Satelliten für die Erdbeobachtung – unverzichtbare Helfer im Kampf gegen den Klimawandel
7. März 2022
Satelliten für die Erdbeobachtung – unverzichtbare Helfer im Kampf gegen den Klimawandel
Mission Tandem-L
Tandem-L ist ein Vorschlag des DLR für eine hochinnovative Satellitenmission zur globalen Beobachtung von dynamischen Prozessen auf der Erdoberfläche in einer bisher nicht erreichten Qualität und Auflösung. Aufgrund seiner neuartigen Abbildungstechniken und seiner enormen Aufnahmekapazität kann Tandem-L dringend benötigte Informationen zur Lösung hochaktueller wissenschaftlicher Fragestellungen aus den Bereichen der Bio-, Geo-, Kryo- und Hydrosphäre liefern. Tandem-L würde damit entscheidend zu einem besseren Verständnis des Systems Erde und seiner Dynamik beitragen.
Der deutsche Umweltsatellit EnMAP ist bereit für seinen Einsatz im All
Der deutsche Umweltsatellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program), der im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Deutschland entwickelt und gebaut und für seinen Einsatz im All getestet wurde, ist bereit für seinen Start.
Höhenänderungsrate des nördlichen Eisfelds in Patagonien in Südamerika im Zeitraum 2012 bis 2016 gewonnen aus TanDEM-X-Daten. Schnee, Gletscher, Eisschilde, Meereis und Permafrost bilden die Kryosphäre und spielen aufgrund von Rückkopplungsmechanismen mit der Atmosphäre, dem Ozean und/oder der Lithosphäre eine wichtige Rolle für das Klimasystem der Erde. Diese Mechanismen haben die Tendenz, den Klimawandel und den Anstieg des Meeresspiegels zu verstärken. Allerdings sind die Prozesse, die die Dynamik und die Massenbilanz der einzelnen Komponenten der Kryosphäre steuern, noch nicht ausreichend verstanden. Daher ist die Darstellung der kryosphärischen Prozesse ein Schwachpunkt der derzeitigen Klimamodelle und ein wichtiger Grund für die Unsicherheiten in den Klimaprojektionen. Mit Tandem-L wird es erstmals möglich sein, die Eistopographie und Eisstruktur sowie ihre zeitliche Veränderung mit hoher räumlichen Auflösung (30 m x 30 m) global zu erfassen.
Der neue Bericht des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) macht es deutlicher denn je: Die Weltgemeinschaft muss jetzt handeln! Wenn nicht geeignete Maßnahmen für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel ergriffen werden, dann schließe sich das Fenster der Gelegenheit, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. Bereits jetzt seien mehr als 3,3 Milliarden Menschen in hohem Maße von den Auswirkungen des Klimawandels wie Dürren, Hitzewellen oder Überschwemmungen betroffen, heißt es in dem Bericht1. Um die biologische Vielfalt zu erhalten, müssten zwischen 30 bis 50 Prozent der Ökosysteme – Land-, Süßwasser- und Meeresflächen – geschützt werden. Nur so könnten sich diese an die veränderten Bedingungen anpassen.
Satellitendaten für die Klimaforschung: Beobachten, vorhersagen, handeln
Die enorme Herausforderung besteht darin, Klimaschutzmaßnahmen zu entwickeln, die wirksam sind und die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften dabei geringstmöglich belasten. Eine Energie- und Verkehrswende sind nötig, um den Ausstoß von schädlichen Treibhausgasen erheblich zu verringern. Dies setzt ein tiefes Verständnis des Systems Erde voraus, insbesondere in Bezug auf seine Kohlenstoff und Energieprozesse. Satelliten zur Erdbeobachtung liefern hier die entscheidenden Daten. Sie ermöglichen es, Veränderungen unseres Planeten lückenlos zu beobachten und frühzeitig zu erkennen, wo unumkehrbare Schäden entstehen können. Sie helfen uns, das System Erde, das aus einer Vielzahl von Komponenten und Prozessen besteht, die durch komplexe Wechselwirkungen miteinander verkoppelt sind, zu verstehen.
