COMPASSO – Optische Quantentechnologien für Europas Satellitennavigationssystem Galileo
Quantenoptische Technologien sind ein wesentliches Element in den Planungen zur Weiterentwicklung des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo. Der Nachweis, dass Quantentechnologien den Leistungsanforderungen des Galileo-Systems unter den herausfordernden Umgebungsbedingungen des Weltraums standhalten, muss jedoch noch erbracht werden. Dieses Ziel verfolgt die COMPASSO-Mission.
Das COMPASSO-System besteht im Kern aus drei optischen Instrumenten: einer hochstabilen, auf Jod basierenden Frequenzreferenz (entwickelt im DLR), einem Laserterminal zur genauen Zeit- und Frequenzübertragung sowie Entfernungsmessung (entwickelt durch Tesat-Spacecom GmbH und DLR) und einem optischen Frequenzkamm (entwickelt durch Menlo Systems GmbH). Durch die Kombination der Jodreferenz mit dem optischen Frequenzkamm wird ein hochpräzises und äußerst stabiles Zeitsignal erzeugt. Dieses wird anschließend auf einen Laserstrahl moduliert und aus dem Orbit zur optischen Bodenstation am DLR-Standort Oberpfaffenhofen übertragen. Dort werten die Forschenden das Signal aus, überprüfen die Genauigkeit der Zeitübertragung und der Frequenzstabilität und bestimmen hochpräzise die Entfernung zwischen Bodenstation und Weltraumterminal.
Die Missionsplanung sieht vor, die neuen Technologien ab 2027 für zwei Jahre auf der ISS zu erproben. Nach ihrer Ankunft auf der Raumstation wird die COMPASSO-Nutzlast mittels eines Roboterarms an einem Steckplatz der von Airbus entwickelten Bartolomeo-Plattform an der Außenseite des Columbus-Moduls angebracht und in Betrieb genommen.
Optische Technologien: Schlüssel für sichere und effiziente Satellitennavigation und hochpräzise Zeitverteilung
Hochpräzise, zuverlässige und robuste quantenoptische Uhren sowie Laser (für die Datenkommunikation und hochpräzise Entfernungsmessung) sind essenziell für die Weiterentwicklung des Galileo-Systems und seiner Dienste. Im operativen Betrieb bei Galileo ist es erforderlich, dass die Satelliten mindestens 12 bis 15 Jahre autonom und störungsfrei funktionieren. Für den Einsatz auf zukünftigen Galileo-Satelliten müssen die entwickelten Instrumente zudem besonders leicht und kompakt sein, um den beim Raketenstart auftretenden Vibrationen und Kräften standzuhalten.
Quantenoptische Uhren
Weltraumtaugliche Laseruhren können künftig noch genauere Zeitinformationen liefern, um die Dienste von Galileo für Navigation und Zeitverteilung effizienter und präziser zu gestalten. Laseroptische Uhren sind aufgrund ihrer höheren Taktfrequenz etwa hundertmal genauer als aktuelle Satellitenuhren auf Mikrowellenbasis. Bei der in COMPASSO verwendeten Uhr wird die Wellenlänge eines Lasers auf eine bestimmte Schwingung von Jodmolekülen in einer Gaszelle abgestimmt. Der Takt dieser Schwingung hängt ausschließlich von den quantenmechanischen Eigenschaften des Jods ab. Mit dieser geräteunabhängigen Referenz lässt sich in Kombination mit einem Frequenzkamm die hohe Genauigkeit der optischen Uhr realisieren.
Optische Inter-Satelliten-Links
Ein bedeutender Fortschritt betrifft die Nutzung optischer Inter-Satellitenverbindungen sogenannte Optical Inter-Satellite Links (OISL) in der Galileo-Konstellation. Diese Verbindungen ermöglichen die Datenübertragung sowie eine hochpräzise Abstandsmessung zwischen Satelliten, was zu einer genaueren und robusteren Bahnbestimmung beiträgt. Zudem verbessern OISL die Autonomie der Navigationskonstellationen, da sie weniger anfällig für die Nichtverfügbarkeit von Bodenstationen sind, beispielsweise für den Uplink der Kontroll- und Missionsdaten. Hinzu kommt, dass optische Verbindungen robuster gegen Lauschangriffe sind und die Verteilung von Quantenschlüsseln für eine erhöhte Sicherheit ermöglichen.
Anwendungsperspektiven
Die vielfältigen Vorteile quantenoptischer Technologien eröffnen über Galileo hinaus eine breite Palette an Anwendungen für optische Technologien im Weltraum. So können beispielsweise LEO-PNT-Systeme (Low Earth Orbit Positioning Navigation and Timing) sowie zukünftige Generationen weltraumbasierter Kommunikations- und Internetdienste von diesen Technologien profitieren. Auch wissenschaftliche Missionen oder Projekte können durch diese Technologien unterstützt werden. Beispiele dafür sind sind das zivile Weltraumsystem EURIALO, das den Flugverkehr kontinuierlich, global und unabhängig überwachen kann. oder auch Umweltmissionen wie GRACE-FO (Gravity Recovery And Climate Experiment Follow-On) oder NGGM (Next Generation Gravity Mission).
Zudem eröffnen sich auch für Anwendungen und Datenstrukturen sowie Kommunikations-Infrastrukturen am Boden neue Möglichkeiten. Exakte, weltraumgestützte Zeitangaben stellen eine weitgehend „unsichtbare Ressource“ für Wirtschaft und Gesellschaft dar, da sie die Grundlage vieler Technologien bilden – etwa in Energie- und Kommunikationsnetzen, im Finanzhandel oder bei der Steuerung industrieller Prozesse.
Hintergrund-Info: Der Name „COMPASSO“ |
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Der Name leitet sich von dem ersten kommerziellen, wissenschaftlichen, von Galileo Galilei entwickelten Instrument ab – einem geometrischen und militärischen Kompass. Das 1597 entworfene Gerät ähnelte einem proportionalen Teiler mit zwei Lineal-ähnlichen Armen, die sich entweder frei bewegen oder mit einem halbkreisförmigen Bogen fixiert werden konnten, was präzise Messungen und Berechnungen ermöglichte. Diese Erfindung hatte viele Anwendungen und wurde unter anderem als Vorläufer des Rechnerschiebers verwendet. |
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Nachrichten
Mission COMPASSO – Optische Quantentechnologien für künftige Generationen von Galileo
- Laufzeit COMPASSO: 2019 bis 2029
- Federführende Einrichtung: Galileo Kompetenzzentrum
- Projektart: Grundfinanzierung
- Fördermittelgeber: DLR-Programmdirektion Raumfahrt