27. März 2019

ECOS - Elektromyographie für Teleoperierte Anwendungen in Schwerelosigkeit

Im Rahmen der 33. Parabelflugkampagne des DLR Raumfahrtmanagements  nahmen Mitarbeiter des Instituts für Robotik und Mechatronik an Experimenten in der Schwerelosigkeit teil. Die Flüge fanden an drei aufeinander folgenden Tagen von 12.-15. März in Bordeaux  statt.

Die Experimentreihe basiert auf einer Mensch-Maschinen-Schnittstelle welche ebenfalls im Projekt SMiLE genutzt wird. Die Schnittstelle nutzt die gemessene Muskelaktivität des Armes um teleoperierte Anwendungen, wie die Steuerung eines Roboters, zu realisieren. „Ursprünglich wurde diese Schnittstelle für Menschen mit starker motorischer Behinderung, z.B. in Folge von Spinaler Muskelatrophie (SMA), entwickelt. Ziel ist dieser Experimente ist es,  diese Technologie, die bereits auf der Erde erprobt wurde,  auch für Aufgaben in der Schwerelosigkeit zu testen“ sagt Principal Investigator Annette Hagengruber. Die durchgeführten Probandentests, die in Schwerelosigkeit durchgeführt werden konnten, sollten erste Ergebnisse darüber liefern, wie sich die auftretenden Muskelsignale,  sowie die daraus berechneten Steuersignale, im Vergleich zum terrestrischen Einsatz verändern.

Der Einsatz von Robotern könnte für Astronauten in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. So können beispielsweise Aufgaben im Weltraum ohne zusätzliches Risiko für Astronauten durchgeführt werden oder der Roboter kann dem Astronauten bei Tätigkeiten assistieren. Dabei gibt die Teleoperation dem Astronauten die Möglichkeit, den Roboter direkt über eine Mensch-Maschinen-Schnittstelle kontrollieren zu können,  und somit direkt Einfluss auf seine Steuerung zu nehmen. 

Am DLR Institut für Robotik und Mechatronik wird die Teleoperation von Robotern, insbesondere für Weltraumanwendungen intensiv erforscht und in verschiedenen Missionen, unter anderem auf der ISS getestet. Ein Beispiel hierfür ist das KONTUR-Experiment, in dem verschiedene Tätigkeiten mit einem Robotersystem, gesteuert durch einen Joystick auf der ISS, ausgeführt wurden.

Nun sollte untersucht werden, ob anstelle eines Joysticks auch die am Institut entwickelte EMG-basierte Schnittstelle in Schwerelosigkeit genutzt werden kann. EMG (Elektromyographie) bezeichnet die elektrische Erfassung der Muskelaktivität. Basierend auf diesen Signalen wurde am Institut für Robotik und Mechatronik ein Interface entwickelt, dass u.a. zur Steuerung eines Roboterarmes benutzt werden kann. Mit Hilfe von acht  kabellosen EMG-Elektroden wird die Muskelaktivität am Ober- und Unterarm der dominanten Hand gemessen. Die Kontraktion verschiedener Muskelgruppen erzeugen dann verschiedene Steuersignale, und das Mapping der Muskelaktivität auf die einzelnen Steuersignale kann vom Anwender individuell festgelegt werden.

Ein solches Interface könnte eine Alternative zu einem herkömmlichen Joystick sein. Im terrestrischen Experiment wurden drei kontinuierlich steuerbare Bewegungsmöglichkeiten gezeigt, welche die effiziente Kontrolle eines Roboters ermöglichen. Das einfach zu tragendende Interface, hat somit den Vorteil, dass die Sensoren direkt auf der Haut angebracht werden. Darüber hinaus kann es gerade in der Schwerelosigkeit von Vorteil sein, dass sich das Referenzsystem der Schnittstelle mit dem Anwender bewegt und somit immer relativ zum Anwender ausgerichtet ist.

Für eine erste Validierung wurde in den jeweils 22 Sekunden Schwerelosigkeit ein Cursor auf einem Bildschirm mittels der EMG-basierten Schnittstelle gesteuert. Insgesamt sechs Probanden mussten verschiedene Aufgaben bewältigen, die Aufschluss über Präzision der Steuerung liefern. Diese Art von Experimenten sind an zahlreiche Studien im Umfeld der KONTUR-2 Mission angelehnt, in der zunächst ebenfalls Bildschirmexperimente durchgeführt wurden, bevor die Steuerung eines realen Roboters erprobt wurde. Neben der Evaluation der Performanz in der Aufgabe sollen zusätzlich Veränderungen in den Muskelsignalen untersucht werden, um zu ermitteln, ob das Interface spezifisch für die Anwendung in der Schwerelosigkeit angepasst werden muss.

Annette Hagengruber ist von ihren bisherigen Testergebnissen sehr angetan: "Unser Experiment hat wie erwartet funktioniert. Wir hatten weder Ausfälle bei den Testpersonen noch bei der Hardware. Jetzt gilt es die erhaltenen Daten zu analysieren. Nach dem guten Abschluss dieser Kampagne wollen wir für die Kampagne im Herbst die Bedingungen für unsere Probanden noch etwas komplexer gestalten."

Mitarbeiter des Instituts für Robotik und Mechatronik auf dem 33. Parabelflug

Kontakt

Lioba Suchenwirth

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Institut für Robotik und Mechatronik
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