„Mehr denn je benötigen wir die Auswertung von Klimadaten, um die Folgen des menschlichen Einflusses auf das Klima zu analysieren“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Wir werden mehr und bessere Informationen und jede Menge Wissen brauchen, darüber, wie das komplexe System Klima genau funktioniert, wie es sich weiter verändert und welche Handlungsmöglichkeiten wir haben.“
Seit vielen Jahren erforscht das DLR Umweltveränderungen und den globalen Wandel mit den unterschiedlichsten Missionen. Es entwickelt modernste Big-Data-Archivierungs- und Prozessierungssysteme sowie Algorithmen zur Ableitung relevanter Parameter aus Erdbeobachtungsdaten und analysiert die Ergebnisse. Mit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program) wird voraussichtlich am 1. April 2022 der erste deutsche Hyperspektralsatellit ins All starten. Mit seinen beiden Spektrometern analysiert er die von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenstrahlung vom sichtbaren Licht bis hin zum kurzwelligen Infrarot in einer bisher nicht verfügbaren spektralen Auflösung. Daraus lassen sich präzise Aussagen über Zustand und Veränderungen der Erdoberfläche ableiten. Dies ermöglicht die Beantwortung aktueller Fragen aus den Bereichen Umwelt und naturnahe Ökosysteme, Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung, Wasserwirtschaft und -Güte sowie Mineralogie und Geologie in verschiedenen Maßstabsebenen.
Die Daten von EnMAP werden helfen, vielfältige Anwendungen im Bereich Umweltplanung und Ressourcenbewirtschaftung zu entwickeln. Sie können beispielsweise als Entscheidungsgrundlage für die optimale Bewirtschaftung von Ackerflächen dienen und helfen, die Nährstoff- und Wasserversorgung der Pflanzen zu bestimmen sowie Bodeneigenschaften zu quantifizieren.
Tandem-L: Das globale Klima und Umweltbeobachtungssystem für morgen
Solche Beobachtungssysteme sind ebenso unverzichtbar, wenn es darum geht, die Wirksamkeit und die Einhaltung von Klimaschutzmaßnahmen zu verifizieren. „Das Klimamonitoring - und damit auch die Überprüfung, ob die politischen Maßnahmen greifen – ist eine globale Aufgabe, die nur mit Satellitenbeobachtungen zu bewältigen ist. Radarsatelliten nehmen dabei eine besondere Rolle ein, denn nur sie ermöglichen eine globale, räumlich hochauflösende und großflächige Abbildung der Erdoberfläche unabhängig von den Wetterbedingungen und vom Tageslicht. Keine andere Sensortechnologie im Weltall hat diese Fähigkeit“, so Prof. Dr.-Ing. Alberto Moreira, Direktor des Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Radarsatelliten sind dafür prädestiniert, Geoinformationen schnell, präzise, global und zuverlässig zu liefern.
Seit 2012 arbeitet das DLR an der nächsten Generation von Radarsatelliten für Klimaforschung und Umweltbeobachtung mit dem Ziel, dringend benötigte Informationen zur Lösung hochaktueller Fragestellungen zu liefern. Mit der Mission Tandem-L, ein Vorschlag des DLR für eine hochinnovative Radarsatellitenmission, könnte Deutschland ein Instrument zur objektiven Erfassung unserer Umwelt und Beobachtung von Umweltveränderungen international bereitstellen. Mit ihr wäre die Erfassung einer Vielzahl dynamischer Prozesse in der Bio-, Geo-, Kryo- sowie Hydrosphäre in einer bisher nicht erreichten Qualität und Auflösung möglich. Tandem-L könnte im Wochenrhythmus eine aktuelle Abbildung der gesamten Landmasse der Erde in 3D liefern. Ebenso wäre es mit der Mission möglich, sieben sogenannte essenzielle Klimavariablen im Rahmen dieser Satellitenmission gleichzeitig zu messen. Tandem-L würde somit maßgeblich zum besseren Verständnis von Prozessen beitragen, die heute als Treiber der lokalen und globalen Klimaänderung gesehen werden.
Die gewonnenen Informationen könnten Politik und Gesellschaft befähigen, die bestmöglichen Handlungsentscheidungen zu treffen – auf lokaler, regionaler wie auch globaler Ebene.
1 Am 28. Februar 2022 wurde der zweite Band des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts „Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit“ über die Folgen des Klimawandels veröffentlicht.