Forschungsgruppe

Schubkammertechnologie

Schubkammertechnologie auf dem Prüfstand
Der größte Anspruch an moderne Trägersysteme ist neben der Leistungssteigerung die Erhöhung der Zuverlässigkeit und die Steigerung der Lebensdauer bei einer gleichzeitigen Reduktion der Produktions- und Betriebskosten.

Der größte Anspruch an moderne Trägersysteme ist neben der Leistungssteigerung die Erhöhung der Zuverlässigkeit und die Steigerung der Lebensdauer bei einer gleichzeitigen Reduktion der Produktions- und Betriebskosten. Um Effektivität, Leistung und spezifischen Impuls zukünftiger Raketentriebwerke deutlich zu steigern, sind vor allem hohe Brennkammerdrücke erforderlich. Steigert man den Brennkammerdruck, um die Leistung des Triebwerks zu erhöhen, so vergrößert sich auch die Energiedichte und dementsprechend auch die thermomechanische Belastung der Brennkammerstruktur. Eine hohe Temperaturdifferenz zwischen den Heißgasen in der Brennkammer und dem Kühlmedium in Zusammenhang mit hohen Wärmeübergangskoeffizienten führen zu einem extrem hohen Niveau der Wärmestromdichte durch die Brennkammerwand. So liegen zum Beispiel die typischen Werte der Wärmestromdichte für das Vulcain-Triebwerk mit 10.5 Megapascal (MPa) Brennkammerdruck bei bis zu 80 MW/m2 und für das Space-Shuttle Main Engine bei 20.5 MPa bei bis zu 160 MW/m2.

Der zuverlässige Betrieb von Raketenbrennkammern bei diesen extremen thermischen und mechanischen Belastungen wird hauptsächlich durch effektive Kühlung gewährleistet. Für eine optimale Auslegung des Kühlsystems mit minimalen hydrodynamischen Verlusten ist die genaue Kenntnis der Wärmeübertragung sowie der Verbrennungsprozesse von sehr großer Bedeutung. Die Wichtigkeit dieser Probleme wird aus der Tatsache ersichtlich, dass die Zuverlässigkeit der Lebensdauerabschätzung für Triebwerke im Wesentlichen von der Genauigkeit der Bestimmung der Wandtemperatur abhängig ist. So führt zum Beispiel ein Fehler von 40 Kelvin zur Reduzierung der Lebensdauer um 50 Prozent. Weil schon jetzt die meisten Komponenten bis an die Materialgrenze beansprucht werden, sind eine gravierende Verbesserung der Kühlung und des Materialverhaltens entscheidende Kriterien für die Weiterentwicklung von Raumtransportsystemen.

Die Forschungsgruppe Schubkammertechnologie befasst sich mit der Auslegung, Konstruktion und Fertigung der Forschungsbrennkammer inklusive folgenden Aspekte:

  • Auslegung und Design von Kühlsystemen von Raketenschubkammern sowie Implementierung und Entwicklung moderner Designalgorithmen zur Optimierung dieser Kühlsysteme (Dabei werden Verfahren wie SAPR (System für Automatische Projektierung) und Methoden der Künstlichen Intelligenz genutzt),
  • Untersuchung der Anwendbarkeit neuer Produktionsverfahren, wie zum Beispiel additive Fertigung und neuartiger Materialien für die Herstellung von Kühlsystemen für Raumfahrtantriebe sowie deren Einfluss auf das Design von Raketenschubkammern,
  • Experimentelle Bestimmung des Wärmeübergangs in Schubkammern und entsprechende Entwicklung von Messmethoden zur Bestimmung der thermischen Lasten und der Parameter der Wärmetransportprozesse in Raketenschubkammern,
  • Numerische Simulation von Wärmetransportprozessen in Raketenschubkammern und deren Komponenten; Verifikation und Weiterentwicklung der Auslegungs- und Designwerkzeuge,
  • Untersuchung der Zerstäubung und Vermischung kryogener Treibstoffe bei Hochdruckbedingungen,
  • Entwicklung neuartiger Injektionsverfahren (wie zum Beispiel API-Injektorkonzept),
  • Optische Untersuchung der Treibstoffaufbereitung,
  • Bestimmung des Einflusses der Zerstäubungs- und Verbrennungsprozesse auf thermischen Lasten sowie Untersuchung der Zerstäubung kryogener Treibstoffe unter Weltraumbedingungen.

Die Forschungsgruppe unterstützt durch ihre Aktivitäten unter anderem die Durchführung der Testkampagnen von Triebwerksdemonstratoren am Europäischen Forschungs- und Technologieprüfstand P8 und am Forschungsprüfstand P6. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der bestmöglichen Nutzung von Prüfstandkapazitäten sowie auf dem Einsatz von statistischen Methoden zur Optimierung des Testprogramms zur Reduzierung von Entwicklungskosten. Zur Erhöhung der Genauigkeit von Temperaturmessungen steht ein Kryolabor zur Verfügung, in dem die Tieftemperaturmesstechnik für den Temperaturbereich bis 4.3 Kelvin entwickelt und kalibriert wird.

Kontakt

Dr. Dmitry Suslov

Gruppenleitung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Raumfahrtantriebe
Raketenantriebssysteme
Im Langen Grund, 74239 Hardthausen