Saubere Antriebe für zukünftige Raumfahrtantriebe
- Von der Forschung und Entwicklung grüner Treibstoffe bis hin zur Anwendung in Raumfahrtantrieben, das DLR-Institut für Raumfahrtantriebe bildet das gesamte Portfolio ab.
- Am Prüfstandskomplex M11 und Physikalisch-Chemischen Labor am M3 werden neuartige Treibstoffkombinationen für die Raumfahrt und darüber hinaus erforscht, entwickelt und getestet.
- Die DLR-Ausgründungen HyImpulse Technologies und InSpacePropulsion Technologies demonstrieren die Anwendung ihrer Technologieentwicklungen.
- Schwerpunkte: Raumfahrt, Technologieentwicklung, Start-Ups
Eine komplexer werdende Welt, der Schutz der Umwelt und die rapide Zunahme der Raumfahrtaktivitäten erfordern Nachhaltigkeit im Raumtransport, bei Weltraummissionen, und in der weltraumnutzenden Industrie. Die Wiederverwendbarkeit von Raketenantrieben und die Optimierung von Produktionsverfahren standen bislang im Fokus. Die Grundlage für die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Technologien ist die Forschung und die beginnt im DLR-Institut für Raumfahrtantriebe bereits bei der richtigen Zusammensetzung der Raketentreibstoffe. Leistungsstark und gut lagerfähig waren bisher die Anforderungen, die Treibstoffe für den Antrieb zum oder im Weltall mit sich bringen mussten. Das ist längst nicht mehr alles. Ein Treibstoff soll dazu auch noch günstig, leicht zu handhaben und nachhaltiger sein. Dafür bündelt das DLR-Institut für Raumfahrtantriebe seine Kompetenzen, um die Raumfahrt nachhaltiger und grüner zu gestalten – von der Treibstoffentwicklung bis hin zur Anwendung.
Entwicklung grüner und nachhaltigerer Treibstoffe im Labor
Im Physikalisch-Chemischen Labor der Abteilung Chemische Treibstofftechnologie des DLR-Instituts werden alle Schritte der Vorentwicklung neuartiger grüner Treibstoffe – von der chemischen Synthese über deren Charakterisierung bis hin zu Abbrandversuchen ausgewählter Treibstoffkombinationen durchlaufen. So hat das DLR-Team die beiden alternativen Treibstoffe „HIP_11“ (Hypergolic Ionic Propellant developed at M11) und HyNOx entwickelt.
HyNOx ist ein Zweikomponententreibstoff und besteht aus Lachgas (N2O) und Ethan (C2H6). Die Komponenten sind weltweit gut verfügbar. HIP_11 besteht ebenfalls aus zwei Komponenten: Konzentriertes Wasserstoffperoxid ist ein leistungsstarker und gut zu handhabender Oxidator. Bei der zweiten Komponente handelt es sich um ein Salz, das eine sehr geringe Schmelztemperatur aufweist und damit bei Raumtemperatur flüssig ist. Sobald dieses Salz mit Wasserstoffperoxid in Kontakt ist, reagieren die Stoffe miteinander und es kommt zur Zündung. Diese Treibstoffkombinationen zeichnen sich durch eine vergleichbare Leistung gegenüber herkömmlichen lagerfähigen Treibstoffen wie Hydrazin aus. Sie ermöglichen gleichzeitig eine viel leichtere Handhabung bei deutlich reduziertem Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt.
Aus diesen Forschungsarbeiten heraus, haben Dr. Lukas Werling und Felix Lauck, das DLR-Start-Up InSpacePropulsion Technologies GmbH gegründet. Die nachhaltigeren Treibstoffkombinationen HyNOx und HIP_11 sowie die dazugehörigen Antriebstechnologien für unterschiedliche Anwendungen wie Satelliten, Lander und Kapseln, werden nun in den Weltraum und gleichzeitig auf den Markt gebracht. Die Technologien werden in ersten Missionen Ende 2025 zum Einsatz kommen. Diese Flüge demonstrieren die Funktionsfähigkeit, Robustheit und Leistung der selbstentwickelten Antriebssysteme. Vor kurzem hat das Start-Up eine Pre-Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 2 Millionen Euro erfolgreich abgeschlossen. Das Geld wird genutzt, um erste Produkte fertigzustellen, sodass sie diese bereit sind für ihre Missionen ins All.
Alternative zu flüssigen Treibstoffen – die hybride Treibstoffkombination
Der Prüfstandskomplex M11 ist ein Allrounder: Sowohl flüssige als auch hybride Treibstoffe für Raketen- oder Satellitenantriebe können an unterschiedlichen Testpositionen erforscht und entwickelt werden. Über eine hybride Treibstoffkombination spricht man, wenn der Oxidator flüssig oder gasförmig ist und der Brennstoff in fester Form vorliegt. Oxidatoren können beispielsweise Sauerstoff, Lachgas oder Wasserstoffperoxid sein, als Brennstoff kommt derzeit Paraffin – also reiner Kerzenwachs – zum Einsatz. Diese Treibstoffkombination ist sicher im Betrieb, effizient und hat geringere Auswirkungen auf die Umwelt.
Bereits 2018 hat die DLR-Ausgründung HyImpulse Technologies GmbH mit der Entwicklung eines hybrid angetriebenen Microlaunchers begonnen und setzt dabei ganz auf Kerzenwachs. Die speziell entwickelte Höhenforschungsrakete SR-75 ist am 03. Mai 2024 erfolgreich vom australischen Startplatz Koonibba gestartet und hat damit die Funktionsfähigkeit der Technologie auch im großen Maßstab bewiesen. Die Arbeiten für den nächsten Start der SR-75 in den kommenden Monaten laufen bereits auf Hochtouren. Parallel dazu findet die Entwicklung der orbitalen Rakete SL1 an den Standorten Neuenstadt, Ottobrunn und Glasgow für den geplanten Erstflug in 2026 statt.
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Dr. Christoph Kirchberger