in einem Jetlag-Zustand befindet.

„Der Umfang dieser Feldstudie macht sie zu einem wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur stetigen Verbesserung der Sicherheit in der Luftfahrt“, sagt Prof. Daniel Aeschbach, Leiter der Abteilung Schlaf und Humanfaktoren. Die Ergebnisse der Studie dienten als Grundlage für weiterführende Empfehlungen an die EASA, darunter die Empfehlung, die derzeitigen Anforderungen an ein angemessenes Müdigkeits-Risikomanagement auszuweiten und auf alle Flugdienstzeiten von zehn Stunden oder mehr anzuwenden. Außerdem wurde festgestellt, dass die bestehende Obergrenze von 18 Stunden Wachzeit bei Rufbereitschaft, die zu einem Flugdienst führt, beibehalten werden kann – mit dem Hinweis, dass zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Schlafmöglichkeiten der Besatzung vor langen Einsätzen zu maximieren. Bisher durfte „Controlled Rest“ bei Pilotinnen und Piloten als Strategie zur Bekämpfung unerwartet eintretender Müdigkeit verwendet werden. Es wird empfohlen, dass sie solche kontrollierten Ruhezeiten zukünftig auch präventiv einsetzen dürfen, um also erwartete Müdigkeit (beispielsweise auf langen Nachtflügen) zu verhindern.

Das Konsortium wurde vom Niederländischen Luft- und Raumfahrtzentrum (NLR) als Projektleiter angeführt. Weitere Partner waren das DLR, das Finnische Institut für Arbeitsmedizin (FIOH), die Universität Stockholm und die Firma Jeppesen. Mit dem Projekt wurden grundlegende Forschungslücken im Bereich „Controlled Rest“ und Rufbereitschaft geschlossen. Damit liefert das Projekt eine einzigartige wissenschaftliche Bewertung mit Relevanz für die zukünftige europäische Gesetzgebung. Das DLR konnte mit der Bereitstellung der eigens für den Zweck der Feld-Datenerhebung entwickelten App maßgeblich zur Umsetzung und zum Erfolg des Projektes beigetragen.

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Prof. Daniel Aeschbach

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Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
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