7. November 2023 | Erstmaliger direkter Nachweis durch Messungen mit upGREAT-Terahertz-Spektrometer

Atomarer Sauerstoff auf der Tag- und Nachtseite der Venusatmosphäre

  • upGREAT misst Konzentration von atomarem Sauerstoff auf der Tag- und Nachtseite der Venus.
  • Messungen wurden mit dem upGREAT-Terahertz-Spektrometer an Bord von SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie) durchgeführt.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Planetenforschung, Terahertz-Forschung, Sensorsysteme

Unser Sonnensystem hat zwei bemerkenswert ähnliche Planeten: die Erde und die Venus. Sie sind wahrscheinlich gleich alt, vergleichbar groß und vermutlich aus den gleichen Materialien entstanden. Aber es gibt auch große Unterschiede zwischen beiden Himmelskörpern. Während die Erde einen blauen Himmel, Ozeane mit flüssigem Wasser voller Leben und eine sauerstoffreiche Atmosphäre hat, ist die Venus umgeben von einer dichten Wolkendecke aus Kohlendioxid, Stickstoff und verschiedenen Spurengasen. Mit dem Terahertz-Spektrometer upGREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) an Bord von SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie) konnte nun erstmals direkt die Konzentration des atomaren Sauerstoffs auf der Tag- und Nachtseite der Venusatmosphäre gemessen werden.

In der Atmosphäre der Venus herrschen zwei starke Strömungen vor: Unterhalb von etwa 70 Kilometern gibt es Winde, die in Hurrikanstärke entgegen der Rotationsrichtung der Venus wehen, jedoch strömen oberhalb von 120 Kilometern starke Winde in Rotationsrichtung. Zwischen diesen beiden entgegengesetzten atmosphärischen Strömungen befindet eine Schicht von atomarem Sauerstoff. Dieser entsteht durch die UV-Strahlung der Sonne, die das Kohlendioxid und Kohlenmonoxid der Venusatmosphäre in atomaren Sauererstoff und weitere Produkte zerlegt.

Direktes Messverfahren weist atomaren Sauerstoff nach

Frühere und aktuelle Nachweismethoden sind indirekt und basieren auf Messungen anderer Moleküle in Kombination mit photochemischen Modellen. Wissenschaftlern vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme, dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie und der Universität zu Köln ist es im November 2021 erstmals gelungen, die äußerst reaktiven Sauerstoffatome in der Atmosphäre der Venus direkt nachzuweisen. Die Messungen wurden mit dem upGREAT-Spektrometer auf SOFIA, dem Stratosphärenobservatorium für Infrarotastronomie, durchgeführt. „Sie waren besonders herausfordernd, da die Venus nur an drei Tagen für jeweils circa 20 Minuten mit SOFIA beobachtet werden konnte und zudem nur wenig über dem Horizont stand. Dank der überragenden Messempfindlichkeit von upGREAT und der einzigartigen Qualität von SOFIA gelang es, eine Karte der Sauerstoffverteilung auf der Venus zu erstellen“, sagt Prof. Heinz-Wilhelm Hübers, Direktor des DLR-Instituts für Optische Sensorsysteme und Erstautor der Veröffentlichung.

Ergebnisse der Messungen

Die Emission der Venus wurde in einem schmalen Frequenzbereich um 4.74 Terahertz (THz) gemessen, was einer Wellenlänge von 63,2 Mikrometern entspricht. Der atomare Sauerstoff in der Venus-Atmosphäre absorbiert diese Strahlung. Das ist vergleichbar mit den Fraunhoferlinien im Sonnenspektrum, die einen Hinweis auf die in der Sonnenatmosphäre befindlichen Atome geben. So entsteht im Terahertzspektrum der Venus eine Absorptionslinie, die charakteristisch für den atomaren Sauerstoff ist. Die Stärke und Form des Absorptionssignals ist ein Maß für die Menge des atomaren Sauerstoffs und für seine Temperatur. „Wir konnten damit zeigen, dass der Sauerstoff auf der Tagseite der Venus gebildet wird und seine Konzentration mit abnehmender Sonneneinstrahlung ebenfalls abnimmt. Auf der Nachtseite deutet eine lokale Konzentrationserhöhung auf eine Anreicherung des atomaren Sauerstoffs in Folge von Windströmungen hin“, erklärt Prof. Heinz-Wilhelm Hübers.

Aus der Temperatur des atomaren Sauerstoffs von ca. -120 Grad Celsius auf der Tagseite bis -160 Grad Celsius auf der Nachtseite lässt sich ableiten, dass er vorwiegend in einer Höhenschicht um 100 Kilometer vorkommt. Seine Konzentration ist circa zehnmal geringer als in der Atmosphäre der Erde. Die deutlichen Unterschiede zur Erde können zukünftig zu einem besseren Verständnis beitragen, warum sich die Erde und ihr Schwesterplanet Venus so unterschiedlich entwickelt haben.

Über SOFIA

SOFIA, das „Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie“, war ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wurde auf Veranlassung des DLR mit Mitteln des Bundes (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz), des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Der wissenschaftliche Betrieb wurde auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA-Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert, auf amerikanischer Seite von der Universities Space Research Association (USRA).

Über GREAT

upGREAT ist eine Weiterentwicklung des Ferninfrarot-Spektrometers GREAT („German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies“), mit dem seit 2011 zahlreiche erfolgreiche Wissenschaftsflüge mit SOFIA durchgeführt wurden. Das Instrument wurde von einem Konsortium deutscher Forschungsinstitute - dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie und dem „Kölner Observatorium für SubMillimeter Astronomie“ (KOSMA) der Universität zu Köln in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Optische Sensorsysteme in Berlin entwickelt und gebaut.

Kontakt

Anja Philipp

Kommunikation Berlin, Neustrelitz, Dresden, Jena, Cottbus/Zittau
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin-Adlershof
Tel: +49 30 67055 8034

Prof. Dr. Dr. h.c. Heinz-Wilhelm Hübers

Institutsdirektor
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Optische Sensorsysteme
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin-Adlershof